Die verlorenen Welten von Cronus
zerkleinert haben, zumindest wimmelten die letzten Millionen Kilometer förmlich vor felsigen Trümmerstücken. Cherry beäugte erschreckt das Sperrfeuer und traf dann die einzig mögliche Entscheidung. Da alle Felsblöcke in etwa aus derselben Richtung kamen und mit derselben Geschwindigkeit flogen, machte er mit der Shellback kehrt und floh vor dem heranziehenden Sturm.
Jetzt kam alles darauf an, daß er die richtige Geschwindigkeit wählte. Flog Cherry zu langsam, würden sie in das Sperrfeuer geraten, flog er zu schnell, liefen sie Gefahr, mit einem der hausgroßen Trümmerstücke zu kollidieren, die sie bereits passiert hatten. Es war angesichts der Fülle der Radarreflexe unmöglich, einen Kurs zu berechnen. Cherry schaltete deshalb den Computer zum zweiten Mal ab und flog freihändig. Er wußte, daß er in dieser Situation der ideale Pilot war: Schließlich war der Illusionist durch und durch ein Feigling.
Nach und nach tastete er sich aus der Schußrichtung des Sperrfeuers heraus, dann schlug er eine lange Schleife in den Raum ein, so daß sie erst zwei Tage später wieder einen neuen Anlauf auf den Kraterrand unternehmen konnten. Zu jenem Zeitpunkt war der künstliche Strom der Felsbrocken schwächer geworden, und sie mußten es lediglich mit den wenigen Asteroiden auf herkömmlichen Umlaufbahnen aufnehmen.
Maq verbrachte lange Stunden vor dem Fernradar, bevor er sich dazu entschloß, einen weiteren Versuch zu wagen. Vor ihm auf den Orterschirmen erschien die gewaltige Öffnung, die in den Zwischenraum der Käfigwelt führte. Es war beileibe nicht ihr erster Anflug auf eine Käfigwelt, aber auch diesmal zog sie der unglaubliche Anblick in seinen Bann. Aus der ansonsten vollkommen flachen und leblosen Innenseite der Schale erhob sich ein runder, eintausendsechshundert Kilometer hoher ›Vulkan‹. Die Oberfläche des dreitausend Kilometer breiten Kraterrands war von unbekannten Maschinen makellos poliert worden.
Aber das eigentliche Wunder begann erst hinter der Öffnung. Hier drehte sich eine ganze, in der Schale gefangene Welt. Nur zweitausend Kilometer trennten die Oberfläche der Käfigwelt von der Schale, und lediglich ein riesiges, kugelförmiges Exis-Feld hinderte die Masse der Schale daran, sie zu zerquetschen. Von ihrer gegenwärtigen Position aus konnten sie die Käfigwelt kaum erkennen. Die Lichtbrechung ihrer Atmosphäre schien den Zwischenraum mit einer perlenartigen Blase zu füllen, aber auf den Infrarot-Ortern, die ansonsten nur die Kälte der Schale anzeigten, flammte die Wärme der Käfigwelt wie ein Leuchtfeuer auf.
Während Cherry vorsichtig auf den Kraterrand zusteuerte, machte sich Ancor bereits an den Meßinstrumenten zu schaffen. Er versuchte herauszufinden, mit was für Umweltbedingungen sie bei ihrem Eintritt in die Atmosphäre der Käfigwelt zu rechnen hatten.
»Bis jetzt sieht es gut aus«, bemerkte er zu Sine. »Die Temperatur paßt in etwa auf eine bewohnbare Welt, und das hier ist garantiert eine Sauerstoff-Stickstoff-Atmosphäre.«
»Gibt es da unten Leben?« fragte sie.
»Kann ich noch nicht sagen.« Er blickte auf den Bildschirm des Computers, wo die neuesten Meßwerte aufblinkten. »Das ist ja interessant!«
»Was bedeutet das?«
»Hochfrequente elektromagnetische Impulsfronten – möglicherweise eine Form der Nachrichtenübertragung per Radarstrahl. Wir können wohl mit Sicherheit davon ausgehen, daß diese Käfigwelt bewohnt ist, und zwar von Menschen, die über eine hochstehende Technik verfügen. Vielleicht sogar zu hochentwickelt.«
»Wie kann sie ›zu hochentwickelt‹ sein?«
Er tippte vielsagend gegen einen Teil des Bildschirms.
»Weißt du, wofür diese Zahlen stehen? Die Atmosphäre ist radioaktiv verseucht. Ich würde sagen, daß diese Käfigwelt sich gerade mitten in einem häßlichen Krieg befindet.«
»Ich dachte, die Zeit der großen Kriege wäre endgültig vorbei.«
»Auf den Schalen schon. Aber wenn man auf einer vom übrigen Universum abgeschotteten Käfigwelt lebt, gibt es keine Zwangs-Auswanderung, die den Bevölkerungsdruck mindert. Vielleicht ist in einer solchen Situation Krieg eine paradoxe Notwendigkeit für das eigene Überleben.«
»Ist der Durchflug für uns gefährlich?«
»Das kommt auf den Entwicklungsstand ihrer Waffen und auf ihre Einstellung zu uns an. Die Shellback kann zwar eine Menge schlucken, aber sie würde niemals einen Volltreffer durch einen atomaren Sprengkopf überstehen.«
»Wäre es dann nicht besser, wenn
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