Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verratene Nacht

Die verratene Nacht

Titel: Die verratene Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason , Joss Ware
Vom Netzwerk:
seit den schrecklichen Ereignissen nicht wieder die Adressatin für eine der üblichen Standpauken von Vonnie wegen ihrer nächtlichen Aktivitäten gewesen. Es schien eigentlich jeder um sie herum ausgesprochen freundlich und leise zu sein.
    Sie fragte sich wieso. Sie fragte sich – etwas verunsichert –, warum es sich wie die Ruhe vor dem Sturm anfühlte.
    Aber das Ereignis, das sie am meisten beunruhigte, geschah am dritten Tag, nachdem sie in ihrem Schlafzimmer aufgewacht war. Theo war beim Abendessen mal wieder abwesend und Selena war sich nicht sicher, ob sie erleichtert sein sollte, dass er ihr aus dem Weg zu gehen schien – vielleicht schon seine Abreise vorbereitete, wie sie ihm vorgeschlagen hatte – oder ob sie es doch zulassen sollte, dass in ihre Gedanken ein klein wenig Traurigkeit tröpfelte. Ganz ohne Frage kam sie sich ein bisschen verloren vor, aber versuchte gleich, sich das wieder auszureden.
    Es war nur eine Nacht gewesen.
    Aber sie vermisste ihn.
    Aber Theos Fehlen bei einer weiteren Mahlzeit war nicht, was sie beunruhigte. Es war die Art und Weise, wie Sam Jennifer jetzt anschaute und wie Jennifer ganz eindeutig zurückflirtete. Gott sei Dank war Frank taub, dachte sie, nach einer ganz besonders eindeutigen Doppeldeutigkeit.
    Es wurde schlimmer, als Selena – die das dringende Bedürfnis verspürte, nach dem Abendessen einen Spaziergang zur Gedankenklärung zu machen – aus dem Haus trat und gerade einen der Steinplattenpfade entlang lief und auf Sam und Selena in einer leidenschaftlichen Umarmung stieß.
    Sie befanden sich in einer kleinen, von Efeu überwucherten Gartenlaube außer Sichtweite des Hauses. Und Jennifers Hemd war hochgerutscht und gab den Blick auf einen glatten, nackten Rücken frei.
    Selena erstarrte und machte dann jede Menge raschelnder Geräusche in den Büschen. Da erschien abrupt Sams Kopf hinter Jennifers und sein Blick kreuzte den seiner Mutter. Seine Augen weiteten sich einen kurzen Moment lang und dann konnte sie tatsächlich sehen, wie er tief Luft holte.
    „Hallo, Sam“, sagte Selena, der es gelang, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. Was tust du da? Sie ist fast zehn Jahre älter ans du. Naja, vielleicht doch nur sechs oder sieben. Aber du bist zu jung für sie! In ihr drin schrie ihr wild durcheinander gerüttelter Verstand.
    Die zwei jungen Menschen hatten sich voneinander gelöst, aber Sams Arm war immer noch besitzergreifend und beschützend um Jennifers Taille geschlungen. Sein Gesicht war gerötet und seine Lippen geschwollen und feucht und er trug einen vorhersehbar vernebelten Gesichtsausdruck zur Schau. Jennifer hingegen nahm sich reichlich Zeit dabei, das T-Shirt wieder über ihre BH-freien Brüste zu streifen und der Blick, den sie Selena zuwarf, war nicht von der warmen Sorte. Noch verriet er Verlegenheit.
    Er sagte Wie du mir!
    Und auf einmal begriff Selena. Kalte Wut und Enttäuschung schlugen über ihr zusammen. „Sam, Frank war auf der Suche nach dir“, log sie ganz ohne Gewissensbisse.
    „Mom“, sagte er mit bewundernswert fester Stimme, als er die Verantwortung für seine Taten auf sich nahm. „Ich wollte nicht, dass du es auf diese Weise herausfindest.“ Er machte eine kleine Geste zu dem Mädchen, eine Art Knuddel-Stupser, und Selena fiel auf, dass er neben ihr so ... so jung aussah. Ihr Magen verdrehte sich.
    Während sie sich nicht einen Blick in Richtung Jennifer gestattete, fokussierte Selena sich ganz auf ihren Sohn. Ihren unschuldigen, gerade-mal-zum-Mann-gewordenen, fast siebzehnjährigen Sohn, der pepsverknallt in Jennifer gewesen war, seit er fünfzehn war. „Ich weiß“, erwiderte sie. „Vielleicht suchst du dir das nächste Mal einen etwas ungestörteren Ort.“ Es war wichtig, dass sie ihre Wut auf Jennifer nicht zeigte. „Kannst du dir vorstellen, was Frank oder Vonnie gesagt hätten, wenn sie dich gefunden hätten?“
    Er schaute kurz zu Jennifer und schenkte ihr ein so süßes, vertrotteltes Lächeln, dass eine Welle Übelkeit überall an Selenas Eingeweiden leckte. „Wir dachten nur, es wäre ein netter Spaziergang nach dem Abendessen und dann, naja, du weißt schon“, sagte er. Es lag Stolz in seinem Gesichtsausdruck und seiner Stimme. Schau her, wen ich habe. Wer mich will.
    Selena schluckte tief und schaffte es zu nicken. Sie wird dich bei lebendigem Leib auffressen. Sie würde später mit ihm offen und ehrlich hierüber sprechen. Fürs Erste musste sie das hier nur durchstehen, ohne der Frau die Augen zu

Weitere Kostenlose Bücher