Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verschollenen

Die Verschollenen

Titel: Die Verschollenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
Vom Netzwerk:
würde er durch Treibsand laufen. Staub
und lose Steinchen schlugen ihm ins Gesicht, und er kniff die Augen zusammen, um sie zu schützen. Seine Nase und seine Lippen waren trotz des Regens heiß und trocken. Stuart schaute noch einmal zurück. Die anderen drängten sich aneinander und beobachteten, wie er ging. Keiner von ihnen trat vor, um mit ihm zu gehen. Er drehte sich um und kämpfte sich langsam Richtung Pfad vor.
    Die Sicht war gleich null, und das Gelände wurde immer tückischer. Der Boden war überflutet und glitschig, jeder Schritt wurde zur Qual. Entschlossen blinzelte Stuart sich das Wasser aus den Augen und versuchte, etwas zu erkennen. Beim nächsten Blitz entdeckte er den Pfad. Der Weg war bereits teilweise vom fließenden Wasser abgetragen worden. Er merkte sich die Stelle und hielt darauf zu.
    Dass er jetzt draußen im Sturm unterwegs war, beruhigte seine Ängste keineswegs. Vielmehr verschärfte die Situation sie. Stuart versuchte sich einzureden, dass Mark und Jesse dasselbe für ihn getan hätten. Eine nagende Stimme am Rande seines Bewusstseins flüsterte ihm jedoch ein, dass er sich etwas vormachte und sie ihn seinem Schicksal überlassen hätten. Um diese Zweifel zum Schweigen zu bringen, dachte er an die sechs vermissten Kandidaten. Der Sender würde seine Suchaktion sicher zu schätzen wissen. Vielleicht würde man ihn sogar dafür belohnen, dass er seine Pflichten so über alle Maßen ernst nahm.

    Wenn er das hier überlebte.
    »Verdammte Scheiße. Fick dich, Ivan.«
    Er stapfte bis zum Rand des Camps, wo der Boden wieder fester wurde, und stolperte dann in die Nacht hinein, in der verzweifelten Hoffnung, dass er nicht zu weit gehen müsste und es nicht bereits zu spät war.
    Als der nächste Blitz den Dschungel erhellte und er erneut eine Bewegung in den Schatten wahrnahm, zuckte Stuart heftig zusammen. Doch nach dem ersten Schreck besserte sich seine Laune, und er hoffte, wenigstens einen der Vermissten gesehen zu haben. Ein zweiter Blitz zeigte nichts außer Bäumen und Schlingpflanzen. Er sagte sich, dass er es sich wohl doch eingebildet hatte. Seine angespannten Nerven spielten ihm Streiche. Er stieg über einen umgestürzten Baum, der den Pfad blockierte, legte die Hände um den Mund und rief nach Mark und Jesse.
    Dann wurde Stuart klar, wie sinnlos seine Versuche waren. Jerry hatte ihn nicht verstanden, als er nur knapp einen Meter von ihm entfernt gesessen hatte. Wie sollten ihn da die beiden vermissten Crewmitglieder hören können?
    Er kam an dem Lagerschuppen vorbei und warf einen schnellen Blick in die Ruine, da vielleicht jemand dort Schutz gesucht hatte und verletzt worden war, als der Baum auf den Schuppen krachte. Das eingestürzte Gebäude war leer. Er ging vorsichtig
weiter, immer auf der Suche nach einer Spur der Verschollenen.
    Dabei bemerkte er nicht, wie sich die Schatten von den Bäumen lösten, ihm folgten und sich immer näher an ihn heranschlichen.

ZWÖLF
    R oberta biss sich auf die Lippe, als die nächste dornige Ranke gegen ihre Wange schlug, die Haut aufritzte und eine dünne Blutspur hinterließ. Sie zuckte zusammen, gab aber keinen Ton von sich. Sie wusste nicht, ob die Monster - was auch immer sie waren - sie weiterhin verfolgten, aber sie wollte trotzdem nicht schreien und ihnen damit verraten, wo sie war. Als sie ihre Wange berührte, wurden ihre Finger klebrig. Doch als sie erneut nach dem Schnitt tastete, hatte der Regen das Blut bereits abgewaschen. Sie kämpfte sich weiter, und sofort zerkratzte ihr ein Dorn das nackte Fußgelenk.
    »Aua!«
    Sie blieb stehen, lehnte sich gegen einen breiten Baumstamm und rang um Atem. Sie hatte das Gefühl, als würden zwei riesige Fäuste ihre Lunge zerquetschen. Ihr Puls dröhnte im Rhythmus der Donnerschläge in ihren Schläfen. Sie lauschte auf eventuelle Verfolger, aber der Sturm übertönte alle Geräusche. Sie glaubte, das seltsame, trillernde Heulen der Kreaturen zu hören, entschied dann aber, dass es doch nur der Wind war. Keuchend zog sich
Roberta den Dorn aus dem Knöchel. Dann rannte sie weiter.
    Ihr Verstand war irgendwie schwammig, und es fiel ihr schwer, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf ihre Flucht. Sie überlegte, ob sie sich verstecken sollte, entschied sich aber dagegen. Diese Wesen waren offenbar mit dem Dschungel vertraut - immerhin mussten sie auf der Insel leben -, und sie zeigten zumindest eine rudimentäre Intelligenz. Sie hatten das Terrain besser gekannt als sie. Was waren

Weitere Kostenlose Bücher