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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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auch so, als ob er mindestens fünfzig Jahre alt wäre. Allerdings war es kein Zoo, so viel war klar, auch wenn durch die Risse im Betonboden ein Geruch drang, der an Primaten erinnerte, die hier vor langer Zeit einmal gehalten worden waren. Affen, dachte er. Gorillas und Orang-Utans. Andere Tiere lebten unbemerkt in der Nähe, eine Mischung aus Nagetieren und Insekten stieg ihm in die Nase. Darunter lag ein seltsamer Geruch von Verfall. Nein, nicht Verfall. Es roch kälter und saurer. Mehr nach … Tod.
    Furcht ergriff Mateo, als ihm auf einmal klar wurde, dass er sich vermutlich in einer Tierauffangstation befand. Dem Geruch nach zu urteilen wurden die Tiere, die man hier hielt, nach einer Weile getötet.
    Ein wütendes, leises Fauchen kam aus seiner Brust. Es hallte in dem leeren Käfig auf unheimliche Weise wider. Sogleich antwortete ihm ein anderes Fauchen, ganz in der Nähe.
    Mateos Herz schlug heftiger. Er gab einen weiteren leisen Ton von sich, um den anderen zu grüßen, und humpelte dann über den kalten Zement zu den Gitterstäben. Sein Blick wanderte über die gegenüberliegenden Käfige, bis er endlich am anderen Ende des langen Korridors etwas sah, was sein Herz, wenn auch nicht das furchtbare Chaos in seinem Kopf beruhigte.
    Die große, schwarze Gestalt von Tomás starrte ihn mit seinen wilden Augen durch die schmalen Gitterstäbe eines weiteren Käfigs an.
    Mateo gab ein leises, missmutiges Jaulen von sich, das so viel hieß wie: Warum stecken wir in dieser Scheiße? Tomás antwortete mit einem knappen, frustrierten Fauchen. Seine spitze Panthernase war von großen Kratzern auf einer Seite verunstaltet. Ansonsten schien er unverletzt zu sein. Stumm stellte er sich auf seine Hinterläufe und testete das verschlossene Gitter mit seinen großen, weichen Pfoten, während sein langer Schwanz hin und her schlug. Die Gitterstäbe schepperten und gaben ein wenig unter seinem Gewicht nach, rührten sich aber ansonsten nicht von der Stelle. Tomás ließ sich wieder auf den Boden fallen und knurrte unzufrieden. Er begann, in kleinen Kreisen in dem metallenen Käfig hin und her zu laufen.
    Das tat er auch noch, als die schwere Tür am Ende des langen Ganges geöffnet wurde und sechs Menschen in weißen Mänteln eintraten.

28
    Die Reporterin in den Abendnachrichten war blond, vollbusig und hatte eines dieser gewinnenden, strahlenden Lächeln, die sich so gut fürs Fernsehen eigneten. In einer Hand hielt sie ein Mikrofon und in der anderen einen Block mit Notizen, auf den sie immer blickte, während sie ihren Bericht ablieferte. Sie stand im strahlenden Scheinwerferlicht vor einem flachen Gebäude aus roten Ziegelsteinen, das ohne Fenster und von einem hohen Metallzaun umgeben war, auf dem sich Stacheldraht befand. Das Gebäude erinnerte an die bedrohliche Atmosphäre einer Geheimdiensteinrichtung oder eines Irrenhauses. Eine Menschenmenge, die von der Polizei in Schach gehalten wurde, um nicht die Fernsehkameras vor dem Zaun umzureißen, brüllte irgendetwas von den Rechten von Tieren. Zwei Helikopter kreisten währenddessen über dem Haus und durchkämmten mit ihren hellen Flutlichtern die Nacht wie mit zwei Lasern. Laub, Staub und Haare wurden durch die Rotoren aufgewirbelt.
    »Die Verletzten erlitten Knochenbrüche ebenso wie schwere Gehirnerschütterungen«, erklärte die Reporterin begeistert, wobei ihre blauen Augen funkelten. »Die Polizei will nicht verraten, wie es diesen Tieren gelang, in einen der beliebtesten und angesagtesten Nachtclubs im Herzen von Rom einzudringen. Einem Zeugen nach gab es noch drei weitere Panther, die allerdings entkamen und bisher nicht eingefangen werden konnten. Von den Behörden wurde dies jedoch nicht bestätigt. Für den Moment wissen wir nur, dass die drei, die man eingefangen hat, unter Quarantäne gehalten werden, während die zuständigen Behörden entscheiden, ob man sie einem Zoo in Europa übergeben oder doch einschläfern soll, da sie schließlich einen Polizisten heftig angegriffen haben.«
    Ihr strahlendes Lächeln wurde noch greller. »Und jetzt zurück zu dir, Reuben!«
    Dominus machte den Fernseher mit der Fernbedienung leiser, die auf seinem Schreibtisch lag. In der Bibliothek herrschte wieder Stille. Lächelnd lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück, wobei er das Kinn auf seinen Fingern abstützte und den Blick langsam durch den kaum erhellten Raum wandern ließ. Die Ecken lagen alle im Schatten, ebenso wie die hohe Decke über ihm. So war es ihm am

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