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Die verratene Nacht

Die verratene Nacht

Titel: Die verratene Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason , Joss Ware
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selbst zu überlassen. Aber er hatte Recht: Er brauchte seine Hilfe hier vor Ort. Und – Grundgütiger – er war ein erwachsener Mann.
    Trotz der Tatsache, dass die Widerstandsbewegung Lous Lebensinhalt war und dass er stundenlang mit Theo (und Sage) arbeitete, um das Netzwerk zu entwickeln, um ein sehr lückenhaftes, aber ständig wachsendes Internet aufzubauen, und begann Kontakte zusammenzubringen, hatte er kein Leben außerhalb davon. Wenig Spaß und keine Abenteuer. Sicher, Theo war als der Teufelskerl bekannt – aber das war nur, weil er es so offen zur Schau trug.
    Es war schließlich Leo gewesen, der die Drähte für den Feueralarm neu verkabelt hatte, so dass sie exakt während der Halbjahresprüfungen ihres ersten High School Jahres losgingen. Und der eine Art Snowboard-Ski-Sprung vom Dach ihres Hauses in Seattle versucht hatte. Es stand auf der Seite von einem kleinen Hügel, was den Versuch absolut logisch machte ... so ähnlich hatten sie argumentiert, als ihre Eltern sie zur Rede stellten.
    Die meisten Menschen in Envy dachten, dass der alte Mann verrückt war, mit all seinem Gerede von Verschwörungen und Unterdrückung – entweder das, oder (was noch wahrscheinlicher war) die Leute wollten einfach nicht glauben, dass es wahr sein könnte. Oder, am allerwahrscheinlichsten, schlicht aus Angst, was passieren würde, wenn sie sich der Wahrheit stellten.
    Theo hatte diese Art von Nichtwissen, Angst und Apathie wieder und wieder beobachtet. Er hatte auch die Auswirkungen von Propaganda seitens mächtiger Organisationen gesehen – so wie es in Hitler-Deutschland passiert war, genau wie im Nordkorea des 21. Jahrhunderts vor dem Wechsel. Die Leute glaubten anderen alles und nahmen die unlogischsten, die falschesten Dinge für bare Münze, wenn man ihre Gedanken manipulierte und ihnen Informationen vorenthielt. Und die Fremden hatten so ihre Methoden, um beides zu erreichen.
    Also behielten Lou und die anderen ihre Theorien und ihr Wissen für sich, während sie still und leise ihr Netzwerk aus Computern und Kontakten in verschiedenen Siedlungen um Envy herum aufbauten.
    Und so beschloss Theo, regelmäßig mit seinem Bruder zu kommunizieren, bis er eintraf. Wenn er in einem Truck kam, konnte es sich nur um ein paar Tage handeln.
    In der Zwischenzeit hatte er heute Abend, nach dem Abendessen, etwas, auf das er sich freuen konnte.
    Daher wäre es eine glatte Untertreibung gewesen zu sagen, dass Theo enttäuscht war, als er sich zum Abendessen an einen Tisch ohne Selena setzte. Aber ... nun ja. Sie war nicht da und obwohl er, Sam, Frank, Tim (Tom?) und Vonnie alle ihre Plätze einnahmen, war nicht einmal ein Platz für sie eingedeckt. Aber die Tatsache, dass Jennifer offensichtlich mit ihnen aß – und das, so oft sie Selena half – störte ihn ganz und gar nicht.
    „Selena ist bei einem Patienten“, erklärte Vonnie, als ob sie seine Gedanken erraten hätte. Mit ihrer üblichen schwungvollen Art stellte sie eine große Schüssel auf den Tisch und der Löffel mit dem langen Stiel geriet ins Wanken und kippte aus der Schüssel auf den Tisch. „Zwei Neue heute, und dann hält Robert noch immer durch und sie denkt, dass er jetzt fast so weit ist, sich auch zu verabschieden.“
    Theo nickte und widerstand der Versuchung in Richtung Flur zu blicken, dorthin, wo das war, was er in seinen Überlegungen die Pflegestation nannte. Stattdessen nahm er den Löffel und ließ ihn wieder in eine Schüssel gleiten, die köstlich nach gerösteten Paprika und großen Karottenstücken duftete.
    „Das passiert wahrscheinlich sehr oft“, sagte er.
    „Jep“, erwiderte Sam. Sein Gesichtsausdruck – auch wenn er nicht so kühl war wie vorhin – war auch nicht das, was man warm nennen würde. „Die ganze Zeit. Wir sind alle daran gewöhnt.“ Genau das Gleiche mit seiner Stimme.
    Theo stellte sich vor, dass einem Sterbenden die Hand zu halten den leidenschaftlichen Gedanken, die Selena vielleicht gehabt hatte, womöglich sowieso einen Dämpfer verpasst hatte. Vielleicht ist es besser so. Es gab andere Dinge, die er tun könnte, bis der rechte Augenblick kam ... aber nicht, dass er nicht versuchen würde, sie nachher noch zu treffen. Ganz sicher nicht.
    Aber bis dahin könnte er sich problemlos die Zeit vertreiben. „Sie wird noch ein Weilchen beschäftigt sein“, sagte Vonnie und schaute Theo an.
    Die Botschaft kam bei ihm an, aber zu dem Zeitpunkt war ihm noch nicht klar, dass es drei Tage dauern würde, bis er Selena

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