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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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mein Vater Ihnen sagt. Und ich bin sicher, mein Vater hat Ihnen befohlen, sich einer gepflegten Ausdrucksweise zu bedienen.«
    Minerva Paradizo war zwar auf vielen Gebieten außergewöhnlich talentiert und frühreif, aber aufgrund ihres Alters mangelte es ihr an Erfahrung. Ihre Studien hatten sie gelehrt, Körpersprache zu deuten, aber sie wusste nicht, dass ein geschickter Kampfsportler seinen Körper so weit unter Kontrolle bringen kann, dass die wahren Gefühle verborgen bleiben. Ein aufmerksamer Schüler der Kampfkunst hätte die minimale Anspannung in Billy Kongs Halssehnen bemerkt: Dies war ein Mann, der sich nur zusammenriss.
    Noch nicht , sagte seine Haltung. Noch nicht.
    Minerva wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Nr. 1 zu. »Lady Heatherington Smythes Hecke , sagst du?«
    Nr. 1 nickte. Er traute sich nicht zu sprechen, weil sein geschwätziges Mundwerk sonst womöglich noch mehr Informationen ausplaudern würde.
    Minerva wandte sich zu dem großen Spiegel um. »Erinnerst du dich noch daran, Papa? Eine schauerliche Liebesschnulze, die du nicht mal mit der Kneifzange angefasst hättest. Ich habe sie verschlungen, als ich sechs war. Es geht um einen englischen Adligen im neunzehnten Jahrhundert. Wie hieß noch die Autorin... ach ja, Carter Cooper Barbison. Die Kanadierin. Sie war achtzehn, als sie es schrieb. Hat kein bisschen recherchiert. Ihre Figuren aus dem neunzehnten Jahrhundert reden, als stammten sie aus dem fünfzehnten. Absoluter Schrott, aber ein Riesenerfolg. Wie es scheint, hat unser Freund Abbot das Buch mit nach Hause genommen. Dieser hinterlistige Teufel hat es den anderen als heilige Wahrheit verkauft. Und jetzt zitieren alle Dämonen Cooper Barbison, als wäre es das Evangelium.«
    Nr. 1 brach sein Schweigegelübde. »Abbot? Abbot war hier?«
    »Mais oui« , sagte Minerva. »Was glaubst du denn, woher wir wussten, wo wir dich finden würden? Abbot hat uns alles erzählt.«
    Eine Stimme ertönte aus dem Lautsprecher an der Wand. »Nicht alles. Seine Zahlen stimmten nicht. Aber Minerva, mein kleines Genie, ist trotzdem dahintergekommen. Dafür kriegst du von mir ein Pony, ma obere. In deiner Lieblingsfarbe.«
    Minerva winkte der Spiegelwand zu. »Danke, Papa. Aber du solltest mittlerweile wissen, dass ich keine Ponys mag. Und Ballett auch nicht.«
    Der Lautsprecher verbreitete ein Lachen. »Meine süße Kleine. Wie wär's mit einer Fahrt nach Disneyland bei Paris? Du könntest dich als Prinzessin verkleiden.«
    »Vielleicht nach der Sitzung des Komitees«, erwiderte Minerva mit einem leicht gezwungenen Lächeln. Für solchen Kinderkram hatte sie im Moment nun wirklich keine Zeit. »Wenn ich sicher bin, dass ich den Nobelpreis bekomme. Uns bleibt nicht einmal mehr eine Woche, um unsere Untersuchungsobjekte zu befragen und den sicheren Transport zur Königlichen Akademie in Stockholm zu organisieren.«
    Nr. 1 hatte noch eine wichtige Frage. »Und Lady Heatherington Smythes Hecke? Das ist nicht die Wahrheit?«
    Minerva lachte amüsiert. »Wahrheit? Mein armer kleiner Freund. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Dieses Buch ist ein erbarmungswürdiges Zeugnis hormonell bedingter jugendlicher Verwirrung.«
    Nr. 1 war fassungslos. »Aber ich habe dieses Buch studiert. Stundenlang. Ich habe Szenen nachgespielt. Kostüme gebastelt. Willst du mir etwa erzählen, Heatherington Hall gibt es gar nicht?«
    »Nein.«
    »Und der böse Prinz Karloz?«
    »Reine Erfindung.«
    Nr. 1 fiel etwas ein. »Aber Abbot kam mit einer Armbrust zurück, genau wie in dem Buch. Das ist ein Beweis.«
    Kong mischte sich in das Gespräch ein, schließlich fiel das in seinen Fachbereich. »Armbrust? Das ist lange vorbei, Kröte. Wir benutzen jetzt so etwas.« Billy Kong zog eine schwarze Keramikpistole aus seinem Achselhalfter. »Dieses kleine Schmuckstück spuckt Feuer und Tod. Wir haben auch noch viel größere. Wir fliegen in unseren Metallvögeln um die Welt und lassen explodierende Eier auf unsere Feinde herabregnen.«
    Nr. 1 schnaubte. »Das winzige Ding, Feuer und Tod? Und fliegende Metallvögel mit explodierenden Eiern? Wahrscheinlich essen Sie auch noch Blei und machen daraus goldene Luftblasen, oder wie?«
    Kong konnte zynische Bemerkungen nicht leiden, erst recht nicht von einem kleinen, reptilartigen Wesen. In einer einzigen fließenden Bewegung entsicherte er die Waffe und feuerte drei Schüsse ab, die die Kopfstütze des Sessels wegfegten, auf dem Nr. 1 saß. Funken und Splitter wirbelten um das

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