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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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Griff war so fest wie Stahl.
    Er sagte etwas in einer Sprache, die sie nicht kannte, und fletschte die Zähne. In seinen Augen loderte es. Instinktiv wusste sie, dass er ihr befahl aufzugeben. Sich zu unterwerfen.
    »Fuck you!« , schrie sie und versuchte, sich seinem Griff zu entwinden.
    Er zog die Augenbrauen hoch. Dann gab er ihr mit dem Handrücken einen so heftigen Schlag ins Gesicht, dass hinter ihren Augen ein Feuerwerk losging und die Nackenwirbel knackten, als ihr Kopf herumgeschleudert wurde. Sie schmeckte Blut in ihrem Mund, als sie zu Boden ging und liegen blieb. Fassungslos lag sie da, ihr Handgelenk noch immer von seinen Fingern umfasst. Ihr Körper schien von seiner riesigen Hand wie eine Marionette zu baumeln. Trotz ihrer Benommenheit bemerkte sie, dass beide Männer große Tätowierungen auf ihren linken Schultern hatten – ein stilisiertes, schwarzes Auge, das wie eine ägyptische Hieroglyphe aussah.
    Der Mann, der sie geschlagen und ihr das Messer entrissen hatte, trat nun in den Vorraum und schloss mit einem Fußtritt die Tür hinter sich. Er legte das Messer auf einen Beistelltisch und starrte sie dann schweigend an. Der andere Mann stand im Wohnzimmer, umgeben von einem See aus Glasscherben, und beobachtete die beiden. Er sagte etwas in dieser fremden Sprache. Es klang amüsiert und schien den anderen, der sie noch immer am Handgelenk festhielt, zu ärgern.
    Jetzt riss er sie so grob auf die Füße, dass sie glaubte, er würde ihr die Schulter ausrenken. Drohend beugte er sich über sie. Seine ungefilterte Kraft und Rohheit ließ sie zurückzucken, und er gestattete ihr, sich einen Moment lang von ihm abzuwenden. Immer wieder versuchte sie, sich aus seinem Griff zu lösen, doch es hatte keinen Sinn. Der Marmor unter ihren nackten Füßen fühlte sich kalt und glatt an.
    »Ich bin Lucien«, sagte er in perfektem Englisch.
    Sie hielt die Augen auf sein Gesicht gerichtet, wohl wissend, was sie sehen würde, wenn ihr Blick weiter nach unten wanderte. Schwarze Punkte flimmerten vor ihren Augen. Sie leckte Blut von ihrer Unterlippe. »Höchst erfreut«, sagte sie und starrte ihn an. »Dann nenne ich dich doch einfach Lucy.«
    Er blinzelte. Der andere Mann auf dem Balkon schnaubte amüsiert und kam näher. Sie warf einen Blick in seine Richtung und fragte sich, wieso die beiden so selbstverständlich mit ihrer Nacktheit umgingen. In ihrem Kopf drehte sich alles, und alles schmerzte. Offensichtlich waren die Kerle ihr als Nebel gefolgt und hatten sich dann wieder in Menschen verwandelt. Unter der Kleidung hatte man zwar ihre gewaltigen Muskelmassen erahnt, doch die Details nicht genauer bemerkt. All diese kraftvollen, maskulinen, golden schimmernden Einzelheiten. Unwillkürlich wanderte ihr Blick nach unten.
    Sie erbleichte. Die Größe …
    Ein leises Lachen war zu hören, und hastig blickte sie in das Gesicht des Mannes.
    Um Gottes willen – er lächelte sie an.
    »Siehst du etwas, was dir gefällt, Frau?« Seine Stimme klang heiser und belustigt.
    Die flirrenden schwarzen Punkte vor ihren Augen verschwanden gerade genug, um zu erkennen, wie verärgert er auf ihre kalte Erwiderung reagierte. »Ich sehe etwas, das ich gerne abschneiden würde.«
    Lucien gab ein tiefes Knurren von sich und umfasste ihr Handgelenk noch fester, sodass sie befürchtete, die Knochen könnten jeden Moment brechen. Sein Griff schmerzte unerträglich, doch Morgan biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut aufzustöhnen. Der andere Kerl stand noch immer da und sah sie mit zur Seite geneigtem Kopf an.
    »Für eine Frau bist du ziemlich wild«, murmelte er. Sein Blick wanderte über ihren Körper. Er musterte ihre nackten Beine, den kurzen Rock und die Bluse, von der sie sich nun wünschte, dass sie wesentlich weiter geschnitten wäre. Langsam fuhr er sich über die Lippen – eine Geste, die bei einem anderen Mann, der ebenso gut gebaut und kraftvoll wirkte wie er, verführerisch erschienen wäre, doch bei ihm hatte sie etwas ausschließlich Beängstigendes. Die Luft wurde heiß, und auf einmal roch es nach dunklem, würzigem Verlangen.
    »Aurelio«, sagte Lucien scharf und fügte dann etwas in dieser anderen Sprache hinzu. Er presste die Lippen aufeinander, und die Hitze, die in der Luft lag, wurde etwas schwächer.
    »Sie gehört noch niemandem«, erklärte Aurelio harsch.
    »Bruder! Das ist Hochverrat!«, zischte Lucien und funkelte ihn finster an.
    »Nur wenn es der König erfährt.« Er trat näher und bedachte Lucien

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