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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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nieder!«
    Der Schütze, den Xander in Gedanken bereits als Big bezeichnete, warf dem Gardisten, der ihn auf Italienisch anschrie, einen irritierten Blick zu. Dann sagte er etwas zu seinen drei Begleitern, und alle drei nickten zustimmend.
    Als der Schweizergardist langsam auf die Männer in Schwarz zuging, lösten sie sich einfach in Nebel auf. Alle vier gleichzeitig. Ihre Kleidung und ihre Waffen blieben in großen, dunklen Haufen auf dem Steinboden zurück.
    Xander erstarrte.
    Sie konnten sich also nicht nur in Nebel verwandeln – wozu nur die Begabtesten seiner Spezies in der Lage waren –, sondern sie hatten auch keinerlei Probleme damit, das vor den Blicken von Menschen zu tun. Vor Hunderten von Menschen. Das bedeutete, dass es ihnen egal war , wenn die Menschheit von ihrer Existenz wusste.
    Was wiederum bedeutete, dass sie nun die größte Bedrohung für ihre Spezies darstellten. Eine noch größere Bedrohung als die Expurgari .
    Er beobachtete, wie sich die vier rasend schnell über der aufgewühlten Menge auflösten und davonflogen. Die Schweizergardisten waren wie versteinert stehen geblieben und reckten nun die Hälse, um in den Himmel zu blicken. Drei von ihnen bekreuzigten sich, fünf andere wichen einige Schritte zurück, die Augen weit aufgerissen. Der Rest war offensichtlich viel zu benommen, um sich bewegen zu können.
    Die vier Nebelwolken flogen nach Westen, in die entgegengesetzte Richtung, in die er Morgan geschickt hatte. Mit gemischten Gefühlen sah er ihnen nach, bis sie hinter einem Hain aus Feigenbäumen in der Ferne verschwunden waren. Dann drehte er sich um und rannte los. Das Bild von Morgans gerötetem Gesicht, wie sie hinten auf dem Bus stand, brannte in seiner Seele.

16
    Morgans Hände zitterten so heftig, dass sie kaum die Schlüsselkarte aus Plastik in das elektronische Lesegerät schieben konnte. Nach einer Weile gelang es ihr endlich, und das kleine rote LED -Licht wurde grün. Die Tür öffnete sich.
    Sie stürmte in die Hotelsuite und schlug die Tür hinter sich ins Schloss, verriegelte sie mehrfach und brach dann an Ort und Stelle zusammen. Es war ihr kaum mehr möglich, Luft zu holen.
    Sie war den ganzen Weg von der letzten Haltestelle des Busses in der Nähe des Bahnhofs Termini bis zum Hotel gerannt – eine Strecke von mehreren Kilometern. Auf diese Weise hatte sie gehofft, ihren Geruch in der ganzen Stadt zu verteilen, was ihr bereits durch die Tour des Busses zum Teil gelungen war. Allein die Tatsache, dass sie den Petersdom nicht zu Fuß verlassen hatte, sollte ihr helfen, ihre Spur zu verwischen.
    Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass Xander wusste, was er tat.
    Am liebsten hätte sie sofort in Sommerley angerufen. Leander würde wissen, was zu tun war. Leander würde vielleicht sogar kommen und sie holen! Ihr Herz tat bei dem Gedanken an eine Rückkehr nach Hause einen Satz. Doch dann wurde ihr wieder klar, dass es für sie dort keine Gnade gab, wenn es ihr nicht gelingen sollte, die Expurgari zu finden. Bisher war sie gescheitert. Stattdessen eine unbekannte Kolonie von Ikati zu entdecken, würde den Rat wohl kaum besänftigen. Sie würde noch immer mit ihrem Leben für ihren Verrat bezahlen müssen. Wahrscheinlich würde man sie obendrein noch beschuldigen, mit diesen wilden Männern zusammenzuarbeiten.
    Sie schüttelte sich und fuhr mit der Hand über ihre Augen. Mein Gott, das waren wirklich wilde Männer. Wenn sie bisher ihre eigene Kolonie für ungezähmt unter der dünnen Maske der Zivilisiertheit gehalten hatte, dann waren die sechs Männer, die sie in der Kirche gespürt hatte, absolute Raubtiere. Sie strahlten dieselbe heftige Gier aus, die auch der Mann in Weiß verströmt hatte. Doch während er eiskalt war und ihn eine stille, düstere Leere auszeichnete, bestanden sie aus pulsierender Hitze und Fieber, aus wilder Fleischeslust in schwarzem Leder. Sie wusste, was sie waren.
    Soldaten. Barbarische Soldaten im Dienste eines Eiskönigs.
    Sie stand auf und wankte dabei ein wenig. Ihr war heiß, viel zu heiß. Ihr Gesicht war noch immer gerötet, und sie schwitzte. Es musste das viele Rennen gewesen sein. Normalerweise rannte sie so weit nur in Tiergestalt.
    Sie ging in die Küche, hielt ihre Handgelenke unter den kalten Wasserstrahl und spritzte sich dann kaltes Wasser ins Gesicht. Einen Moment lang stand sie so da und versuchte, wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Durch die Fenster im Wohnzimmer strömte die Sonne herein, die hoch am Himmel stand.
    Es

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