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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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langsam, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand durch die Tür, die hinter ihm ins Schloss fiel.
    Sobald er verschwunden war, wandte sich Morgan ihrerseits dem Durchgang zu der schmalen Treppe zu, die nach unten führte. Ihr Herz pochte, als das Licht mit jedem Schritt, den sie ging, schwächer wurde. Am Fußende der Treppe gab es eine Reihe schmaler Korridore aus roten Ziegeln, die in verschiedene Richtungen führten und von wenigen Lampen nur dürftig erhellt wurden. Die abgestandene Luft war feucht, der Boden ungepflastert. Mehrere reich verzierte Steinsarkophage standen in der Nähe des Eingangs, hinter dem ein größerer Hauptkorridor mit einem Lageplan auf Englisch und Italienisch an der Wand hing. Auf dem Plan waren die verschiedenen Grabmäler verzeichnet. Morgan fand mit einer Mischung aus Aufregung und schrecklicher Angst das ägyptische Grab und machte sich auf die Suche danach.
    Sie kam an einer Grabstätte nach der anderen vorbei. Es gab sowohl große als auch kleine kalte Räume aus Ziegel und Erde, in denen sich Steinsarkophage in Wandnischen befanden. Die Wände und Decken waren teilweise mit Hirschen, Vasen und blühenden Weinreben dekoriert, wobei die Malereien perfekt erhalten waren. Auf den Böden entdeckte sie immer wieder bunte Mosaikfliesen, die die Zeit überdauert hatten.
    Der Korridor wurde schmaler, je länger sie ihn entlanglief. Die Ziegelwände zeigten Anzeichen von Verfall, und die Luft wurde immer kälter und feuchter. Sie bog um eine weitere Ecke und fühlte sich auf einmal klaustrophobisch. Die alten Mauern, die inzwischen uneben geworden waren, drängten sich näher, und das Licht war nur noch ein schwaches, grünes Schimmern.
    Gerade als sie glaubte, sich verirrt zu haben, stand sie vor dem Eingang zum Grab der Ägypter. Sie war um eine Ecke gebogen und sah ein Leuchten, das an eine Gespenstererscheinung erinnerte. Abrupt blieb sie stehen.
    Mit pochendem Herzen schluckte sie mehrmals und betrat dann zögernd die Grabstätte. In diesem Mausoleum waren sechs reich verzierte Steinsarkophage und vier leere Nischen. In einer Ecke standen mehrere Alabasterurnen und zerbrochene Tongefäße. An der nördlichen Wand gab es tatsächlich ein Bild des Horus – dem Gott der Rache.
    Es war eine große, seltsam lebendig wirkende Darstellung, die in dem düsteren Licht eine unheimliche Lebensnähe bekam. Morgan hatte fast den Eindruck, als ob die Figur aus der Wand treten würde. Es handelte sich um einen Krieger mit nackter Brust und dem Kopf eines Falken, der von einer Sonnenscheibe umgeben war. Hinter seinem Rücken waren riesige, flammende Flügel zu sehen, die über einer Gruppe von unterwürfigen Gläubigen ausgebreitet waren, die sich an einem Flussufer versammelt hatten. Horus hielt ein Schwert in der einen und einen Stab in der anderen Hand. Um seine muskulösen Oberarme waren goldene Bänder gewickelt, und Leinenstoff hing um seine Hüften. Seine Augen waren jedoch das Auffallendste an dieser Erscheinung. Schwarz und durchdringend funkelten sie über einem scharfen, langen Schnabel und schienen seltsam lebendig zu sein.
    Morgan wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Sie senkte den Blick und bemerkte in der rechten Ecke der Darstellung, dass etwas in den Stein geschnitten war, das die gleiche Größe und Form des Medaillons um ihren Hals besaß.
    Ihr blieb das Herz stehen.
    Langsam öffnete sie die Kette des Medaillons und trat zitternd zu der kleinen Nische in der Wand. Sie fühlte sich wie Indiana Jones, als sie mit angehaltenem Atem das Medaillon in die Aussparung des alten Steins presste.
    Sie sprang mit einem entsetzten Schrei zurück, als der Deckel des Sarkophags hinter ihr ruckartig aufging und dann ächzend und in einer Staubwolke ganz aufklappte.
    »Oh mein Gott«, sagte sie in die unheimliche Stille hinein, die nun folgte. »Das darf doch nicht wahr sein!«
    Die Stille war fast unerträglich. Morgan stand mehrere Minuten lang in der Mitte des Mausoleums und überlegte. Sollte sie Xander holen? Was sprach dafür, was dagegen? Sie hatte gefunden, wonach sie gesucht hatte – vermutlich. Und jetzt konnte sie zurückkehren und Xander davon erzählen … Ihn um Hilfe bitten …
    Nur deinetwegen musste Julian sterben!
    Nein, das ging nicht. Xander war der Letzte, der ihr jetzt noch helfen würde.
    Sie kämpfte gegen die bitteren Tränen an, die ihr plötzlich in die Augen stiegen, legte sich die Kette mit dem Medaillon wieder um den Hals und ging zum Sarkophag. Dort schob

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