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Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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Frühstückstisch saßen und sich Erdbeermarmelade auf gebutterte Toastbrotscheiben löffelten, während Daddy den Artikel aus dem Lokalblatt ausschnitt; das Foto von Dorothy, die lächelnd ihre preisgekrönte Stangenbohne hochhielt; wie Daddy den Ausschnitt an die Kühlschranktür klebte, während die anderen den Tisch abräumten.
    »Alles in Ordnung?«
    Laurel fuhr herum und sah Rose in der Tür stehen.
    »Ja, sicher. Warum?«
    »Wir haben uns gewundert, wo du so lange steckst.« Rose zog die Nase kraus und beäugte Laurel. »Und ehrlich gesagt, siehst du ein bisschen blass aus.«
    »Das liegt nur an dem Licht«, sagte Laurel. »Das lässt einen so hübsch schwindsüchtig aussehen.« Sie machte sich daran, die Weinflasche zu entkorken, und drehte sich um, damit Rose ihren Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. »Ich nehme an, die Planungen für die große Messersuche sind in vollem Gange?«
    »Allerdings. Wenn die zwei erst mal loslegen, sind sie ja nicht mehr zu bremsen …«
    »Wenn wir die Energie bloß für vernünftige Zwecke verwenden könnten.«
    »Du sagst es.«
    Heißer Dampf schlug ihr entgegen, als Rose den Backofen öffnete, um nach dem Himbeerauflauf zu sehen, der Lieblingssüßspeise ihrer Mutter. Der süße Duft der heißen Früchte erfüllte die Küche, und Laurel schloss die Augen.
    Es hatte Monate gedauert, bis sie den Mut aufgebracht hatte, Fragen zu stellen. Ihre Eltern schienen tatsächlich entschlossen, einfach so zu tun, als wäre nichts geschehen, sodass Laurel vielleicht überhaupt nie nachgefragt hätte, wenn sie nicht irgend wann angefangen hätte, von dem Mann zu träumen. Jede Nacht und immer wieder denselben Traum. Wie der Mann um das Haus herumkam und ihre Mutter beim Namen rief …
    »Sieht gut aus«, sagte Rose und zog den Rost aus dem Ofen. »Vielleicht nicht so gut wie der von Mummy, aber besser als nichts.«
    Laurel hatte ihre Mutter in der Küche am Herd angetroffen, wenige Tage, bevor sie nach London aufgebrochen war. Sie hatte sie ganz direkt gefragt: »Woher kannte der Mann deinen Namen, Ma?« Ihr war ganz flau geworden, als sie die Worte aussprach, und irgendwie hatte sie gehofft, ihre Mutter würde ihr erklären, sie habe sich geirrt. Dass sie sich verhört und der Mann nichts dergleichen gesagt hatte.
    Dorothy hatte nicht sofort geantwortet. Sie hatte den Kühlschrank geöffnet und darin herumgekramt. Laurel hatte lange ihren Rücken betrachtet, es kam ihr vor wie eine Ewigkeit, und sie hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, als ihre Mutter endlich zu sprechen begann. »Die Zeitung«, sagte sie. »Die Polizei meinte, er hat wahrscheinlich den Artikel in der Zeitung gelesen. Er hatte die Ausgabe sogar in seiner Aktentasche. Daher kannte er wohl auch unsere Adresse.«
    Es hatte vollkommen plausibel geklungen.
    Das heißt, Laurel wollte es plausibel finden, deshalb klang es so. Der Mann hatte die Zeitung gelesen, das Foto von ihrer Mutter gesehen und sie ausfindig gemacht. Und falls doch eine winzige Stimme in Laurels Kopf geflüstert haben sollte: Warum? , so hatte sie sie wie eine lästige Fliege weggewischt. Der Mann war eben ein Verrückter gewesen, wer konnte schon sagen, warum er solche Sachen tat? Und was spielte es noch für eine Rolle? Es war vorbei. Solange Laurel nicht allzu beharrlich an den Fäden zupfte, hielt das feine Lügengespinst.
    Zumindest bis jetzt hatte es das getan. Eigentlich unglaublich, dass nach fünfzig Jahren das Auftauchen eines alten Fotos und die Erwähnung eines Frauennamens ausreichten, um dafür zu sorgen, dass sich Laurels fadenscheiniges Gewebe auflöste.
    Der Ofenrost wurde scheppernd wieder in den Ofen geschoben, und Rose sagte: »Noch fünf Minuten.«
    Laurel füllte ihr Weinglas und bemühte sich um einen möglichst sachlichen Ton. »Rosie?«
    »M-hm?«
    »Dieses Foto heute im Pflegeheim. Die Frau, die Ma das Buch geschenkt hat …«
    »Vivien.«
    »Ja.« Laurel fröstelte unmerklich, als sie die Flasche abstellte. Der Name übte eine seltsame Wirkung auf sie aus. »Hat Ma mit dir mal über diese Frau gesprochen?«
    »Ja, schon«, sagte Rose. »Nachdem ich das Foto gefunden hatte. Sie meinte, sie wären Freundinnen gewesen.«
    Laurel musste an das Datum auf dem Foto denken. 1941. »Im Krieg.«
    Rose nickte, während sie das Küchentuch sorgfältig zusam menlegte. »Viel hat sie mir nicht erzählt, nur dass Vivien Austra lierin war.«
    »Australierin?«
    »Sie ist als Kind hergekommen, warum genau, weiß ich nicht.«
    »Wie haben die

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