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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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anderes dazu ein.
    » Wir werden schon klarkommen, mach dir keine Sorgen. Wir sehen uns noch ganz oft. Und solche Ausflüge können wir doch trotzdem machen. Ich werde mich bemühen, jedes Wochenende zu kommen. Und du kannst mich ja auch besuchen. Ich habe eine neue Arbeitsstelle in Bristol. Das ist eine schöne Stadt. Da haben wir bestimmt eine Menge Spaß.«
    » Wann ziehst du denn um?«
    » In zwei Wochen.«
    In zwei Wochen ist mir viel zu bald. » Das wisst ihr doch bestimmt schon seit Ewigkeiten«, entgegne ich vorwurfsvoll.
    » Wir wollten es dir erst sagen, wenn wir sicher sind, dass auch alles klappt.« Dads Stirn liegt in mindestens hundert Falten. Er sieht total gestresst aus.
    Ich versuche, die ganzen Informationen so schnell wie möglich zu verarbeiten und alles zu begreifen. » Warum kann ich denn nicht mit dir mitkommen?«
    Dads Miene ist ausdruckslos. » Na ja, zum einen wegen der Schule.«
    » Aber in Bristol gibt es doch auch Schulen.«
    » Würdest du denn deine Freunde nicht vermissen?«
    Ich zucke die Schultern. Die Antwort auf diese Frage lautet eindeutig nein, aber ich will Dad nicht verunsichern. Er fragt mich andauernd nach meinen Freunden. Ich rede ihm dann immer ein, dass ich einigermaßen beliebt bin, und verschweige, dass ich die Mittagspause meistens allein in der Schulbibliothek mit Lesen verbringe. Ich bin nicht ausgesprochen unbeliebt, die anderen nehmen mich nur kaum wahr. Und das ist mir auch ganz recht so.
    » Ich könnte doch im September wechseln. Das wäre ein guter Zeitpunkt für einen Neuanfang.«
    » Ja, Sarah, aber… ich denke, es ist besser für dich, wenn du bei deiner Mutter bleibst.«
    » Aber du weißt doch, wie sie ist. Wieso sollte es besser sein, bei ihr zu bleiben?«
    » Sarah…«
    » Du lässt mich einfach mit ihr allein, stimmt’s? Du kannst weggehen, und ich muss bleiben.«
    » Sie braucht dich, Sarah. Sie liebt dich sehr, auch wenn du es vielleicht nicht so merkst. Wenn du mit mir gehen würdest– ich glaube nicht, dass sie das schaffen würde. Ich will sie nicht ganz allein zurücklassen. Das wäre nicht fair.«
    » Aber warum gehst du denn dann?«, frage ich und fange an zu weinen. Meine Nase läuft, und durch die Tränen kann ich meinen Vater kaum noch erkennen. » Wenn du dir solche Sorgen um sie machst, wieso ziehst du dann weg?«
    » Weil ich es muss«, sagt er leise und sieht ganz elend dabei aus. » Sarah, das ist nicht meine Entscheidung. Ich habe mir nicht ausgesucht wegzugehen.«
    » Dann wehr dich doch endlich! Sag ihr, dass du uns nicht verlassen willst. Hau nicht einfach ab«, schreie ich so laut, dass sich die Leute umdrehen und sich gegenseitig anstoßen. Aber das ist mir egal. » Warum tust du alles, was sie sagt, Dad? Wieso lässt du dich von ihr so schikanieren?«
    Er hat keine Antwort darauf, und ich muss so sehr weinen, dass ich ihm die letzte Frage nicht stellen kann– diese eine, die mir wirklich am Herzen liegt.
    Warum bin ich dir nicht wichtig genug, damit du einfach Nein sagst?

13
    Freeman nahm einen Umweg zum Polizeirevier und fuhr durch Seitenstraßen, Wohngebiete und kleine Gassen, bis wir schließlich die hintere Toreinfahrt erreichten. Keiner der Polizisten sagte ein Wort zu mir, bis der Wagen anhielt, weil wir warten mussten, dass der Schlagbaum geöffnet wurde. Smith räusperte sich.
    » Falls Sie sich wundern, weshalb auf dem Hof so viel los ist– über Funk wurde mitgeteilt, dass Sie gleich reinkommen. Und das will sich natürlich keiner entgehen lassen. Sie sind hier also gewissermaßen die Attraktion des Tages.«
    Mir war gar nicht aufgefallen, dass so viele Leute draußen waren. Aber durch die Frontscheibe konnte ich erkennen, dass uniformierte Beamte in Grüppchen zusammenstanden und zum Wagen schauten. Sie hatten allesamt den gleichen Gesichtsausdruck, aus dem vor allem Abscheu sprach, gepaart mit unverhohlener Neugier und einer gewissen Genugtuung. Auftrag erledigt, Täter gefasst. Unter die Uniformierten hatten sich auch Zivilangestellte gemischt, die nicht minder selbstgerecht dreinschauten. Einer feindseligeren Meute hatte wahrscheinlich selbst Marie Antoinette bei ihrem letzten öffentlichen Auftritt nicht gegenübergestanden.
    Freeman fluchte leise; es war ihm sichtlich unangenehm, bei so viel Publikum im Hof vorzufahren. Er ließ den Motor aufheulen, bog schwungvoll in eine Parklücke an der Rückseite des Reviers ein und trat etwas zu heftig auf die Bremse.
    » Immer schön sachte«, brummte Smith und drehte

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