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Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorenen Spuren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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»Ein Souvenir an unser Rendezvous am Strand gefällig, Miss Smitham?«
    Ihre Miene hellte sich auf, ganz so, wie er es gehofft hatte – Dolly liebte es, fotografiert zu werden –, und Jimmy überprüfte den Stand der Sonne. Dann ging er ein paar Schritte zurück.
    Dolly hatte sich aufgesetzt und streckte sich wie eine Katze. »So?«, fragte sie. Ihre Wangen waren von der Sonne erhitzt und ihre Lippen voll und rot von den Erdbeeren, die er unterwegs an einem Stand gekauft hatte.
    »Perfekt«, sagte er, und er meinte es ernst. »Schönes Licht.«
    »Und was genau möchtest du, dass ich in dem schönen Licht tue?«
    Jimmy rieb sich das Kinn und tat so, als würde er intensiv nachdenken. »Was ich möchte, dass du tust? Hm, überleg dir die Antwort gut, Jimmy, alter Junge, das ist deine Chance, verspiel sie nicht. Denk nach, verdammt, denk nach …«
    Dolly lachte, und er musste auch lachen. Dann kratzte er sich am Kopf und sagte: »Ich möchte, dass du ganz du selbst bist, Doll. Ich möchte mich an den heutigen Tag erinnern, wie er ist. Wenn ich noch zehn Tage warten muss, bis ich dich wiedersehe, kann ich dich bis dahin wenigstens in der Tasche bei mir tragen.«
    Sie schenkte ihm ein rätselhaftes Lächeln, das fast nur ein Zucken in den Mundwinkeln war, dann nickte sie. »Etwas, was dich später an mich erinnert.«
    »Genau«, rief er. »Einen Moment noch, ich muss nur schnell alles richtig einstellen.« Er klappte die Diway-Linse herunter, weil die Sonne so hell schien, und betätigte den Schalter für eine kürzere Verschlusszeit. Lieber auf Nummer sicher gehen. Für alle Fälle holte er auch noch das Linsenputztuch hervor und säuberte das Objektiv.
    »Also gut«, sagte er, kniff ein Auge zu und schaute durch den Sucher. »Fertig …« Jimmy umklammerte die Kamera, wagte jedoch nicht aufzublicken.
    Dolly schaute ihn mitten aus dem Sucher an. Ihr lockiges, ein bisschen vom Wind zerzaustes Haar umspielte ihre Schultern. Sie hatte ihr Kleid aufgeknöpft und von den Schultern gleiten lassen. Ohne den Blick von der Kamera abzuwenden, begann sie, die Träger ihres Badeanzugs langsam über die Arme zu streifen.
    Verflucht. Jimmy schluckte. Er sollte jetzt etwas sagen; er musste unbedingt etwas sagen. Einen Witz reißen, eine geistreiche Bemerkung machen. Aber als er Dolly dort sitzen sah, das Kinn vorgereckt, den Blick herausfordernd auf ihn gerichtet, ihre Brüste entblößt, verschlug es ihm die Sprache. Der Situa tion hilflos ausgeliefert, tat er, was er am besten konnte. Er schoss sein Foto.
    »Aber versprich mir, dass du sie selbst entwickelst«, sagte Dolly, während sie sich mit zitternden Fingern das Kleid zuknöpfte. Ihr Herz raste, sie fühlte sich so sonderbar – so lebendig, so voller Kraft. Ihre Verwegenheit … Jimmys Blick, als er sie so gesehen hatte … Wie er ihr immer noch kaum in die Augen sehen konnte, ohne zu erröten … Das war der Beweis. Der Beweis, dass sie, Dorothy Smitham, etwas ganz Besonderes war, genau wie Dr. Rufus es gesagt hatte. Sie war nicht geschaffen für eine Fahrradfabrik, ganz im Gegenteil; sie würde ein außergewöhnliches Leben führen.
    »Glaubst du etwa, ich würde zulassen, dass dich ein anderer Mann so sieht?«, fragte Jimmy, ohne den Blick von seiner Kameratasche abzuwenden, deren Schnallen er mit großer Sorgfalt schloss.
    »Nicht absichtlich.«
    »Eher würde ich ihn umbringen.« Er hatte das halb geflüstert, und ihm versagte beinahe die Stimme vor Verlangen, sie zu besitzen, sodass Dolly ganz schwindlig wurde. Sie fragte sich, ob er es tatsächlich tun würde. Kam so etwas wirklich vor? Jedenfalls nicht da, wo sie herkam, in den Doppelhaushälften im Fachwerkhaus-Stil, die sich stolz in ihren neuen Siedlungen erhoben. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie Arthur Smitham die Ärmel hochkrempelte, um die Ehre seiner Frau zu verteidigen. Aber Jimmy war eben ganz anders als Dollys Vater; er war ein Arbeiter mit starken Armen und einem ehrlichen Gesicht und diesem Lächeln, bei dem die Sonne aufging und das Dollys Herz höherschlagen ließ. Sie tat so, als hätte sie seine Worte nicht gehört, nahm ihm die Kamera ab und betrachtete sie nachdenklich.
    Während sie sie in einer Hand hielt, schaute sie Jimmy an und klimperte kokett mit ihren langen Wimpern. »Diese Ausrüstung, die Sie da bei sich tragen, ist sehr gefährlich, Mr. Metcalfe, wissen Sie das? Stellen Sie sich nur vor, was Sie damit alles aufnehmen könnten gegen den Willen der Leute!«
    »Was denn zum

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