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Die Verlorenen von New York

Die Verlorenen von New York

Titel: Die Verlorenen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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Kleinkinder mit Stricken an sich festgebunden, damit sie nicht weglaufen konnten. Gelegentlich schlenderte ein Polizist vorbei und passte auf, dass sich niemand vordrängelte.
    Julie stand direkt vor Alex. »Wie lange wird das wohl dauern?«, fragte sie. »Ich muss pünktlich im Garten sein.«
    »Woher soll ich das wissen?«, gab Alex zurück. Nie und nimmer hätte er mit so einem Andrang gerechnet. Und die Schlange wurde immer länger, sie reichte schon bis weit in die 81 st Street hinein. Dass sie jetzt nicht mehr als Letzte in der Reihe standen, war ein schwacher Trost.
    Die meisten Leute verhielten sich ruhig, bis auf ein paar Kinder, die weinten oder schrien. Die Sonne brannte unbarmherzig herab, und nach Alex’ Schätzung lag die Temperatur fast schon wieder bei dreißig Grad. Er sah, wie eine alte Frau ohnmächtig zusammenbrach, und hörte die besorgten Rufe ihrer Familie. Schließlich trug ein Mann sie weg, während seine Frau und die Kinder in der Schlange stehen blieben.
    Um neun Uhr wurden alle unruhig, in der Erwartung, dass es jetzt vorangehen würde, aber nichts passierte. Niemand wusste, ob die Verteilung drei Blocks weiter tatsächlich begonnen hatte, denn niemand wollte seinen Platz aufgeben, nur um nachzusehen, ob sich vorn etwas tat.
    Erst als es schon auf zehn Uhr zuging, rückte die Schlange endlich zentimeterweise voran. Es dauerte eine weitere Stunde, bis Alex und Julie an der 82 nd Street angekommen waren. Inzwischen waren die Wartenden nicht mehr ruhig und gesittet, sondern nervös und aufgebracht. Immer öfter waren Schreie und Flüche zu hören. Die Polizisten brüllten in ihre Megafone, um für Ordnung zu sorgen, aber das machte die Menge nur noch wütender.
    Um elf Uhr verkündete dann einer der Polizisten durch sein Megafon: »Alle Personen südlich der 84 th Street gehen bitte wieder nach Hause! Es gibt keine Lebensmittel mehr! Bitte gehen Sie nach Hause!«
    »Was soll das heißen, es gibt keine Lebensmittel mehr?«, schrie ein Mann und rempelte einen Polizisten an. Im nächsten Moment rannten auch schon Hunderte von Leuten in wilder Panik durcheinander, rasend vor Hunger und Zorn.
    Alex packte Julie am Arm. »Halt dich an mir fest«, schrie er, voller Angst, sie in diesem Getümmel zu verlieren.
    Julie klammerte sich an seinen Arm, und gemeinsam versuchten sie verzweifelt, sich einen Weg durch die Menschenmassen zu bahnen. Irgendwer oder -was schnitt Alex in die Wange, und er schmeckte Blut. Mit vereinten Kräften schoben und drängten sie sich vorwärts. Dann sah er plötzlich ein Baby am Boden liegen, über das die wogenden Massen einfach hinwegtrampelten. Fast schon gegen seinen Willen beugte er sich hinunter, und sofort wurde er von Julie getrennt.
    »Julie!«, schrie Alex, aber sie war schon nicht mehr zu sehen. Er betete, dass sie sich dort befand, wo er sie vermutete, und warf sich in die Menge.
    »Nimm meine Hand«, schrie er.
    Julie versuchte es, konnte die Hand aber nicht erreichen. Alex stieß einen älteren Mann zu Boden und spürte, wie er mit seinem Schuh die Finger des Mannes zermalmte, als er Julie endlich zu fassen bekam. Er umklammerte sie mit beiden Armen und bahnte sich, quasi mit ihr als Rammbock, einen Weg durch die Menge, bis sie sich so weit befreit hatten, dass sie in Richtung Central Park laufen konnten.
    Julie zitterte am ganzen Körper. »Es ist alles gut«, sagte Alex und drückte sie an sich. »Wir sind in Sicherheit.«
    »Dein Gesicht«, sagte Julie. »Du bist voller Blut.«
    »Halb so wild«, sagte Alex, während er die Schnittwunde betastete. »Bist du verletzt?«
    Julie schüttelte den Kopf, aber er sah, dass sie ziemlich mitgenommen war. Auf ihrer rechten Wange zeichnete sich ein böser Bluterguss ab; offenbar hatte sie jemand mit dem Ellbogen erwischt. Hinter ihnen hörten sie jetzt Schüsse. Sie waren gerade noch rechtzeitig entkommen.
    »Ich bring dich nach Hause«, sagte er. »Auf der Westseite des Central Park sollten wir in Sicherheit sein.«
    »Nein«, sagte Julie. »Bring mich zum Schulgarten. Sie warten dort auf mich.«
    Alex schaute auf die Uhr. Er konnte Julie gerade noch rechtzeitig abliefern, bevor die Mädchen wieder zur Schule zurückgehen würden. Wenn er sie nicht hinbrachte, würde sie nichts zu essen bekommen, denn ohne die erträumten Tüten voller Lebensmittel gab es nur noch ihre schwindenden Vorräte zu Hause. »Ist gut«, sagte er. »Aber wir sollten uns lieber beeilen.«
    Sie rannten durch den Park und trafen Julies

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