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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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und mir erwähnt haben.«
    » Sie ist eine echte Lady, finde ich. So würdevoll.«
    » Manchmal ist sie das«, erwiderte ich und dachte an die vielen Gelegenheiten, wenn sie das ganze Gegenteil war. Aber er hatte Recht, sie hatte mich vor der Polizei nicht im Stich gelassen.
    Vickers war bereits dabei, sich ins Auto zu bemühen. Ich lief um den Wagen herum und stellte mich neben die Fahrertür. » Inspektor… wegen morgen, könnte ich auch mitkommen?«
    Er erstarrte förmlich. » Zur Grabung meinen Sie? Warum denn das?«
    Ich zuckte mit einer Schulter. » Ich finde nur, jemand von seiner Familie sollte mit dabei sein.«
    » Sie wissen aber, dass Daniel Keane auch dort sein wird.«
    Ich nickte. » Ich werde mich von ihm fernhalten, versprochen. Ich bin wirklich nicht an einem Gespräch mit ihm interessiert.«
    Vickers hievte auch sein rechtes Bein ins Auto und langte an mir vorbei nach dem Türgriff. Ich sprang beiseite. » Sie können ausgesprochen überzeugend sein, wenn Sie es wollen. Aber keine Szenen bitte. Das ist bestimmt keine Gelegenheit für Sie, Rache zu nehmen.«
    » Würde mir nicht im Traum einfallen– ich möchte bloß dabei sein. Für Charlie da sein.«
    Er seufzte. » Wir versuchen in solchen Situationen immer die Wünsche der Familie zu berücksichtigen. Begeistert bin ich nicht, aber ich schicke morgen früh Blake vorbei, damit er Sie abholt. Halten Sie sich bitte für sechs Uhr dreißig bereit.«
    Ich strahlte. » Vielen Dank.«
    » Nichts zu danken. Und ziehen Sie Gummistiefel an, wenn Sie welche haben. Haben Sie den Wetterbericht gehört? Wenn es nicht bald aufhört zu regnen, brauchen wir eine Arche.« Er schüttelte den Kopf und zog die Autotür zu. Ich sah ihm nach, wie er davonfuhr, und war auf seltsame Weise froh, dass er es war, der uns über Charlie informiert hatte. Ich hatte keine Ahnung, wie Mum reagieren würde, wenn die Nachricht erst richtig bei ihr angekommen war, aber wenigstens hatte sie alles mit Fassung aufgenommen und als Wahrheit akzeptiert.
    Der Regen wurde gleichmäßiger und stärker. Trotzdem zwang ich mich, noch einen kurzen Blick auf das Haus mit der Nummer 7 zu werfen, ehe ich zurück in unser Haus ging. Die Fenster waren dunkel und die Vorhänge zugezogen. Es wirkte verlassen. Die vielen kleinen Schäden, die mir schon zuvor aufgefallen waren, sahen jetzt viel schlimmer aus, als finge das Haus direkt vor meinen Augen an zu bröckeln und zu verfallen. » Hoffentlich stürzt du bald ein«, sagte ich laut vor mich hin. Ich hasste es. Ich hasste es für alles, was es verkörperte. Die vielen Jahre des Wartens. Den vielen Schmerz.
    Für mich war Daniel Keane immer noch ein Monster, kein Opfer. Er hatte sich entschlossen, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, obwohl er besser als jeder andere hätte wissen sollen, wie viel Schaden er damit anrichtete. Es war schwer zu akzeptieren, dass direkt gegenüber, keine fünfzig Meter von meiner Haustür entfernt, ein solch katastrophales Versagen von Vorstellungskraft, Selbstwahrnehmung und schlichter Menschlichkeit stattgefunden hatte. Und das Wissen, dass es geschehen war, machte es keineswegs leichter zu verstehen.
    Als ich wieder ins Wohnzimmer kam, hielt Mum ein Glas in der Hand, was mich nicht überraschte. Doch die Veränderung, die ich zuvor an ihr wahrgenommen hatte, war noch immer sichtbar. Sie schaute auf, als ich ins Zimmer kam.
    » Sind sie weg?«
    Ich nickte.
    » Hat dich das, was sie gesagt haben, überrascht?«
    Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Meinte sie das mit Danny? Oder dass Charlie tot war? » Ich hatte keine Ahnung, dass Derek Keane so bösartig war«, brachte ich schließlich unsicher heraus.
    » Ich habe ihn nie gemocht«, sagte Mum und nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Glas. Whiskey, wie es aussah. » Es hat mir nie gefallen, dass Charlie mit Danny gespielt hat. Dein Vater«– ich erstarrte und war sofort auf dem Sprung, um ihn zu verteidigen– » hat mich immer für einen Snob gehalten, weil die Keanes finanziell nicht so gut dastanden und Danny immer irgendwie– nun ja, schmutzig aussah. Aber ich konnte Derek einfach nicht leiden. Kurz nachdem wir eingezogen waren, ist er rübergekommen und wollte wissen, ob ich Arbeit für ihn hätte– du weißt schon, so Handwerkersachen. Eigentlich gab es ja jede Menge zu tun, denn das Haus war ganz schön runtergekommen. Etwa so wie jetzt«, sagte sie mit einem leisen Lachen und sah sich um, als hätte sie es seit ungefähr einem

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