Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
oder eine andere äußere Wesenheit beruft, um zu erklären, wie die Menschen oder die Welt sich verhalten. Das Problem besteht in Folgendem: Um sowohl der Naturwissenschaft als auch der Existenz eines Gottes – oder eines anderen äußeren Geists – beizupflichten, der das Universum oder das menschliche Handeln steuert, muss man sich der Frage stellen, an welchem Punkt die Gottheit eingreift und wie sie das tut. Wenn Gene, die unser Verhalten beeinflussen, ein Resultat zufälliger Mutationen sind, die die Evolution einer Art ermöglichen, kann der materialistischen, mechanistischen Perspektive der Wissenschaft zufolge Gott für unser Verhalten nur dann verantwortlich sein, wenn er physikalisch interveniert, indem er diese scheinbar zufälligen Mutationen hervorbringt. Um unsere heutigen Handlungen zu leiten, musste Gott die angeblich zufälligen Mutationen beeinflussen, die für unsere Entwicklung entscheidend waren. Wenn er das tat, wie hat er es dann getan? Wendete er eine Kraft an oder übertrug er Energie? Manipuliert Gott elektrische Prozesse in unserem Gehirn? Drängt er uns, auf eine bestimmte Weise zu handeln, oder erzeugt er für jedes einzelne Individuum ein Unwetter, so dass es sein Ziel nicht erreichen kann? Auf einer umfassenderen Ebene stellt sich die Frage, wie Gott seinen Willen zur Geltung bringt, wenn er dem Universum einen Zweck verleiht.
Das Problem besteht nicht nur darin, dass ein Großteil dieser Vorstellungen albern zu sein scheint, sondern dass diese Fragen keine vernünftige Antwort zu haben scheinen, die mit der Naturwissenschaft, wie wir sie verstehen, vereinbar sind. Wie könnte diese »göttliche Magie« möglicherweise funktionieren?
Menschen, die glauben wollen, dass Gott eingreifen kann, um ihnen zu helfen, oder die Welt an einem bestimmten Punkt ändern kann, müssen sich offensichtlich auf unwissenschaftliches Denken berufen. Selbst wenn die Naturwissenschaft uns nicht unbedingt sagt, warum Ereignisse geschehen, wissen wir doch, wie sich Gegenstände bewegen und miteinander wechselwirken. Wenn Gott keinen physikalischen Einfluss hat, wird sich auch nichts bewegen. Selbst unsere Gedanken, die letztlich auf elektrischen Signalen beruhen, die sich in unserem Gehirn bewegen, würden nicht betroffen sein.
Wenn solche äußeren Einflüsse für die Religion wesentlich sind, dann diktieren die Logik und das wissenschaftliche Denken, dass es einen Mechanismus geben muss, durch den dieser Einfluss übertragen wird. Eine religiöse oder spirituelle Überzeugung, die eine unsichtbare, nicht nachweisbare Kraft geltend macht, die dennoch menschliche Handlungen und Verhaltensweisen oder das Verhalten der Welt beeinflusst, führt zu einer Situation, in der ein gläubiger Mensch keine andere Wahl hat, als zu glauben und die Logik aufzugeben – oder einfach gleichgültig zu sein.
Diese Unvereinbarkeit scheint mir ein entscheidendes logisches Hindernis im Hinblick auf Methoden und Verstehen zu sein. Stephen Jay Goulds angeblich »sich nicht überschneidende Lehrgebiete« – das der Naturwissenschaft, die das empirische Universum abdeckt, und das der Religion, die sich auf das Forschungsgebiet der Moral erstreckt – überschneiden sich und sind ebenfalls mit diesem unauflöslichen Widerspruch konfrontiert. Obwohl gläubige Menschen Letzteres der Religion anheimstellen mögen und obwohl die Naturwissenschaft einige tiefe und grundlegende Fragen, die die Menschheit interessieren, erst noch beantworten muss, befinden wir uns auf dem Gebiet der Naturwissenschaft, sobald wir über Materie und Wirkung sprechen – sei es im Gehirn und als dessen Eigenschaft oder bei Himmelskörpern.
Rationale Konflikte und irrationale Ausnahmeklauseln
Die Unvereinbarkeit beunruhigt jedoch nicht alle Gläubigen. Als ich von Boston nach Los Angeles flog, saß ich zufällig neben einem jungen Schauspieler, der zwar eine Ausbildung als Molekularbiologe hatte, aber einige überraschende Ansichten über die Evolution unterhielt. Bevor er mit seiner Schauspielerlaufbahn begann, hatte er drei Jahre lang den Naturwissenschaftsunterricht in städtischen Schulen koordiniert. Als ich ihm begegnete, kehrte er gerade von Präsident Obamas Amtseinführung zurück, schäumte über vor Begeisterung und Optimismus und wollte die Welt verbessern. Neben der Fortsetzung seiner erfolgreichen Karriere als Schauspieler konzentrierte sich sein Ehrgeiz darauf, weltweit Schulen zu eröffnen, um Naturwissenschaft und wissenschaftliche
Weitere Kostenlose Bücher