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Die verschollene Flotte: Ein halber Sieg: Roman (German Edition)

Die verschollene Flotte: Ein halber Sieg: Roman (German Edition)

Titel: Die verschollene Flotte: Ein halber Sieg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Campbell
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aufgedreht, als dass er hätte schlafen können, verließ er sein Quartier und spazierte durch die Korridore der Dauntless , während die Crew der Morgenschicht sich daranmachte, ihren Dienst anzutreten.
    Die Leute mussten ihn sehen, sie mussten sehen, dass der Admiral Ruhe und Gelassenheit ausstrahlte. In Wahrheit fühlte er sich weder ruhig noch gelassen, aber es gehörte mit zu seinen wichtigsten Aufgaben als befehlshabender Offizier, nach außen hin diesen Eindruck zu erwecken. Machen Sie sich keine Gedanken darüber, ob die Matrosen Sie hin und wieder ein wenig besorgt dreinschauend sehen, hatte eine seiner Chief Petty Officers zu Geary gesagt, als er noch Lieutenant gewesen war. Das zeigt den Leuten, dass Sie klug genug sind zu wissen, wann es angebracht ist, ein wenig besorgt zu sein. Aber schauen Sie auch nicht zu besorgt drein, sonst werden sie glauben, dass Sie keine Ahnung haben, was Sie tun. Und vermeiden Sie bei all Ihren Vorfahren den Eindruck, als würden Sie sich nie über irgendetwas Sorgen machen. Dann wird die Crew Sie für einen Idioten halten. Diese Leute wissen, dass Offiziere auch nur Menschen sind, und jeder Mensch, der auch nur annähernd bei Verstand ist, weiß, dass es Situationen gibt, in denen man sich einfach Sorgen machen muss. Aber solange Sie den Anschein erwecken, dass Sie wissen, was Sie tun, werden sie Ihnen auch folgen.
    Der Gedanke an diese Frau, die vermutlich vor achtzig oder mehr Jahren in den ersten Jahrzehnten des Kriegs gegen die Syndiks ihr Leben verloren hatte, ließ Geary wehmütig lächeln. Master Chief Gionnini hier in der Flotte trug zwar einen anderen Nachnamen, dennoch konnte er ein Nachfahre von Senior Chief Voss sein. Auf jeden Fall schien er die gleichen Gene zu besitzen, die Voss für den damaligen Lieutenant Geary so unverzichtbar – aber auch zu einer ständigen Quelle der Unruhe – gemacht hatte.
    Die Crewmitglieder im Korridor sahen Gearys Lächeln, und sofort wich ihre besorgte Miene einem siegesgewissen Gesichtsausdruck. Der Admiral hatte die Situation offenbar im Griff. Schon gut, dass auf diesem Schiff lediglich Desjani meine Gedanken lesen kann, überlegte er ironisch.
    Sein Spaziergang führte ihn an den Gebetsräumen vorbei, wo die Matrosen und Offiziere in Ruhe ihren Glauben praktizieren konnten. Er entschied sich für eine der winzigen Kammern und setzte sich, dann zündete er die bereitstehende Kerze an. Vorfahren, helft mir, die richtige Entscheidung zu treffen. Welche Bitte konnte er sonst noch äußern? Aber vielleicht sollte er nicht immer nur um irgendetwas bitten, wenn er herkam. Ich danke euch dafür, dass ihr uns geholfen habt, so weit vorzustoßen.
    Eben wollte er aufstehen, da fiel Geary noch etwas ein und er blieb sitzen. Commander Michael Geary. Wir wissen noch immer nicht, ob Sie ums Leben gekommen sind, als Ihr Schiff Repulse zerstört wurde. Sind Sie jetzt bei unseren Vorfahren? Er versuchte eine Antwort wahrzunehmen, doch er spürte nichts. Ihre Schwester, meine Großnichte, verhält sich sonderbar, und ich habe keine Ahnung, was mit ihr los ist. Das ist bei ihr mehr als nur ein leicht aggressiveres Verhalten, wie es sonst schon mal üblich ist. Es ist ein Symptom für irgendetwas anderes – bloß was? Wenn Sie es wissen sollten, helfen Sie mir bitte, es zu verstehen.
    Und wenn Sie noch leben und sich in der Gefangenschaft der Syndiks befinden, dann werde ich Sie finden und befreien. Ich werde nichts unversucht lassen, das verspreche ich Ihnen.
    Anschließend kehrte Geary in sein Quartier zurück. Er fühlte sich noch immer wie gerädert. Die Gedanken an seine Großnichte und seinen sehr wahrscheinlich toten Großneffen, beides Nachfahren seines Bruders, der vor langer Zeit als alter Mann gestorben war, hatten Erinnerungen an damals wach werden lassen. Einmal mehr lastete die Vergangenheit zentnerschwer auf seinen Schultern, ihm verging das Lächeln, weil er an all jene denken musste, die in dem Jahrhundert gestorben waren, das er im Kälteschlaf verbracht hatte. Zum Glück lag noch viel Arbeit vor ihm, die ihn von diesen düsteren Gedanken ablenken konnte.
    In seinem Quartier eingetroffen, blätterte Geary in den Nachrichten, die seit dem letzten Abruf aufgelaufen waren und darauf warteten, von ihm gelesen zu werden. Als Befehlshaber der Flotte erreichten ihn jeden Tag gleich Hunderte von Mitteilungen, doch nur ein Bruchteil davon betraf wirklich wichtige Dinge, die eine Entscheidung von seiner Seite erforderten. Um aber die

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