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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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Hände.
    Langsam und mit einem Lächeln auf den Lippen schritt sie auf ihn zu. »Genau, du hast wirklich Glück. Allerdings«, fügte sie hinzu und streckte die Hand aus, um ihn am Arm zu berühren, »wirst du dich an diesen Abend nicht im Geringsten erinnern, mein ungewaschener Freund.«
    Nach dem Tätowieren, das sie auf eine Weise glücklich machte, wie sich kleine Kinder am Weihnachtsabend glücklich fühlen, wanderte sie Il Corso entlang, die Hauptstraße, die zu ihrem Hotel führte. Sie war müde und hungrig, und ihr Sprung vom Kolosseum sowie die Nadel des Tätowierers hatten ihren Körper ein wenig mitgenommen. Wer hätte geahnt, dass eine Hüfte so empfindlich sein konnte? Sie wollte nur noch etwas essen, baden und dann ins Bett.
    Die Gelateria war charmant und ebenso klein wie die anderen Läden auf dem Corso. Obwohl es bereits spät war, drängten sich hier noch zahlreiche Kunden. Sie wählte Pistazie und aß das Eis mit einem kleinen Holzlöffel, während sie nachdenklich die Straße weiter entlangschlenderte.
    Was Xander wohl jetzt gerade tat?
    Sie war sich sicher, dass er äußerst wütend auf sie war. An seiner Stelle wäre sie das auch gewesen. Aber er tat ihr nicht im Geringsten leid. Sie fand vielmehr, dass er dringend eines Eimers Wasser bedurft hatte, um das Feuer zu löschen, aus dem sein Ego bestand. Er war so verdammt selbstsicher, so selbstzufrieden. So dominant. So irritierend.
    Ein winziger Teil in ihr war froh um diese Ablenkung. So musste sie wenigstens nicht ununterbrochen an das Ticken der Uhr und die Tatsache denken, dass sie bisher noch nichts Sinnvolles unternommen hatte, um das Hauptquartier der Expurgari zu finden.
    Vielleicht war sie zu weit gegangen. Wenn er wirklich angenommen hatte, dass sie ihm entwischt war, hatte er vielleicht sofort Sommerley angerufen und um Verstärkung gebeten. Sie zweifelte nicht, dass es ihr auch ein weiteres Mal gelingen würde, ihm zu entkommen. Aber wenn sich die ganze Stadt voller Ikati befinden würde, die alle nach ihr suchten, wäre das eine ganz andere Situation. Alleine der Gedanke jagte ihr einen kalten Schauder über den Rücken.
    Sie beschleunigte ihren Schritt und eilte hastig auf das Hotel zu. Im Vorübergehen warf sie den leeren Eisbecher in einen Abfalleimer, der auf dem Trottoir stand.
    Nichts. Er fand nicht das geringste Anzeichen von ihr. Keine Spur, nicht einmal die Andeutung ihres Dufts. Nicht an der Haltestelle Barberini Fontana di Trevi, nicht bei dem barocken Meisterbrunnen mit dem griechischem Meeresgott Triton, der auf dem Platz darüber stand, nicht auf der eleganten, geschäftigen Via Veneto – und ebenso wenig im Ladenviertel oder dem Labyrinth aus winzigen mittelalterlichen Straßen in der Nähe der Piazza Navona.
    Sie war weg. Verschwunden.
    Und sie besaß nicht einmal die Fähigkeit, sich in Nebel zu verwandeln, um ein solches Verschwinden zu erklären. Außerdem hatte er ihr sowieso den Ring um den Hals gelegt, sodass ihr jede Verwandlung unmöglich war. Xander flog über die Stadt und durchsuchte ein Viertel nach dem anderen, die sich in gedämpften Farben unter ihm ausbreiteten. Mit jeder Sekunde nahm seine Wut auf sich selbst zu.
    Eine verurteilte Verbrecherin. Eine Bedrohung für die ganze Spezies. Ein Spielball in den Händen des Feindes. Wie hatte er sie nur entkommen lassen können?
    Als sich im Osten langsam ein grünlich gelbes Licht zeigte, gab er auf. Er flog zum Kolosseum zurück und verwandelte sich wieder in seine menschliche Gestalt. Dann zog er seine Kleidung an, schnallte die Messer um und nahm ein Taxi zum Hotel de Russie. Die ganze Zeit über überlegte er, wie er das Ganze Leander und den Ratsmitgliedern von Sommerley erklären sollte.
    Tut mir echt leid, aber ich habe diejenige verloren, die uns alle vernichten kann. Sorry. Er nahm nicht an, dass das ausreichen würde.
    Im Hotel eilte er an dem Portier vorbei, der sich leicht verbeugte, und fuhr mit dem Lift ins oberste Stockwerk. Als er vor der Tür zur Nijinski-Suite stand, machte er sich gar nicht die Mühe, den Schlüssel herauszuholen. Er ging einfach mit der Kleidung an seinem Leib durch sie hindurch, um dann auf der anderen Seite abrupt innezuhalten.
    Auf dem großen Doppelbett lag eine Gestalt, die regelmäßig und ruhig atmete.
    Jemand schlief in ihrem Bett.
    Gerade als ihm dieser Gedanke durch den Kopf schoss und er nach seinen Messern griff, nahm er ihren warmen, süß-weiblichen Geruch wahr und erstarrte ungläubig.
    Sie war

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