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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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dass ihr glotzen sollt!«, schnauzt Andris uns an. »Geht dort rüber und macht weiter!«
    Es ist ein kleiner Nebenraum, in den er Fleming und mich schickt. Fleming entspannt sich merklich angesichts des räumlichen Abstands von den Prims und ich werfe ihm einen warnenden Blick zu. Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns unbeobachtet zu fühlen.
    Er beginnt, mit bloßen Händen lockeres Gestein wegzuheben. Das meiste ist mit einer schwarzgrauen Schicht bedeckt, mit getrocknetem Ascheschlamm. Die Arbeit ist schmutzig und in kürzester Zeit sind wir es auch. Ich frage mich, wie die Prims sich eigentlich waschen. Ob sie sich waschen. Wahrscheinlich wälzen sie sich einfach im Schnee.
    Unsere Ausbeute ist ein Witz. Eine Art Löffel, eine zerbrochene Kunststoffschüssel und Teile eines Geräts, bei dem wir uns nicht mal im Ansatz vorstellen können, wozu es gut gewesen sein mag.
    »Damit wurde früher ein bestimmtes Getränk zubereitet«, mutmaßt Fiore. »Das gibt’s heute aber nicht mehr. Versucht, Metall und Plastik zu trennen.«
    Ein Schrei unterbricht sie, vor unserer Ausgrabungsstätte bricht Tumult aus.
    »Feindclan!«, brüllt eine Stimme, Schnee und Steine knirschen unter hastigen Schritten.
    »Wo sind sie?«
    »Dort! Dort hinten, siehst du die Barrikade?«
    »Wie viele sind es?«
    »Duckt euch, sie haben Schleudern!«
    »Zehn oder zwölf!«
    »Das ist unser Territorium!«
    Schon beim ersten Schrei ist Andris aufgesprungen und aus dem Raum gestürmt, jetzt hört man ihn draußen Befehle brüllen. »Geht in Deckung! Die Bogenschützen vor! Achtet auf das Haus mit der Nummer elf, das haben wir für die Suche vorbereitet, das wird ihr Ziel sein!«
    Nur zu hören, dass Gefahr droht, ohne sie zu sehen, macht mich nervös. Ich will unseren kleinen, fensterlosen Raum verlassen, um nach draußen zu spähen, aber eine kräftige Hand auf meiner Schulter hält mich zurück.
    »Lass das, Fleming«, fauche ich.
    »An deiner Stelle würde ich hierbleiben.« Die Stimme ist weiblich, der Unterton belustigt. »An meiner Stelle übrigens auch. Es kann ziemlich unschön werden.«
    Ich drehe mich um, nicke, und Fiore lässt mich los.
    »Was passiert denn da draußen?«
    »Nichts Besonderes. Feindclan, wahrscheinlich Scharten.«
    Mein Gedächtnis liefert zuverlässig Informationen: Ich habe den Begriff zum ersten Mal gehört, als Milan die Scharten als die Mörder seiner Schwester bezeichnet hat. Das Bild der drei abgesägten Pfeile, die aus ihrem Körper ragten, lässt jede Neugier in mir verpuffen.
    Das Geräusch weiterer schneller Schritte. Etwas Schweres wird über den Boden geschoben, dann höre ich ein Sirren.
    »Unsere Leute sind die besseren Schützen«, erklärt Fiore seelenruhig. »Die Scharten sind wie Wölfe, aber weniger klug. Sie fühlen sich nur im Rudel wohl, leben von Aas, und wenn es eng wird, fressen sie sich gegenseitig.«
    »Aha.« Dass all diese Dinge aus meiner Sicht auf alle Prims zutreffen, behalte ich für mich. »Wieso heißen sie Scharten?«
    Fiore vollführt mit der flachen Hand eine sägende Bewegung. »Sie zählen getötete Feinde auf diese Art. Jeder trägt einen Talisman um den Hals und ritzt Kerben hinein. Für jede Leiche eine Scharte.«
    Das klingt hässlich. Ich frage mich, ob einer der Angreifer gestern eine frische Kerbe geschnitzt hat, für Maia.
    »Es gibt Clans, die zu überleben versuchen, indem sie Rohstoffe suchen, jagen und sogar Pflanzen anbauen«, fährt Fiore fort. »Und es gibt Raubclans. Schmarotzer. Sie kommen über die Runden, indem sie den anderen all das abnehmen, was diese sich hart erarbeitet haben. Meistens nehmen sie ihnen auch gleich das Leben. Die Scharten sind ein Raubclan, aber wenn sie denken, sie könnten uns ausnehmen, haben sie sich geschnitten.« Sie grinst über ihr eigenes Wortspiel und ich lächle mit. Es kann nicht schaden, zu einem der Prims ein besseres Verhältnis aufzubauen.
    »Im Prinzip«, sagt sie, während etwas Hartes und Schweres gegen die Wand neben uns knallt, »seid ihr Lieblinge auch ein Raubclan. Ein wirklich, wirklich großer.«
    Mir bleibt die Luft weg. Von wegen besseres Verhältnis, das Mädchen ist völlig irre. Bevor ich die richtigen Worte finden kann, macht Fleming seiner Empörung schon Luft.
    »Wir sind kein Clan«, erwidert er eisig. »Wir sind eine Zivilisation, die niemandem etwas nimmt, im Gegenteil. Hast du nie eins unserer Versorgungspakete erhalten? Alles, was wir zum Leben brauchen, stellen wir selbst her und versuchen

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