Die verratene Nacht
sie ihm nicht vertraute.
„Also sind wir hierher gekommen. Nein, eigentlich haben wir Frank getroffen und er hat uns hierher gebracht. Das ist, warum wir nicht in Yellow Mountain wohnen und warum sie nicht so oft dahin geht. Je weniger die Leute über sie wissen, desto glücklicher ist sie. Für die ist sie nur die Todeslady. Nicht eine Zombie-Braut.“
Theo nickte jetzt, aber sein Magen hatte sich verdreht. Die Geschichte erinnerte ihn an die Hexenverfolgung von Salem – unschuldige Leute durch den Dreck gezogen und verurteilt, ja sogar ermordet, wegen einem Haufen von abergläubischen Menschen.
Er verstand aber immer noch nicht, warum Selena so drauf versessen war, den Zombies den Tod leicht zu machen. Warum sie ihr Leben riskierte, um ihnen zu helfen – als ob sie ihre Haustiere wären, die halt irgendwie komplett verwildert waren.
Es erinnerte ihn an einen ihrer Nachbarn, als er und Lou aufwuchsen. Mrs. Cloud hatte einen Rottweiler gehabt, der die Katze von einem anderen Nachbarn angegriffen und getötet hatte.
Theo und Lou hatten mit dem Rottweiler oft gespielt und hatten ihn sogar schon mit einer Katze zusammen gesehen, ohne das geringste Anzeichen von aggressivem Verhalten. Aber dieses eine Mal musste etwas passiert sein, was ihn provozierte, und der Hund hatte angegriffen. Das Gericht hatte angeordnet, dass der Hund eingeschläfert wurde, und obwohl Lou und Theo protestiert und Demos organisiert und Bittbriefe geschrieben hatten (das war alles vor der Zeit von Facebook und Twitter), hatte das Gericht sich durchgesetzt.
Der Katzenbesitzer feierte den Tod des Hundes, aber Mrs. Cloud und alle anderen, die Butch gekannt hatten, trauerten.
„Und Brandon? Was war mit Sam?“
Vonnie zuckte die Achseln. „Selena hätte ihn ganz sicher nicht in Niketown mit Brandon zurückgelassen, zur Hölle, nein! Und er hat sich mehr Sorgen um seine gesellschaftliche Stellung dort gemacht als um seine Familie. Es war keine schwere Entscheidung.“
Theo nickte. Das klärte ein paar Dinge. „Danke“, sagte er. „Dass du mir davon erzählt hast.“
Vonnie betrachtete ihn. „Jetzt will ich etwas von dir.“
Und wieder ganz die Glucke. Theo nickte noch einmal.
„Wie lange hast du denn vor, hier zu bleiben?“
„Hier? Hier oben?“, Theo zeigte auf das Zimmer.
Sie runzelte die Stirn, starrte ihn an und hämmerte doch tatsächlich in raschem Rhythmus mit dem Fuß auf dem Boden.
„Ach so, hier in Yellow Mountain.“ Er probierte es mit dem Grinsen, das bei seiner eigenen Mutter immer funktioniert hatte, und wurde von einem Zucken ihrer Mundwinkel belohnt. „Ich weiß nicht. Ich kann dir aber sagen, dass ich im Moment keinen Grund habe fortzugehen. Und ... ich habe das Gefühl, ich habe eine Menge Gründe noch zu bleiben.“
Vonnie schaute ihn an, dann packte sie das Tablett. Sie nickte einmal kurz, etwas abrupt. „Also gut dann, junger Mann.“ Dann schaute sie die Computer an und dann ihn. „Ich weiß nicht, was du hier oben treibst, und ich werde nicht danach fragen. Sei nur vorsichtig mit denen da. Die haben eine Menge Kummer verursacht.“
„Danke, Vonnie“, sagte er, als sie aus dem Zimmer ging.
Dann drehte er sich wieder zu dem Touchscreen-PC und starrte den an. Die haben eine Menge Kummer verursacht, aber sie hüten Geheimnisse. Zwangsläufig.
„Was ist Scheiße nochmal dein Geheimnis, Blizek? Bist du ihnen beigetreten? Hast du mitgeholfen die verdammte Welt zu zerstören?“, fragte Theo wütend, während er den großen Bildschirm anstarrte. „Bist du irgendwo am Leben mit einem verdammten Kristall in deiner Haut?“
Wütend begann er mit seinen Fingern auf dem Bildschirm herum zu fahren, tippte an, vergrößerte, stupste, und er schaute zu, wie Fenster sich öffneten und öffneten und öffneten, das eine im andern, oder dann wieder übereinander gestapelt. Er verließ den Bereich mit den Spiele-Prototypen und hörte auf zu versuchen, in den tiefsten Schichten der Sicherheit herumzusuchen.
Stattdessen tippte er Fotos und Mails und Videos an. Er schaute sich schlichte Dokumente an, und ein bisschen einfachen Code-Text.
Und dann sah er es. Er erstarrte am ganzen Leib und ihm wurde ganz kalt.
FALLS DIE WELT UNTERGEHT.
Eine .mov Datei. Ein Video.
Nicht einmal sehr gut versteckt. In der Tat: Er hätte es früher gefunden, wenn er nicht da drin herumgegraben hätte, was er für die wahre Fundgrube hielt.
Das Herz hämmerte ihm, als Theo draufklickte und sich plötzlich ein Video öffnete, den
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