Die verschollene Flotte 04 - Gearys Ehre
als Captain der Warrior eine Inspiration für seine entmu-tigte Besatzung gewesen, und er hatte zu kämpfen verstanden.
»Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, damit er die Anerkennung bekommt, die er als befehlshabender Offizier der Warrior verdient. Captain Kerestes hatte damit nichts zu tun.« Einen Moment lang überlegte Geary, ob Kerestes wohl lange genug überlebt hatte, um zu denen zu gehören, die noch versucht hatten, das Schiff zu verlassen. Es war aber auch möglich, dass er in seinem Quartier gestorben war, als die Höllenspeere der Syndiks das Schiff durchbohrten. Es passte zu einem Mann, der seine Karriere dem Bemühen verschrie-ben hatte, jede Initiative zu vermeiden, die ihn womöglich schlecht dastehen ließ, dass er durch den Beschuss eines Feindes starb, dem es völlig egal war, ob Captain Kerestes’ Dienst-akte frei von jeglichen Fehlentscheidungen war.
»Und Captain Falco?«, fragte Rione.
Fast wäre er zusammengezuckt, als er an den geisteskran-ken Captain Falco denken musste, der sein Quartier nicht einmal hatte verlassen dürfen, als die Warrior ihren letzten Kampf austrug. Bislang hatte er nicht herausgefunden, wie Falco seine letzten Augenblicke erlebt hatte, und er wusste auch nicht, ob irgendjemand dazu etwas sagen konnte. »Ich habe gehasst, was dieser Mann getan hat, aber niemand hat es verdient, so zu sterben.«
»Wahrscheinlich war er völlig in seine Wahnvorstellungen eingetaucht«, überlegte Rione. »Bestimmt dachte er, dass er das Geschehen bestimmt und bis zum heldenhaften Ende kämpft, ohne zu ahnen, wie wenig er sein Schicksal in Wahrheit in der Hand hatte.«
»Machst du dich über ihn lustig?«, gab Geary zurück, ohne sie anzusehen.
»Keineswegs. Aber manchmal frage ich mich, wie sehr sich Falcos Wahnvorstellungen von dem unterscheiden würden, was du und ich tun.« Sie hielt kurz inne. »Faresa, Kerestes und Falco sind in der Schlacht gefallen. Wenigstens bleibt dir damit erspart, sie vor ein Kriegsgericht zu stellen, wenn wir heimkehren.«
Daraufhin ging sein Temperament mit ihm durch. »Verdammt, Victoria. Wenn du versuchst, einen Silberstreif am Horizont zu finden, dann bist du so auf dem falschen Weg! Ich wollte nicht, dass diese beiden Schiffe sterben, nur damit den dreien Gerechtigkeit widerfährt! Verdammt, ich weiß ja nicht mal, was für Falco eine gerechte Bestrafung wäre!«
Nach seinem Wutausbruch schwieg Rione eine Weile. »Ich weiß, du hast dir Unterlagen über Falcos Vergangenheit angesehen, aus der Zeit vor seiner Gefangenschaft in den Händen der Syndiks. Du hast seine Reden gesehen, in denen er seine angeblich so großartigen Siege feierte, bei denen Dutzende von Allianz-Schiffen zerstört worden waren, nur um bestenfalls genauso viele Schiffe der Syndiks zu vernichten. Glaubst du, er würde auch nur eine Sekunde lang den Verlust von ein paar Schlachtschiffen betrauern?«
»Darum geht es nicht«, konterte Geary verbittert.
»Nein, natürlich nicht. Du beurteilst dich selbst nicht im Verhältnis zu Leuten wie Falco.« Sie atmete tief durch. »Soweit ich das beurteilen kann, sind diese drei Offiziere tatsächlich auf ihren Schilfen ums Leben gekommen.«
Der Gedanke, es könnte nicht so gewesen sein, war ihm bislang noch gar nicht gekommen. »Gibt es einen Grund zu der Annahme, dass sie nicht ums Leben gekommen sind?«
Sie lächelte ihn humorlos an. »Ein argwöhnischer Geist.
Hätte Captain Faresa Zeit gehabt, dann wären ihre Sympathi-santen unter der Besatzung sicherlich auf die Idee gekommen, ihr die Flucht von der Majestic zu ermöglichen. Diejenigen, die Falco für ihre Zwecke benutzen wollten, könnten versucht haben, ihn von der Warrior zu schaffen, aber…« Wieder hielt sie inne. »Ein Narr und ein Verrückter. Aber sein letzter Akt bestand darin, sich zu weigern, die Warrior zu verlassen, als ihm die Gelegenheit dazu geboten wurde. Hast du davon nichts mitbekommen? Ein paar Augenzeugen haben überlebt. Falco erklärte, sein Pflichtgefühl verlange von ihm, auf der Warrior zu bleiben. Ob ihm wirklich klar war, was sich um ihn herum abspielte, kann man nicht wissen, aber man sollte von den Toten nicht schlecht reden, also können wir einfach annehmen, dass er es wusste.«
Geary fiel es nicht schwer, das zu glauben. Nur zu deutlich konnte er sich vorstellen, wie Captain Falco durch die zer-schmetterten Gänge der Warrior lief, während er mit einstu-dierter, zuversichtlicher Miene seinen Offizieren und Matrosen Mut zusprach,
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