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Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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spürte Laurel unbewusst den natürlichen Tagesablauf. Sie empfand beinahe so etwas wie Heimweh in ihrem eigenen Zuhause.
    Etwas bewegte sich weit draußen auf der Wiese, auf dem Weg, den ihr Vater jeden Tag genommen hatte, und Laurel reckte sich, um besser sehen zu können. Aber es war nur ein Auto, ein weißes Auto – sie konnte es jetzt deutlicher erkennen –, das die Einfahrt hochkam. Sie stand auf und schüttelte die letzten Tropfen aus ihrem Glas. Es war kühl geworden, und Laurel verschränkte die Arme vor der Brust, als sie langsam zum Tor ging. Die Lichthupe wurde betätigt. Noch einmal und noch einmal – das konnte nur Daphne sein. Laurel hob eine Hand und winkte zum Gruß.

6
    W ährend des Abendessens betrachtete Laurel immer wieder das Gesicht ihrer jüngsten Schwester. Sie hatte etwas daran machen lassen, und zwar von einem Experten, und das Ergebnis war faszinierend. »Eine großartige neue Feuchtigkeitscreme« wäre gewiss Daphnes Antwort, wenn man nachfragte, was Laurel, weil sie es nicht ausstehen konnte, angelogen zu werden, daher tunlichst unterließ. Stattdessen nickte sie höflich, während Daphne ihre blonden Locken schüttelte und sie mit Anekdoten vom Set der LA Breakfast Show unterhielt, einer Sendung, in der sie jeden Morgen die Wettervorhersage machte und nebenbei mit einem Nachrichtensprecher namens Chip flirtete.
    Es gab nur wenige Pausen in ihrem wortschwallartigen Monolog, und als sich endlich die Gelegenheit bot, setzten Rose und Laurel gleichzeitig zu sprechen an.
    »Du zuerst«, sagte Laurel und neigte ihr Weinglas – das schon wieder leer war – in Richtung ihrer Schwester.
    »Ich wollte gerade sagen, dass wir uns vielleicht mal ein paar Gedanken zu Mummys Feier machen sollten.«
    »Gute Idee«, sagte Iris.
    »Ich hätte da ein paar Vorschläge«, sagte Daphne.
    »Sicher …«
    »Na klar …«
    »Wir …«
    »Ich …«
    »Rosie, du wolltest etwas sagen …«, sagte Laurel.
    »Na ja …« Rose, die es mit ihren Schwestern nie leicht gehabt hatte, räusperte sich. »Die Feier wird ja leider im Pflegeheim stattfinden müssen, aber ich dachte, wir könnten uns ein paar ganz besondere Überraschungen für sie ausdenken. Ihr wisst ja, wie wichtig ihr Geburtstage sind.«
    »Genau das war auch mein Gedanke«, sagte Daphne und hielt sich die hellrosa lackierten Fingernägel vor den Mund, um einen winzigen Rülpser zu kaschieren. »Schließlich ist das ihr letzter Geburtstag.«
    Alle verstummten – bis auf die impertinente Standuhr. Schließlich unterbrach Iris das Schweigen. Sie sog scharf die Luft ein. »Immer geradeheraus, wie?«, sagte sie dann und strich sich über die abgerundeten Enden ihrer stahlgrauen Pagenfrisur. »Redet man in den Staaten so?«
    »Ich wollte nur sagen …«
    »Ich glaube, wir wissen alle, was du sagen wolltest.«
    »Aber es stimmt doch.«
    »Manch einer würde sagen, dass das genau der Grund ist, weshalb du es nicht hättest erwähnen müssen.«
    Laurel betrachtete ihre Schwestern. Iris mit vor Wut funkelnden Augen, Daphne kindlich schmollend, Rose, die so nervös ihren Zopf drehte, als wollte sie ihn abreißen. Wenn man die Augen ein bisschen zusammenkniff, hätte man meinen können, sie wären wieder Kinder. Laurel seufzte in ihr Glas. »Wir könnten ein paar von Mummys Lieblingssachen mit ins Pflegeheim nehmen«, sagte sie, »ein paar von Dads alten Platten auflegen. Hattest du dir so etwas vorgestellt, Rosie?«
    »Ja«, sagte Rose voller Dankbarkeit, weil sie sich verstanden fühlte, »ja, so etwas in der Art. Ich dachte, wir könnten vielleicht sogar ein paar von den Geschichten erzählen, die sie sich früher für uns ausgedacht hat.«
    »Zum Beispiel die über das Gartentor, das ins Feenland führt …«
    »Und die von den Dracheneiern, die sie im Wald gefunden hat …«
    »Oder die, wie sie als junges Mädchen von zu Hause weggelaufen ist, um zum Zirkus zu gehen.«
    »Erinnert ihr euch noch«, sagte Iris plötzlich, »wie wir mal selber eine Zirkusveranstaltung gemacht haben?«
    »Extra für mich«, sagte Daphne strahlend und hob ihr Weinglas.
    »Ja«, sagte Iris, »aber bloß weil …«
    »Weil ich die Masern gehabt hatte und nicht mit in den Zirkus kommen konnte.« Daphne lachte vergnügt bei der Erinnerung. »Ma hat Dad unten auf der Wiese ein Zelt aufstellen lassen und mit euch allen eine Clownnummer einstudiert. Es gab sogar eine Raubtierschau mit Laurel als Löwe, und Mummy hat eine Hochseilartistin gegeben.«
    »Ja, das konnte sie richtig

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