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Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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begeistert von Vivien. In ihr hatte er, so schien es, die Zuhörerin gefunden, auf die er sein Leben lang gewartet hatte.
    Wenn Jimmy die beiden miteinander lachen sah, wenn sein Vater gerade eine Anekdote zum Besten gegeben hatte oder versuchte, Finchie einen neuen Trick beizubringen, oder Vivien erklärte, wie man am besten einen Köder an einem Angelhaken befestigte, ging ihm das Herz über vor Dankbarkeit. Schon lange – schon seit Jahren, wenn er sich’s recht überlegte – hatte er seinen Vater nicht mehr so gelöst erlebt.
    Hin und wieder ertappte Jimmy sich dabei, wie er versuchte, sich Dolly an Viviens Stelle vorzustellen, wie sie seinem Vater Tee nachschenkte, die Kondensmilch für ihn umrührte, wie der alte Mann es gern mochte, ihm Geschichten erzählte, bis er vor Staunen und Vergnügen den Kopf schüttelte … aber irgendwie gelang es ihm nicht. Er schalt sich innerlich dafür. Es war ungerecht, derartige Vergleiche zu ziehen. Dolly würde auch irgendwann zu Besuch kommen, wenn sie konnte. Aber sie war keine vornehme Dame, die ihre Zeit zur freien Verfügung hatte. Sie arbeitete den ganzen Tag in der Munitionsfabrik, und nach Feierabend war sie immer schrecklich müde, und es war nur verständlich, dass sie ihre spärlich bemessene Freizeit mit ihren Freundinnen verbringen wollte.
    Vivien dagegen schien die Stunden, die sie in der kleinen Wohnung verbrachte, regelrecht zu genießen. Einmal hatte Jimmy den Fehler begangen, sich bei ihr zu bedanken, als hätte sie ihm einen persönlichen Gefallen getan, worauf sie ihn verwundert angesehen und gefragt hatte: »Danke? Wofür?« Er war sich vorgekommen wie ein Idiot und hatte einen Scherz gemacht, um das Thema zu wechseln. Später jedoch hatte er sich gefragt, ob er alles falsch verstanden hatte und Vivien den Kontakt zu ihm nur aufrechterhielt, um seinem Vater Gesellschaft leisten zu können. Die Erklärung schien ihm nicht unwahrscheinlicher als jede andere.
    Hin und wieder ertappte er sich dabei, wie er sich über diese ganze Sache den Kopf zerbrach, wie er sich immer noch darüber wunderte, dass sie an dem Tag vor dem Krankenhaus in seinen Vorschlag eingewilligt hatte, ihn zu begleiten. Warum er den Vorschlag gemacht hatte, brauchte er sich dagegen nicht zu fragen: Es war einfach die Freude darüber gewesen, sie wiederzusehen nach ihrer Krankheit, zu spüren, wie alles freundlicher wirkte, als er die Tür im Dachgeschoss geöffnet und sie mitten unter den Kindern erblickt hatte. Als sie aufbrach, hatte er sich beeilt, sie einzuholen, und als er die Haustür aufgerissen hatte, stand sie noch auf der obersten Stufe und richtete sich den Schal. Er hatte gar nicht damit gerechnet, dass sie einwilligen würde, ihn zu begleiten, er wusste nur, dass er während der gesamten Probe an nichts anderes hatte denken können. Er suchte nach Gelegenheiten, mit ihr zusammen zu sein, nicht nur, weil Dolly ihm gesagt hatte, er solle das tun, sondern weil er sie mochte.
    »Haben Sie Kinder, Jimmy?«, hatte sie ihn gefragt, als sie nebeneinander hergegangen waren. Sie ging langsamer als sonst, immer noch ein bisschen geschwächt von ihrer Krankheit. Den ganzen Tag über war sie recht schweigsam gewesen. Sie hatte zwar mit den Kindern gelacht und gescherzt, aber in ihren Augen, ihrem Blick war ihm eine ungewöhnliche Reserviertheit aufgefallen. Jimmy hatte Mitgefühl für sie empfunden, auch wenn er nicht genau wusste, warum.
    Er hatte den Kopf geschüttelt, »Nein«, und war hochrot an gelaufen, weil er daran hatte denken müssen, wie er ihr die gleiche Frage gestellt hatte.
    Diesmal jedoch hatte sie das Thema angesprochen, und sie hakte nach: »Aber eines Tages möchten Sie doch bestimmt welche haben, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Eins, zwei?«
    »Wohl zwei für den Anfang. Und dann die restlichen sechs.«
    Darüber hatte sie gelächelt.
    »Ich bin Einzelkind«, hatte er als Erklärung hinzugefügt. »Das war ziemlich einsam.«
    »Ich hatte drei Geschwister. Das war laut.«
    Da hatte Jimmy gelacht, und er hatte immer noch gelächelt, als ihm ein Licht aufgegangen war. »Diese Geschichten, die Sie den Kindern erzählen«, sagte er, als sie um die Ecke bogen und er an das Foto dachte, das er extra für sie aufgenommen hatte, »von dem Holzhaus auf Pfählen, dem verwunschenen Wald und der Familie, die man durch den Schleier sehen kann – das ist Ihre Familie, nicht wahr?«
    Vivien nickte.
    Jimmy wusste selbst nicht so genau, was ihn an dem Tag dazu gebracht hatte, ihr von

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