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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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welche Richtung ihre Unterhaltung eingeschlagen hatte, und zugleich war sie verwirrt. Warum zum Teufel redete sie mit dem Mann über Liebe, dessen Auftrag es war, ihr Leben zu beenden, falls sie ihre Mission nicht erfüllte?
    »Und Sie?«, gab sie mit einem heftigen Ton in der Stimme zurück.
    Xanders Miene veränderte sich. Einen Moment lang zeigte sich in seinem Gesicht unverstellte Emotion. Dann wirkte es wieder ausdruckslos wie zuvor. »Meine Mutter erlitt ein Schicksal, dem Sie zum Glück entkommen sind.«
    Sie blinzelte verständnisvoll. »Der Alpha.«
    Er nickte. Ein Kiefermuskel zuckte.
    »Sie ist also begabt.«
    »Sie war begabt«, verbesserte er sie tonlos. Morgan bedauerte es, nach seiner Familie gefragt zu haben.
    »Oh. Es tut mir … Es tut mir leid. Was ist passiert?«
    Einen Moment lang sah er sie weiterhin aufmerksam an. Dann holte er tief Luft und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Er wandte den Blick ab, während er mit einer Hand durch seine kurz geschnittenen Haare fuhr und dort einen Augenblick lang verweilte. Es war eine Geste, die seltsam männlich und unbewusst wirkte. Sie strahlte etwas Intimes, höchst Persönliches aus. Seine Stimme war sehr leise.
    »Er war kein netter Mann.«
    Ein kalter Schauder lief Morgan über den Rücken. Sie konnte sich die ganzen Grausamkeiten vorstellen, die sich hinter diesen schlichten, scheinbar harmlosen Worten verbargen. Selbst Leander, der Alpha von Sommerley, war trotz seiner Eleganz und Gewandtheit, trotz seiner feinen Manieren ein Killer. Alle Alphas wurden nur für eine einzige Aufgabe ausgebildet: um jeden Preis zu herrschen.
    »Nein«, sagte sie nach einer Weile. »Keiner von ihnen ist nett.«
    Xander antwortete nicht. Sie betrachtete sein Profil, das sich vor dem morgendlich hellen Himmel abzeichnete und auf markante Weise hart und schön wirkte. Sie hatte den Alpha seiner Kolonie einmal kennengelernt. Es war ein Mann namens Alejandro gewesen …
    »Sie sind also der Sohn eines Alpha«, sagte sie. In ihrer Stimme schwang Neugier mit. Leander hätte es niemals zugelassen, dass sich irgendetwas oder irgendwer zwischen ihn und sein Geburtsrecht gestellt hätte. »Warum sind Sie dann nicht der Alpha der Manaus-Kolonie?«
    Wieder zuckte der Muskel in seinem Kiefer, doch abgesehen davon sah er sie vollkommen regungslos an. Seine Augen funkelten golden. »Das Schicksal hat für mich entschieden. Und ich bin ihm gefolgt.«
    Morgan sah ihn stirnrunzelnd an und wartete darauf, dass er fortfahren würde. Doch er wandte nur wieder den Kopf ab und beobachtete die vorbeilaufenden Touristen, die wie ein Meer aus Farben und Geräuschen an ihnen vorüber rollten.
    »Sie sind der seltsamste Auftragskiller, dem ich jemals begegnet bin«, erklärte sie. Irgendwie war sie sich nicht ganz sicher, ob er sich über sie lustig machte oder ihr auswich. Die ganze Unterhaltung verursachte ihr ein Schwindelgefühl.
    »Kennen Sie denn viele Auftragskiller?«, entgegnete er trocken, ohne den Blick von dem Palazzo ihnen gegenüber abzuwenden.
    Sie nahm ihre Gabel mit der Melone wieder auf und führte sie zum Mund. »Keinen, der Nietzsche gelesen hat und über Liebe und Schicksal redet«, murmelte sie.
    Er lachte leise. »Ich hatte eine ungewöhnliche Ausbildung.«
    Sie schnaubte. »Kann ich mir vorstellen …«
    Er erstarrte auf seinem Stuhl und drehte so rasch den Kopf, dass sie kaum wusste, was geschah. Mit einem leisen Fauchen durch zusammengebissene Zähne und einem tiefen, warnenden Knurren starrte er in eine Richtung. Die Härchen auf ihren Armen stellten sich auf.
    »Was ist los?«, fragte sie alarmiert.
    Die Luft um sie herum schien auf einmal undurchdringlich. Sie spürte seinen Zorn, während das Adrenalin in heißen, gefährlichen Wellen durch ihre Adern schoss. Die beiden Männer am Nebentisch brachen ihre lebhafte Diskussion ab, und Morgan fragte sich, ob auch sie die plötzliche atmosphärische Veränderung verspürt hatten. Sie wagte aber nicht, zu den beiden hinüberzusehen.
    »Öffnen Sie Ihre Nase«, knurrte er und ließ den Blick über den Palazzo wandern. Er zog die Lippen zurück und enthüllte so zwei perfekte, schimmernd weiße Zahnreihen. Seine Hände wanderten zu seiner Taille.
    Morgan blickte sich um. Das Café, die vorübergehenden Leute, der helle, sonnendurchflutete Morgen – sie sah nichts Außergewöhnliches.
    »Ihre Nase«, zischte er erneut und sprang auf. Den Stuhl schob er dabei mit einer solchen Heftigkeit zurück, dass er scheppernd auf das

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