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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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liebsten. Nur einige Kerzen brannten in den schmiedeeisernen Leuchtern, die an den Wänden hingen. Der Großteil des Raums war dunkel und düster – ganz im Gegensatz zu Dominus’ Stimmung.
    Einschläfern. Perfekt. Absolut herrlich.
    Es war ein ungeschriebenes Gesetz der Natur, dass selbst die großartigsten Kreaturen ihre Achillesferse hatten. Der schlaue Fuchs besaß ein auffallendes rotes Fell. Der schnelle Hase hatte seinen weißen Schwanz. Der Grizzlybär war langsam, der Delfin zutraulich, und der Haifisch musste sich immer vorwärts bewegen, um nicht zu sterben.
    Für die Ikati war ihre Schwäche sogar noch weitreichender. Wenn sie verletzt waren, konnten sie sich nicht verwandeln. Sie mussten in derselben Gestalt bleiben. Sie waren nicht mehr fähig, ihre Form zu verändern, sondern erstarrten in einem Körper. Ihre Camouflage wurde zum Käfig.
    Hinter ihm hörte er den amüsierten Tenor von Silas. »Es scheint ganz so, als ob diese Fremden kein Problem mehr für uns darstellen würden, Majestät. Das Schicksal ist wieder einmal auf unserer Seite.«
    Dominus wandte sich nicht um und lud Silas auch nicht ein, aus dem Schatten zu treten, wo er während der letzten Stunde gestanden war und so lange bleiben würde, bis er eine andere Anweisung erhielt. Dominus schob nur den leeren Teller mit dem Lammeintopf beiseite, den es zum Abendessen gegeben hatte, und sah dann die internationalen Nachrichten an. Währenddessen sprach er mit der großen Alabasterstatue von Horus – dem Gott der Rache und des Krieges –, die direkt ihm gegenüber an der Wand stand.
    »Das Schicksal ist stets auf der Seite der Mutigen, Silas.«
    Er war mutig gewesen. Jeden Tag seines Lebens. Wie aufregend, dass er nun die Ernte all dieser Jahre des Mutes bald einfahren konnte. Er stand so kurz davor, so kurz …
    Nachdenklich tupfte er mit einer Serviette seinen Mund ab. »Ist es eingetroffen?«
    »Bis heute jetzt noch nicht, Majestät«, murmelte Silas mit echtem Bedauern. »Allerdings gibt es noch immer die Möglichkeit einer späten Lieferung. Der Kurier weiß, dass er so lange warten muss, wie es nötig ist.«
    Dominus wurde sogleich unzufrieden. Er brauchte die Laborergebnisse vor dem Purgare . Er wollte eine Ankündigung machen, die die Stimmung seines Volkes hob. Er wollte ihnen allen sagen können, wann genau sich ihr Leben ändern würde.
    »Geh, und sieh nach, ob vielleicht jetzt etwas eingetroffen ist«, befahl Dominus. Er holte ein dickes Notizbuch aus einer versperrten Schublade seines Schreibtischs. Vorsichtig legte er es auf die Tischplatte und strich mit den Fingern über den feinen Leineneinband, der schon nachgedunkelt und an den Rändern ein wenig ausgefranst war. Leder wäre haltbarer gewesen, doch er fand die Vorstellung, dass sein Lebenswerk in die Haut eines Rinds gefasst war, in höchstem Grad abstoßend.
    Silas murmelte etwas und glitt dann lautlos zur Tür. Dort verbeugte er sich tief, ehe er sich wieder aufrichtete und Dominus seine lange, gerade Nase, die undurchdringlichen, schwarzen Augen und das kleine, heimliche Lächeln sehen konnte.
    Silas hatte gute Gründe zu lächeln. Er allein kannte das volle Ausmaß der Pläne des Königs.
    »Und bring diese neue Frau, die man gestern eingefangen hat, zur Fovea «, fügte Dominus hinzu. Durch seine Lenden schoss eine heiße Welle, als er an die blonde Touristin dachte, die von einem der Legiones am Tag zuvor in einer Bar in der Nähe des Pantheon überwältigt worden war. Sie sah der Reporterin im Fernsehen ziemlich ähnlich. Blond. Vollbusig. Dumm.
    Er fragte sich, wie laut sie wohl schreien konnte.
    Silas verneigte sich erneut und zog sich dann in die undurchdringliche Dunkelheit des Korridors zurück, der vor der Bibliothek lag. Als er allein war, öffnete Dominus sein Notizbuch und begann, mit einer fließenden, gut leserlichen Schrift zu schreiben.
    In Einklang mit den Ergebnissen von Dodds Experimenten mit reproduktiver Isolation verweisen meine Berechnungen auf eine Zeitspanne von acht Generationen, die nötig sein wird, um eine dauerhafte Veränderung im Genpool zu erreichen und eine Artenbildung zu bewirken, sobald die korrekte Antiserum-Formel isoliert und auf die bereits existente Bevölkerung angewandt worden ist. Durch künstliche Befruchtung der fruchtbarsten Frauen und einen Embryonentransfer bei Leihmüttern können wir möglicherweise zeitgleich die Anzahl vollblütiger Nachfahren erhöhen und dabei exponentiell die Anzahl der Vollblütler

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