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Die verschollene Karawane

Titel: Die verschollene Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ackermann
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flogen durch die Luft. Männer schrien. Schüsse fielen. Seyoum duckte sich und rannte wie ein fronterfahrener Soldat gebückt um das Auto herum auf Jahzara zu. Er stürzte sich auf seine Tochter und riss sie zu Boden. Noch mehr Männer schrien. Die Gärtner warfen ihre Wasserschläuche zur Seite. Plötzlich hatten sie Waffen in der Hand und rannten auf das Hotel zu. Ein schmächtiger Afrikaner mit riesigen Augen lief auf ihren Wagen zu. Er hielt eine Maschinenpistole in seinen Händen. Aus dem Augenwinkel heraus sah Peter, wie Seyoum sich über seine Tochter beugte. Jahzara war leichenblass, ihre Augen hatten einen Ausdruck voller Panik. Der Mann mit der Maschinenpistole hechtete in einem riesigen Satz auf Seyoum zu, rollte sich ab und kniete sich schützend, die Waffe im Anschlag, vor ihn und Jahzara.
    Dem Staub der Explosion folgten Rauchschwaden, die aus einem der Zimmer des Gästetraktes kamen. Befehle hallten durch den Garten. Überall waren Hotelangestellte mit Waffen in den Händen.
    Peter lag auf dem Boden neben dem Wagen. Entgeistert starrte er zum Hotel. Eine Gruppe von bewaffneten Männern zerrte soeben einen fast unbekleideten Mann mit heller Haut und sehr unmodernen Unterhosen aus dem Gebäude. Der Weiße blutete an der linken Schulter. Man hatte ihm eine Kapuze über den Kopf gezogen und zerrte ihn brutal über den Innenhof zu einem wartenden Kübelwagen ohne Scheiben.
    Wenige Minuten später war der Spuk zu Ende. Letzte Rauchschwaden zogen durch den Garten Richtung Tanasee. Ein Zivilist kam aus dem Hotel. Er trug mehrere schwarze Kleidungsstücke in der Hand.
    Jahzara lag noch immer auf dem Boden. Sie wandte ihren Kopf zu ihm, und Peter konnte sehen, dass auch sie erkannt hatte, was der Zivilist in der Hand hielt: die Kleidung eines Priesters.

12.
     
    I ntuitiv spürte Peter, dass der Mann am Nebentisch ein Russe war. Der etwa 50-jährige, mürrisch dreinblickende Weiße mit dem breiten Kinn trug zivile Kleidung, saß aber mit drei äthiopischen Soldaten im Hotelrestaurant zusammen. Die Rangabzeichen der Äthiopier ließen vermuten, dass es hochrangige Offiziere waren. Die Stimmung unter den Männern schien nicht sonderlich gut zu sein. Alle starrten schweigend auf ihre Teller.
    Jahzara erhob sich. »Ich muss mal auf mein Zimmer. Bitte esst weiter.«
    Peter nutzte die unerwartete Gelegenheit, um ungestört mit Jahzaras Vater sprechen zu können. »Ich wusste gar nicht, dass es in Äthiopien noch russische Militärberater gibt.«
    Seyoum hielt beim Essen inne, blickte kurz zum Nachbartisch und sagte leise: »Peter, da du dich meines Wissens in Äthiopien, nein, ich meinte natürlich in Eritrea, recht gut auskennst und schon mal mit einigen, nennen wir sie mal Gesinnungsgenossen, hier warst, solltest du wissen, dass es zwischen dem äthiopischen Volk und Moskau seit jeher ideologische Gemeinsamkeiten gab – und immer noch gibt!«
    Peter schluckte betroffen. Damit hatte er nicht gerechnet. Die Äthiopier wussten offensichtlich über seinen Aufenthalt bei der eritreischen Befreiungsfront Bescheid. Wahrscheinlich hatte Jahzaras Vater Kontakte zum äthiopischen Geheimdienst genutzt, um Erkundigungen über ihn einzuziehen. Vielleicht war das der Grund für Jahzaras Distanziertheit. Er versuchte, durch Ehrlichkeit einer kontroversen Diskussion auszuweichen.
    »Ich habe damals für ein linksliberales Blatt geschrieben, deswegen war ich in Eritrea. Was ich damals dachte und schrieb, dazu stehe ich auch heute noch.« Peter schaute Seyoum direkt in die Augen. Er rechnete mit einem Eklat.
    Aber Seyoum reagierte anders als erwartet. »Keine Sorge, Peter. Ich kreide dir das von damals nicht an. Ich habe mich nur ein wenig über dich kundig gemacht, weil ich gerne weiß, zu welchen Menschen ich uneingeschränktes Vertrauen haben kann und zu wem nicht. Wissen ist Macht. Und Wissen erspart dir unangenehme Überraschungen. Tut mir aufrichtig leid, Peter, dass ich in deinem Leben herumgeschnüffelt habe. Aber es geht um die Sicherheit meiner Tochter – um ihr Leben! Dennoch unterstütze ich Jahzara und dich bei dieser Sache, an der ihr jetzt dran seid, denn wie schon im 15. Jahrhundert, so ist auch heute noch Äthiopien nur ein Spielball der Großmächte.«
    Peter war ebenso erleichtert wie sprachlos. Die Befürchtung, seine Vergangenheit könnte zum Zerwürfnis mit Jahzara führen, hatte sich in kürzester Zeit zerschlagen. Er mochte diesen klugen, charismatischen Mann irgendwie.
    Seyoum schaute sich kurz zu den

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