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Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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»hergerichtet« hatte, wenn er nach Hause kam. Er mochte es nicht, wenn sie zu lange brauchte, um sich zu erholen. Ihre Beine schienen unverletzt zu sein – das war gut, hinken provozierte nur peinliche Fragen. Ihre Arme waren von blauen Flecken übersät, aber es war nichts gebrochen. Ihr Kiefer pochte, in ihrem Ohr rauschte es immer noch, und eine Gesichtshälfte brannte. Das war ungewöhnlich. Normalerweise rührte Henry ihr Gesicht nicht an, sorgsam dar auf bedacht, dass keine Verletzungen oberhalb ihres Halsausschnitts sichtbar waren. Sie war seine Trophäe, nur er durfte ihr Gewalt antun, und er mochte es nicht, mit den Spuren seiner Taten konfrontiert zu werden. Sie erinnerten ihn daran, wie wütend sie ihn gemacht hatte, wie sehr sie ihn enttäuscht hatte. Ihre Verletzungen sollten unter ihrer Kleidung verborgen bleiben, wo nur sie allein sie sehen konnte, zur Erinnerung daran, wie sehr er sie liebte – er würde niemals eine Frau schlagen, wenn er sie nicht so verdammt abgöttisch liebte.
    Vivien schob alle Gedanken an Henry beiseite. Etwas anderes versuchte schon die ganze Zeit, an die Oberfläche zu dringen, etwas Wichtiges. Sie hörte es wie eine einzelne Mücke, die um ihren Kopf herumsummte, aber sie bekam es nicht zu fassen. Sie blieb ganz still sitzen, wartete darauf, dass das Summen näher kam, und dann … Vivien riss die Augen auf. Jetzt wusste sie es wieder, und ihr wurde schwindlig. Und mach dir keine Sorgen um Jimmy Metcalfe. Ich habe ihn beseitigen lassen. Er ist tot und verrottet am Grund der Themse. Er wird nie wieder zwischen uns treten .
    Sie bekam keine Luft mehr. Jimmy … Er war nicht zu ihrer Verabredung gekommen. Sie hatte vergeblich auf ihn gewartet. Jimmy hätte sie niemals versetzt. Er wäre gekommen, wenn er gekonnt hätte.
    Henry kannte seinen Namen. Er hatte ihn irgendwie herausgefunden und Jimmy »beseitigen lassen«. Er war nicht der Erste, es hatte schon andere Leute gegeben, die zwischen Henry und irgendein Objekt seiner Begierde geraten waren. Er tat es nie selbst, er machte sich nicht die Hände schmutzig … Vivien war die Einzige, die von Henrys Brutalität wusste. Aber Henry hatte seine Leute, und Jimmy war nicht gekommen.
    Ein Klagelaut stieg in ihrer Kehle auf, der schreckliche Laut eines verwundeten Tiers. Vivien gewahrte, dass er von ihr selbst kam. Sie rollte sich zusammen und presste die Hände an die Schläfen, um den Schmerz zu lindern, und glaubte nicht, dass sie sich jemals wieder bewegen würde.
    Als sie das nächste Mal aufwachte, war das Sonnenlicht nicht mehr so grell, und das Zimmer war erfüllt vom bläulichen Dämmerlicht des frühen Abends. Ihre Augen brannten. Sie hatte im Schlaf geweint, aber jetzt weinte sie nicht mehr. Sie fühlte sich vollkommen leer. Alles Gute war aus ihrem Leben verschwunden, dafür hatte Henry gesorgt.
    Woher hatte er es gewusst? Er hatte seine Spione, das wusste sie, aber sie war sehr vorsichtig gewesen. Fünf Monate lang war sie zu Dr. Tomalins Krankenhaus gegangen, ohne dass irgendetwas vorgefallen war. Sie hatte den Kontakt zu Jimmy abgebrochen, weil sie genau das hatte verhindern wollen, was jetzt passiert war. Nachdem Dr. Rufus ihr von Dollys Plan berichtet hatte, hatte sie gewusst …
    Dolly.
    Natürlich, Dolly musste es gewesen sein. Vivien konzentrierte sich, um sich an die Einzelheiten des Gesprächs mit Dr. Rufus zu erinnern. Er hatte gesagt, Dolly wolle ihr ein Foto schicken, das sie und Jimmy zusammen zeigte, begleitet von einem Brief, in dem sie ihr androhte, ihrem Mann alles über die »Affäre« zu erzählen, wenn Vivien nicht für ihr Schweigen zahlte.
    Vivien hatte geglaubt, der Scheck würde ausreichen, aber nein, Dolly musste den Brief samt Foto trotzdem abgeschickt haben, und in dem Brief hatte sie vermutlich Jimmys Namen erwähnt. Was für eine Närrin. Und sie hielt sich für so klug. Dr. Rufus hatte gesagt, Dolly glaubte, der Plan sei vollkommen harmlos, dass niemand zu Schaden kommen würde, aber sie hatte nicht geahnt, mit wem sie es zu tun hatte. Henry, der schon eifersüchtig wurde, wenn Vivien dem alten Mann, der an der Straßenecke Zeitungen verkaufte, einen guten Morgen wünschte; Henry, der ihr untersagte, Freunde zu haben oder Kinder zu bekommen, aus Angst, sie könnten ihre Aufmerksamkeit von ihm ablenken; Henry, der Kontakte im Ministerium hatte und alles über jeden in Erfahrung bringen konnte; der mit Viviens Geld dafür bezahlte, dass andere »beseitigt« wurden.
    Vivien setzte sich auf

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