Die verlorenen Welten von Cronus
er, aber jünger. Schließlich stieg Sine Anura aus der Tiefe, winkte beiläufig in seine Richtung und wandte sich dann ab, so als ob sie sich von ihrer Eskorte verabschieden wollte. Dann schwang sie sich mit einer kraftvollen Bewegung, die sie von ihren im Wasser lebenden Vorfahren geerbt hatte, herum und glitt mit der Eleganz eines Delphins auf die Shellback zu.
Sie begrüßten sie und hoben fast im selben Augenblick ab. Mit voller Schubkraft machte sich die Shellback vom Untergrund frei, stieg durch die Wolken und nahm Kurs auf den Zwischenraum. Sine sträubte sich dagegen, ausführlich von ihren Abenteuern zu berichten, und Ancor bedrängte sie nicht. Sie stammte von Wesen ab, die sich dem Leben im Meer angepaßt hatten, und er würde diese Instinkte nie ganz verstehen können. Es war ein Teil ihres Lebens, den er nie mit ihr teilen konnte, und er hatte schon immer das Gefühl gehabt, daß Sine eines Tages für immer ins Meer zurückkehren würde.
Kapitel 18
Sie umrundeten die Käfigwelt und gingen mehrmals auf niedrige Höhe, aber die Landschaften ähnelten jeweils der ersten. Der ganze Planet schien in ewigen Nebel gehüllt und von Stürmen gegeißelt. In einer Umwelt, die mit einer derart nährstoffreichen ›Suppe‹ bedeckt war, mochte eine große Vielfalt von Wesen überleben, die sich von den ursprünglichen Entwürfen Zeus’ wegentwickelten. Zeus verfolgte diese Vorgänge zweifellos mit großem Interesse. Der gewaltige Computer-Komplex war stets auf der Suche nach Möglichkeiten, die Bevölkerungsdichte zu erhöhen, da er mit dem Bau immer größerer Schalen an physikalische Grenzen stieß.
Die Vorstellung eines Lebens in eiskaltem Schlick ließ Ancor inbrünstig hoffen, daß sich diese Käfigwelt nicht als Modell für die Lösung von Zeus’ Problemen herausstellen würde. Ein Blick in Sines verträumte Augen belehrte ihn allerdings, daß er nur an eine enge Bandbreite von Umweltbedingungen gewöhnt war und diese nicht einfach zur Norm für alle übrigen Menschen und Zeitalter erklären konnte. Er gehörte schließlich einer Rasse an, die sich zu dem entwickelt hatte, was sie heute war, und sich weiterentwickeln würde. Es gab keine logische oder moralische Rechtfertigung, diese Entwicklung an einem bestimmten Punkt für beendet zu erklären.
Schließlich erschien auf den Schirmen der gewaltige Kraterrand, der ihnen den Durchflug zur bewohnten Außenseite der Jupiter-Schale ermöglichen würde, und sie alle wurden von einer Welle der Erwartung und Aufregung erfaßt. Die Jupiter-Schale war die größte, die sie jemals angeflogen hatten, und dahinter lockten der legendenumwobene Cronus-Raum und die geheimnisumwitterte Boxa-Schale. Wiederum erwarteten sie heftige Turbulenzen am Kraterrand, und sie waren erneut gezwungen, dem Autopiloten die Steuerung zu überlassen. Da sie nicht wußten, was sich auf der Außenseite der Schale befand, programmierten sie einen Kurs ein, der sie direkt in die Exosphäre führen würde. Dort, in etwa viertausend Kilometern Höhe, konnten sie die Lage in Ruhe taxieren und gegebenenfalls mit einer genaueren Untersuchung der Schale fortfahren. Dann suchten sie Schutz in den Rettungskokons oder schnallten sich an.
Der Durchbruch stand ihrem Einflug in den Zwischenraum an Wildheit in nichts nach, aber zumindest blieb ihnen der Trost, daß ihr Flug im leeren Raum enden würde und sie sich nicht schlagartig in einer fremdartigen Umgebung wiederfinden würden. Das kleine Schiff pflügte schneidig durch die Regionen unterschiedlichen Drucks, und der Autopilot führte selbsttätig die nötigen Kurskorrekturen durch. Trotz der vielen Stöße ging die Shellback schließlich in den vertikalen Steigflug über und kam auf der vorgegebenen Höhe zum Stillstand.
Maq schnallte sich los und machte sich am Funkgerät zu schaffen. Kurz darauf gesellte sich Sine zu ihm.
»Wie sieht’s aus, Maq?«
»Wie eine blühende Zivilisation. Jede Frequenz wird bis zur Neige ausgenutzt, die meisten Funksprüche werden sogar gemultiplext. Das Aufkommen des Funkverkehrs ist schlicht phänomenal, und ich wette, daß er nur einen Bruchteil ihrer Gesamtkommunikation ausmacht.«
»Leute, die miteinander reden! Das klingt so, als ob mit der Menschheit auf der Jupiter-Schale alles in Ordnung ist.«
»Nun, ich kann zumindest garantieren, daß sie am Leben ist – oder sollte man es schon hyperaktiv nennen?«
Cherry hatte sich unterdessen mit dem Orter beschäftigt, aber von ihrer gegenwärtigen
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