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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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Kopfsteinpflaster fiel.
    An einem Tisch mit mehreren jungen Frauen begann ein aufgeregtes Gemurmel. Offenbar hatten sie erst jetzt Xander wahrgenommen. Von einem anderen Tisch hörte man überraschte Ausrufe. Die Unterhaltungen um sie herum brachen ab, und es war nur noch leises Murmeln zu hören. Morgan verstand genau, warum. Aufrecht stehend und in höchster Alarmbereitschaft strahlte Xander eine knisternde Spannung aus, die so mächtig und raubtierartig wirkte, dass auch sie mit dem Stuhl ein wenig zurückwich und den Atem anhielt. Sogar die Menschen mussten diese Aura spüren. Doch selbst falls sie es nicht taten, ließ sich die Schönheit seines straffen, muskulösen Körpers, seiner breiten Schultern und Arme und seines Gesichts, das so perfekt und kalt wie das eines Racheengels aussah, nicht leugnen. Sie sah zu ihm auf und spürte, wie ihr erneut die Hitze in die Wangen stieg.
    »Xander, da ist nichts«, sagte sie, während sie sich über die Reaktion ihres Körpers ärgerte. Was zum Teufel war nur los mit ihr? »Setzen Sie sich bitte wieder hin. Wir wollen doch keine Szene machen …«
    Doch in diesem Moment spürte sie es. Etwas Heißes, Schweres, Seltsames – eine Energiewelle, wie sie das noch nie zuvor erlebt hatte. Sie schloss alles um sie herum ein, brennend, allumfassend. Die Welle fühlte sich seltsam vertraut und fremd zugleich an – tastend. Schlagartig wurde Morgan klar, dass sie ihr galt. Sie holte tief Luft und roch dabei Blitze und Rauch und einen stechenden Gestank wie von Schießpulver. Hinzu kamen Schweiß, Moschus und eine männliche Kraft.
    »Ein Alpha«, hauchte sie und nahm mit jeder Faser ihres Körpers die Wahrheit dieser Aussage wahr. »Mein Gott, es ist ein Alpha.«
    Und zudem keiner ihrer eigenen Alphas – kein Alpha aus einer der vier Ikati-Kolonien. Keiner von ihnen fühlte sich so an. Obwohl es zweifelsohne ein Mitglied ihrer Spezies sein musste, roch er doch anders. Er schmeckte anders. Seine Aura strahlte etwas Dunkles aus – so dunkel wie ein Punsch voller Gewürze und Grausamkeit. Wie ein Geheimnis, wie Flüstern, wie Tunnel, die unter die Erde führten. Berauschend und beängstigend zugleich. Morgan blieb wie hypnotisiert auf ihrem Stuhl sitzen.
    »Finden Sie ihn«, befahl Xander, während seine Augen noch immer über die vorbeilaufenden Leute wanderten.
    Ohne zu zögern, schloss Morgan die Augen und konzentrierte sich.
    Die Leute um sie herum verschwanden. Alles wurde still. Es gab nur noch die warme Luft, den Stuhl unter ihr und den Glasrand des Tisches, auf dem ihr Handgelenk ruhte. In raschen, konzentrischen Kreisen ließ sie ihr Bewusstsein ausströmen, um alles um sie herum aufzunehmen. Warme Menschen, feste Gebäude, die Fasern der Bäume, die Sonnenschirme, alle möglichen toten, leblosen Objekte und der süße, flüchtige Wind, den ein Schwarm von Staren erzeugte, der vorbeiflog. Autos fuhren einige Straßen weiter vorüber. Über ihnen zog ein Flugzeug über den Himmel – metallisch und schnell.
    Und dann … Oh, und dann …
    Sie prallte gegen ihn und hielt vor Überraschung die Luft an.
    Er bestand ganz und gar aus Energie, aus Dunkelheit, aus Verlangen. Etwas Beängstigendes und Elementares zog sie magisch an. Sie hatte das Gefühl, als ob sie die Sphäre eines riesigen schwarzen Lochs betreten hätte und Gefahr liefe, dort hineingesogen und verschlungen zu werden.
    »Auf der Treppe«, flüsterte sie und zog sich aus dem Kontakt mit ihm zurück, wobei sie dies so viel Kraft kostete, dass es beinahe schmerzhaft war. »Oben, auf der Spanischen Treppe. Dort ist er!«
    Sie öffnete die Augen, wandte den Kopf und fand ihn durch das Meer von Menschen, Farben und Bewegungen.
    Er stand regungslos und stumm auf dem obersten Absatz der breiten weißen Treppe, lehnte an der Balustrade und hielt sich mit beiden Händen so stark am geschwungenen Geländer fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Er war hochgewachsen und groß – nicht ganz so muskulös wie Xander, aber zweifelsohne massiv. Seine schwarzen Haare begannen an den Schläfen grau zu werden. Gekleidet in elegantes, makelloses Weiß, ragte er aus den vielen bunten Farben um ihn herum heraus. Seine helle, leuchtende Ausstrahlung ließ alles um ihn herum beinahe grau erscheinen – er war wie ein Sonnenstrahl, der durch Wolken bricht.
    Sein Gesicht war ernst und anziehend. Er besaß die gleiche Anmut und Schönheit wie alle Ikati – eine Schönheit, die andere dazu brachte, den Kopf zu drehen und ihn

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