Die Vermessung der Lust (German Edition)
sich Dora mit ihrem Hintern gegen den Tisch lehnen und bei Bedarf draufsetzen konnte.
Dora zog sich das Shirt über den Kopf. Schöne Brüste, wie nicht anders erwartet. Dora zog die Hose aus, den Slip. Aha, Landestreifen, sorgfältig rasiert. Dann stand sie auf und lehnte sich gegen die Tischkante.
*
Sie war an allem schuld! Diese dumme, blöde lesbische Kuh! Sie hatte sie verhext, ja, so musste man das nennen. Sie war auch schuld, dass sie jetzt, mitten in der Arbeitszeit, mit dem Po gegen die Schreibtischkante gedrückt wurde, was ziemlich weh tat, vor allem dann, wenn der Lustpegel gerade auf normalem Level vor sich hin dümpelte.
Lars gab sich Mühe, keine Frage. Er hatte sie ohne großes Vorspiel genommen, ziemlich hart, was sie durchaus mochte. Sie sollte wenigstens ein bisschen stöhnen, das hatte er sich verdient.
Ja doch, stöhnen war okay, aber nicht zu laut. Manchmal hörte man Schritte, Leute gingen an der abgeschlossenen Tür vorbei, was, wenn jemand auf die Idee kam, die Klinke zu drücken? SIE vielleicht gar? Es war ein furchtbarer Fehler gewesen, sich gänzlich nackt auf diese Sache einzulassen, aber Sex, das bedeutete für Dora Nacktheit, sie konnte nicht einmal mit einem Mann schlafen, wenn sie noch die Socken anhatte.
Mein Gott, warum packte der Idiot nicht seine Hände unter ihre Oberschenkel und hob sie hoch, damit sie ihre Beine um seine Hüften schlingen konnte? Ihr Arsch musste gerade furchtbar aussehen, rote Flecke, rote Striemen.
Hör auf zu denken, Dora, befahl sie sich. Genieße einfach. So ein Sahneschnittchen wie Lars, sein nackter Körper hatte sie umgehauen, für einen Moment hatte sie sogar geglaubt, dies sei ein One Night Stand mit Orgasmusgarantie. Ha ha, Night! Mitten im Job! Die Tür abgeschlossen! Schritte auf dem Flur! SIE! Wenn es jetzt klopfen würde, bekäme sie einen Herzinfarkt und wäre auf der Stelle tot und das wäre sowieso das Beste, was ihr passieren konnte.
Aha, er kam gleich. Sie stöhnte und sagte »aaaaaah«, aber nicht sehr überzeugend. Egal. Er hörte es und sein Verstand registrierte es automatisch und ohne große Überprüfung. Wieder eine Frau zum Höhepunkt gebracht, supi, abhaken. So lief das bei Männern.
Aber so lief es nicht bei ihr, heute jedenfalls nicht, vielleicht nie mehr. Wegen dieser Kuh! Dieser Lesbenschlampe! Nein, sie würde sich morgen nicht mit ihr treffen, nichts mit ihr trinken, nichts mit ihr quatschen, schon gar nicht mit ihr ins Bett gehen. Mit einer Frau ins Bett! Hallo, noch was? Ihr zwischen die Beine greifen und da war nichts, was man selber nicht hatte. Brüste küssen, igitt! Einen Bauch mit einem Piercing streicheln! Lippen küssen, auf denen der gleiche erdbeerfarbene Lippenstift pappte! Und außerdem roch ihr Atem nach Tomatensuppe.
Das stellte sie sich vor, weil sie es sich nicht vorstellen konnte. Von dieser dauergeilen Bitch ausgezogen und befummelt zu werden, dann sank man aufs Bett und irgendwann öffnete sie die Nachttischschublade und zog einen Dildo heraus oder einen Vibrator, bei dem sie erst noch die Batterien auswechseln musste.
Dora spürte, wie ihr heiß wurde. Sie sah in Gedanken, wie Simone über ihre Brüste streichelte, sie roch ihren Atem. Und dann ging alles sehr schnell, der Orgasmus kam wie ein Blitzstrahl, es donnerte sogar. Schneller noch als Lars, wenn auch nur ein paar Sekunden. Ätsch, gewonnen!
*
Die Dusche funktionierte noch. Erstaunlich. Sonst gaben Sachen, die man jahrelang nicht benutzte, aus Protest ihren Geist auf, sobald man sie gebrauchen wollte. Der Toaster zum Beispiel.
Silvio Bergengruen seifte sich sorgfältig ein. Er hatte das gute Stück zu Weihnachten in einer Tombola gewonnen, die im »Chez Madame« zu Gunsten von Zwangsprostituierten in Thailand veranstaltet worden war. Für den guten Zweck gab Bergengruen gerne mal einen Euro aus.
Hm, sie roch nach Veilchen. Ob das jetzt seiner männlichen Aura schadete? Nein, sie war eine Intellektuelle, sie tickte anders als die Tussen, die man manchmal spät Nachts in einer der Kneipen rund um den Bahnhof abschleppen konnte. Frauen, die ihre Schnapsvorräte in Plastiktüten mit sich trugen und die man morgens nur mit Mühe und Not wieder aus der Wohnung komplimentieren konnte.
Sie war eine waschechte Professorin, sie hatte ein Anrecht auf einen sauberen Mann im Bett. Oh, er durfte den Intimbereich keineswegs vernachlässigen! Vorhaut zurück und kräftig mit dem Waschlappen drüber, aus dem der Schaum lüstern quoll.
Ein Deo.
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