Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
sind, dass sie nicht direkt festgestellt werden können. Nur eine Kombination von fehlender Energie und theoretischen Überlegungen kann in diesen Fällen verwendet werden, um abzuleiten, was vorhanden war. Deshalb ist die Hermetizität – die möglichst vollständige Feststellung des Impulses – so wichtig.
Wie man Hadronen findet
Wir haben jetzt Leptonen (Elektronen, Myonen, Taus und die mit ihnen verknüpften Neutrinos) betrachtet. Die verbleibende Teilchenkategorie des Standardmodells trägt die Bezeichnung Hadronen – Teilchen, die durch die starke Kernkraft miteinander wechselwirken. Diese Kategorie umfasst alle Teilchen, die aus Quarks und Gluonen bestehen, wie z.B. Protonen und Neutronen und andere Teilchen namens Pionen . Hadronen haben eine innere Struktur – sie sind gebundene Zustände von Quarks und Gluonen, die durch die starke Kernkraft zusammengehalten werden.
Das Standardmodell führt die vielen möglichen gebundenen Zustände jedoch nicht auf. Es bietet eine Liste der fundamentaleren Teilchen, die in Hadronenzustände zusammengebunden werden – nämlich Quarks und Gluonen. Zusätzlich zu den Up- und Down-Quarks, die man in Protonen und Neutronen findet, gibt es auch schwerere Quarks, die Charm und Strange , Top und Bottom genannt werden. Wie die geladenen und neutralen Leptonen besitzen die schwereren Quarks Ladungen, die mit ihren leichteren Gegenstücken – den Up- und Down-Quarks identisch sind. Die schwereren Quarks lassen sich in der Natur ebenfalls nicht leicht finden. Auch für sie sind Beschleuniger notwendig, um sie zu untersuchen.
Hadronen (die durch die starke Kraft wechselwirken) sehen bei Zusammenstößen von Teilchen ganz anders aus als Leptonen (die keine solchen Wechselwirkungen zeigen). Das rührt in erster Linie daher, dass Quarks und Gluonen so starke Wechselwirkungen haben, dass sie nie in Isolation auftreten. Sie sind immer in der Mitte eines Jets, der zwar das ursprüngliche Teilchen enthalten könnte, aber immer auch noch ein Bündel anderer Teilchen einschließt, die der starken Kraft unterliegen. Strahlen enthalten keine einzelnen Teilchen, sondern einen Schauer von stark wechselwirkenden Teilchen, die das ursprüngliche Teilchen »schützen«, wie man in Abbildung 41 sehen kann. Auch wenn sie im ursprünglichen Ereignis nicht vorhanden waren, werden die starken Wechselwirkungen viele neue Quarks und Gluonen aus dem Quark oder Gluon erzeugen, das den Jet überhaupt erst ausgelöst hat. Protonenbeschleuniger produzieren eine Menge Jets, da die Protonen selbst aus stark wechselwirkenden Teilchen bestehen. Solche Teilchen erzeugen Schauer aus vielen zusätzlichen, stark wechselwirkenden Teilchen, die sich mit ihnen zusammen fortbewegen. Manchmal erzeugen sie auch Quarks und Gluonen, die in verschiedene Richtungen wegfliegen und ihre eigenen unabhängigen Jets bilden.
Das Zitat, das ich in Verborgene Universen aus dem »Jet Song« von West Side Story entlehnte, beschreibt die Hadronjets ganz gut:
Du bist nie allein,
du brauchst nie zu verzagen!
Und legt dich wer rein,
wird ohne lang zu fragen
zurückgeschlagen.
Abb. 41: Jets sind Schauer aus stark wechselwirkenden Teilchen, die um Quarks und Gluonen herum entstehen. Das Bild zeigt ihre Entdeckung in Trackern und dem Hadronkalorimeter (modifizierte Variante eines Fotos mit Genehmigung des CERN).
Die Quarks – wie die meisten Gangmitglieder – lassen sich nicht alleine finden, sondern nur inmitten von ähnlichen, stark wechselwirkenden Gefährten.
Jets hinterlassen im Allgemeinen sichtbare Spuren, da einige der Teilchen in den Jets geladen sind. Und wenn ein Jet die Kalorimeter erreicht, gibt er seine Energie ab. Sorgfältige experimentelle Untersuchungen sowie analytische und computergestützte Berechnungen helfen den Experimentalphysiker dabei, die Eigenschaften der Hadronen abzuleiten, die die Jets überhaupt erst erzeugten. Aber auch dann sind Quarks und Gluonen wegen der starken Wechselwirkungen und Jets immer noch raffinierter. Man misst nicht das Quark oder Gluon selbst, sondern den Jet, in dem es vorkommt. Dadurch werden die meisten Quark- und Gluonenjets ununterscheidbar. Sie alle geben eine Menge Energie ab und hinterlassen viele Spuren (siehe Abbildung 42 zur schematischen Darstellung der Art und Weise, wie Detektoren Schlüsselteilchen des Standardmodells identifizieren).
Abb. 42: Zusammenfassung der Möglichkeiten, wie Teilchen des Standardmodells in den Detektoren voneinander
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