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Die verratene Nacht

Die verratene Nacht

Titel: Die verratene Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason , Joss Ware
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saß und sogar eine bezaubernde junge Frau im Arm hielt, fühlte er sich genauso abgetrennt von allen, wie Selena es zu sein schien.
    Und da ging ihm auf, dass er sich schon eine ganze Weile so gefühlt hatte. Länger, als ihm bewusst gewesen war. Seit Jahrzehnten: abgetrennt, losgelöst, ausgestoßen. Trotz seiner unglaublichen übersinnlichen Fähigkeiten, trotz der Tatsache, dass er aussah wie ein junger, topfitter Athlet auf dem Höhepunkt seiner Karriere, war er alleine. Gerade deswegen.
    Abgetrennt von Lou auf vielerlei Art, trotz ihrer Verbindung als Brüder. Denn Lou sah wenigstens aus, wie er war: ein alter Mann. Wenigstens verstanden die Leute, wer Lou war, nur indem sie ihn anschauten.
    Das traf nicht auf Theo zu. Er war eine einzige Lüge.
    Und obwohl er und Lou sich nahestanden, so eng miteinander verbunden waren, trennte sie etwas dennoch und immer noch ganz scharf voneinander. Allein.
    Die Sonne war schon halb hinter dem Horizont untergetaucht, was ihre untere Rundung flach machte und Strahlen von goldenem und rosigem Licht durch die fernen Bäume durchschießen ließ. Er sah, dass der rosig bronzene Nimbus eine Seite von Selenas Haar streifte, denn sie saß senkrecht zum Horizont. Eine Hälfte von ihrem Gesicht würde schon bald im Schatten liegen, während die andere Hälfte ihres Kopfes die letzten Sonnenstrahlen einfangen würde.
    Die Frau, die ihm das Leben gerettet hatte.
    Nein, die Frau, die ihn wieder ins Leben zurückgeholt hatte. Buchstäblich. Ihm schwirrte immer noch der Kopf davon.
    Wie lange lebte sie schon so, während um sie herum Leute starben? Wie lange führte sie schon ein Leben angefüllt mit dem Schmerz und der Verzweiflung von anderen ... und warum sonderte sie sich von den Lebenden ab? Wie schaffte sie es weiterzumachen, wenn sie jeden Tag den Tod sah, und wie schaffte sie es, immer noch frisch und positiv und optimistisch auszusehen? Er wollte mehr wissen. Er wollte die Geheimnisse dieser Frau ergründen, die ganz und gar nicht so aussah, wie sie wirklich war.
    Genau wie er selbst.
    In ihm entfaltete sich etwas, sacht und langsam. Ein zartes, langsames Verstehen, das sich zu einer Frage verdichtete, die sich nicht verscheuchen ließ: Wer bin ich?
    Als ob sie seine Aufmerksamkeit auf ihr spüren würde, blickte Selena zu Theo hin. Vielleicht trafen sich ihre Blicke, vielleicht streifte ihr Blick nur über ihn hinweg. Egal was nun davon, sie stand auf, lässig, plötzlich, schaute von ihm und dem Publikum weg.
    Nicht sehr groß, aber offensichtlich zielstrebig und auch recht kurvenreich in dieser schmalen Bluejeans und der losen Tunika. Mit langem, dichtem, braunem Haar, von dem die Spitzen jetzt durch die Sonne in Rosa und Bronze eingetaucht waren. Und selbst von hier aus konnte er die nackten Füße sehen.
    „Als die Prinzessin aus der Teetasse kletterte, fand sie sich in einer Welt aus Häusern wieder, die in leuchtenden Farben angemalt waren. Blau und gelb, Häuser mit rosa Fensterläden und grünen Dächern. Alles war ein Farbenmeer, als hätte man es mit einem superfröhlichen Regenbogen angemalt. Und die Häuser waren süße, große und fröhliche Cottages, in deren Fensterläden man kleine Herzformen eingeschnitten hatte und tellergroße Mohnblumen und Gänseblümchen führten neben dem Pfad zur Tür. Alles war drei Nummern größer als normal und so glücklich, dass die Prinzessin einfach lachen musste, während sie die Straße lang lief.“
    Theo musste jetzt wieder zu Vonnie blicken und irgendetwas kitzelte ihn ganz tief in der Erinnerung. Warum kam ihm das hier bekannt vor? Welche Geschichte erzählte sie gerade?
    „Es gab einen Platz, wo sie spielen konnte, mit einem kleinen Flugzeug, das durch die Luft kreiste – aber an einem fixierten Gleis entlang, so dass sie keine Angst zu haben brauchte. Es stieg hoch und dann wieder runter und sauste durch die Luft, durch eine fröhliche rote Scheune und wieder hinaus in den Sonnenschein. Die Prinzessin saß auf dem Vordersitz hinter dem blauen Propeller und schaute hinunter auf lange, leuchtende Reihen von Mais, während sie über ihnen dahinflog.“
    Jen beugte sich etwas zur Seite weg, um einem Freund etwas zuzuflüstern und Theo sah, wie sie sich untereinander etwas weiterreichten. Ein geflochtenes Armband, gefolgt von einer Flasche Wein. Mit funkelnden, lachenden Augen trank Jen und bot sie dann mit einem zarten Atemhauch gewürzt mit Weinaroma Theo an.
    Er trank auch etwas und bis er die Flasche wieder abgesetzt

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