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Die verlorenen Welten von Cronus

Die verlorenen Welten von Cronus

Titel: Die verlorenen Welten von Cronus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp
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leuchtenden Augen benötigten keine Proto-Sonnen. Möglicherweise verursachte ihnen von außen einfallendes Licht sogar Schmerzen, denn ihre Augen mußten extrem lichtempfindlich sein. Sie hatten es auf ihn abgesehen, aber zuerst mußten sie diese abscheuliche Lichtquelle aus dem Weg schaffen. Er konnte nicht sehen, wie sie das anstellten. Wahrscheinlich unterhöhlten sie das Fundament des Turms von unten. Bei einem Turm von derartig großer Höhe würden einige wenige Grad Neigung genügen, um seinen Schwerpunkt zu verschieben und eine Katastrophe auszulösen.
    Er besaß ein paar Streichhölzer und einen Strang eines mit Schmieröl getränkten Sicherheitsnetzes, das er unter einer der gewaltigen Drehscheiben gefunden hatte. Damit mußte es ihm möglich sein, eine Fackel zu erzeugen, deren Licht vermutlich das letzte sein würde, das er jemals sehen würde. Er nahm Streichhölzer, Fackel und Proviant und ging zu der Vorderfront des Terminals, von wo aus er anhand der sich verschiebenden Schattenlinie verfolgen konnte, wie sich der Turm langsam neigte.
    Das Ende kam plötzlich. Der Turm bog sich nicht, noch brach er auseinander, statt dessen sanken zwei der Beine in den Boden ein, während die beiden anderen sich losrissen und in die Luft schnellten. Die Stahlkonstruktion kippte mit einer unnatürlich anmutenden Langsamkeit um. Die Proto-Sonne, die ein miniaturisierter Fusionsreaktor war, wurde wie ein Komet durch die Dunkelheit geschleudert. Ein kurzer, blendender Blitz markierte ihren Aufschlagspunkt.
    Dann setzte absolute Schwärze ein. Boxa, vor dessen Augen noch der Lichtblitz der explodierenden Proto-Sonne tanzte, tastete nach den Streichhölzern, knickte eines um, tastete nach einem zweiten, dann wurden seine Arme von den fürchterlichen Kreaturen mit den leuchtenden Augen gepackt, die ihn umzingelt hatten. Eines der Wesen stellte sich vor Boxa und musterte neugierig sein Gesicht. Die Augen des Wesens leuchteten so hell, daß Boxa sein Gesicht in dem Licht erkennen konnte. Die riesigen Augen, etwa dreimal so groß wie die eines normalen Menschen, verzerrten die Proportionen der Züge des Wesens, aber der Kiefer und der Mund waren eindeutig menschlich. Boxa erwartete, daß man ihn auf der Stelle tötete, aber das Wesen sah ihn eine Zeitlang neugierig an, dann drehte es sich um und sagte etwas zu seinen Begleitern. Boxa kannte die Sprache nicht, aber dennoch erfüllte ihn Hoffnung: Diese Wesen schienen intelligent und zivilisiert zu sein. Seine Vermutung wurde wenige Sekunden später bestätigt, als man ihm die Hände mit metallenen Handschellen auf den Rücken band.
    Der Marsch glich einem Alptraum. Sie entfernten sich immer weiter vom Terminal, gingen anfangs über felsigen Untergrund, später über schlüpfrige Lehmdämme. Hin und wieder blitzte ein wenig Licht aus den Augen der Wesen auf, das ihnen offensichtlich zur Orientierung genügte. Boxa dagegen war in der Rolle des Blinden, den man über unbekanntes Gelände hetzt. Er stolperte unablässig, und jedesmal wurde er sanft, aber bestimmt wieder auf die Beine geholt. Das Schlimmste jedoch war die absolute Dunkelheit, die ihn umhüllte.
    Er wußte es anfangs nicht zu deuten, als der Untergrund sich in eine glatte Oberfläche verwandelte. Erst als langsam die Kälte wich und schwache Echos zu hören waren, erkannte er, daß sie sich in einem Tunnel befanden. Der Marsch war noch nicht zu Ende, und in Gedanken, auf seinen Geruchssinn und sein Gehör beschränkt, versuchte er sich seine Umgebung vorzustellen.
    Den Echos nach zu urteilen war der Tunnel an manchen Stellen sehr weit und dann wieder eng, aber er konnte nicht sagen, ob er natürlichen oder künstlichen Ursprungs war. Einmal schien es, als gingen sie am Ufer eines unterirdischen Flusses entlang. Einen halben Kilometer lang donnerten die Fluten zu seiner Rechten, aber das Geräusch hatte eine harte Spitze, die nicht zum Bild eines schnell durch einen Kanal fließenden Stroms paßte. Dann schienen sie vor einem Abzug zu halten, aus dem sie für einen Augenblick warme, würzige Luft umströmte. In der Ferne schallte eine traurige Trompete.
    Je weiter sie vordrangen, desto vielfältiger wurden die Geräusche: das Keuchen riesiger Reptilienlungen, ein schäumender Ton, der von einem ätzenden Gestank begleitet wurde, das Klirren von Metall auf Metall in einem sonderbaren, synkopischen Rhythmus – und hin und wieder ein Donnern, das Boxa für das Herunterschlittern von Holzkisten durch Felsenschächte

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