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Die verlorenen Welten von Cronus

Die verlorenen Welten von Cronus

Titel: Die verlorenen Welten von Cronus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp
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Höhe aus erhielten sie nur unscharfe Bilder. Die Muster waren ihnen vertraut: riesige Felder, die das Licht und die Wärme der Proto-Sonnen aufsogen. Sie konnten noch keine Einzelheiten der Städte erkennen, die zwischen und unter den Feldern lagen, aber der starke Funkverkehr war Beweis genug für die durchgängige Besiedlung der riesigen Fläche unter ihnen. Aller Erfahrung nach gab es keinen Grund, warum die übrige Fläche der Schale anders aussehen sollte.
    Ancor hatte die Gesamtoberfläche der Schale auf ungefähr 7,8 Trillionen Quadratkilometer berechnet. Wenn man von der üblichen Fünfzig-zu-fünfzig-Aufteilung von Land und Meer ausging, mußte die Bevölkerung der Jupiter-Schale die schwindelerregende Zahl von 15 Trilliarden Menschen betragen, das Viereinhalbfache der Asteroiden-Schale. Die Schale unter ihnen konnte theoretisch dreimal so vielen Menschen eine Heimat bieten, wie auf der Mars-Schale und der Asteroiden-Schale zusammengenommen lebten.
    Das waren die Vorteile, die Zeus durch den Bau immer größerer konzentrischer Schalen erlangte, die aber durch das unablässige Bevölkerungswachstum aufgezehrt wurden. Ungefähr alle dreißig Jahre verdoppelte sich die Bevölkerung, und in nicht einmal einem Jahrhundert würde die Bevölkerung der Jupiter-Schale die achtfache Fläche benötigen. Das wäre kein Problem, wenn man unbegrenzt Lebensraum hätte schaffen können, aber viele Anzeichen sprachen dagegen.
    Wie auf der Mars-Schale überbrückten Exosphären-Linienschiffe die riesigen Entfernungen zwischen den wichtigen Städten. Ancor beäugte argwöhnisch diese Schiffe, die fast echte Raumschiffe darstellten. Er hatte kein Bedürfnis, der Auslöser für eine unkontrollierte Wanderbewegung in die Innen- oder Außenregionen Solarias zu sein: Die Bevölkerungsverteilung war bereits jetzt viel zu prekär. Er beschloß daher, sich auf unauffälliges Beobachten zu beschränken und jeden direkten Kontakt zu vermeiden. Wenn man sie stellte, würden sie die zweifellos überlegene Beschleunigung der Shellback für einen schnellen Rückzug nutzen. Ihr plötzliches Auftauchen und Verschwinden mochte einige Fragen aufwerfen, aber er hielt es für unwahrscheinlich, daß irgend jemand auf die richtige Antwort kommen würde.
    Eine Zeitlang zeichneten sie die Routen auf, auf denen die Exo-Linienschiffe verkehrten, und suchten sich eine Gegend dazwischen für eine Annäherung aus. Da sie kein Exosphären-Landefeld benötigten, konnten sie an einer beliebigen Stelle aufsetzen. Dazu kam die geringe Größe der unförmigen Shellback; mit etwas Glück würde sie als landwirtschaftliche Maschine durchgehen. Um diesen Eindruck nicht zunichte zu machen, flogen sie in niedriger Höhe über die Felder einer riesigen Zusammenballung, die die Einheimischen Lipiant nannten, wie sie den aufgefangenen Funksprüchen entnahmen. Wie fast überall in Solaria hatte man die großen Gebäude tief in die Erde eingegraben, um das Land als Wohn- und Anbaufläche gleichzeitig nutzen zu können. Die Straßen und Hauptverkehrsrouten waren so tief gelegt, daß sie von oben betrachtet wie Flechtwerk in den Feldern erschienen.
    Sie fanden am Rand eines Feldes einen unbenutzten Abstellplatz für Landmaschinen und landeten. Von dort aus konnten sie auf die Straße unter ihnen sehen. Anfangs meinten sie, eine völlig falsche Vorstellung von der Stadt gehabt zu haben, denn sie hatten noch nie einen Ort gesehen, der derart von Menschen überquoll. Staunend gingen sie zur benachbarten Ecke des Felds und blickten auf eine andere Straße herab. Diese war noch überfüllter als die erste, und der einzige Schluß, der ihnen blieb, war, daß sie Zeuge eines Festtags in Lipiant wurden.
    Sie machten einige Holo-Aufnahmen und flogen hundert Kilometer weiter zu einer ähnlichen Stelle. Dort bot sich ihnen exakt dasselbe Bild. Sie hoben erneut ab und richteten von diesem Zeitpunkt an die Orter auf die Oberfläche, da sie ihren Augen nicht trauten. Das Ergebnis war niederschmetternd: Wenn Lipiant für die großen Städte der Jupiter-Schale repräsentativ war – und es gab keinen Grund, daran zu zweifeln –, dann war die Bevölkerungsplanung vollkommen durcheinander geraten. Vorsichtig geschätzt betrug die Bevölkerungsdichte das Fünffache der solaren Norm, nämlich zwanzigtausend Menschen pro bewohnbarem Quadratkilometer.
    Ancor erschrak. Industrieanlagen und Behausungen mußten viele Etagen weit unter die Felder reichen, aber wenn man davon ausging, daß jeder

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