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Die Verschollenen

Die Verschollenen

Titel: Die Verschollenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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geht dich das an?« Stuarts Vorsicht wurde von Wut verdrängt. »Warum tut ein Stahlarbeiter, was er tut? Oder ein Pizzabäcker oder ein Börsenmakler? Das ist mein Job, ich bin gut darin, und ich werde dafür bezahlt. Damit verdiene ich mir meinen Lebensunterhalt. Ich habe einen verdammten Emmy gewonnen, Mann. Und was hast du erreicht?«
    »Ich? Das ist leicht. Ich werde die Welt retten.«
    Die unerschütterliche Überzeugung in Matthews sachlicher Stimme jagte Stuart eine Heidenangst ein. Trotz der psychologischen Tests und Fragebögen war dieser junge Mann offensichtlich psychisch gestört und hatte nun eine Art Zusammenbruch erlitten - vielleicht durch den Druck des Wettbewerbs oder den Kulturschock oder sonst was. Aber diese Erkenntnis ließ in Stuart nur noch mehr Fragen auftauchen. Er wusste immer noch nicht, was in den vergangenen Stunden passiert war, und er musste es herausfinden, bevor die Situation noch weiter eskalierte und endgültig außer Kontrolle geriet.
    »Matthew.« Er sprach leise und versuchte, möglichst
gelassen zu klingen. »Hör mal, vielleicht haben wir beide einfach auf dem falschen Fuß angefangen. Lass uns tief durchatmen. Offensichtlich bist du ziemlich aufgewühlt, aber wir müssen nicht so weitermachen. Beruhig dich erstmal. Tut mir leid, dass ich das alles zu dir gesagt habe. Ich habe es nicht so gemeint.«
    Matthew lachte. Er packte den Bambusspeer fester. Von der scharfen Spitze tropfte Wasser.
    Stuart fuhr fort: »Hier passieren schlimme Sachen. Schau - wie du sehen kannst, ist Roberta tot. Einige von den anderen sind verschwunden. Weißt du, was hier los ist? Hast du jemand von den anderen gesehen? Shonette und Ryan. Richard und Sal. Und Mark und Jesse. Die beiden sind doch mit dir losgezogen, oder? Weißt du, wo sie sind?«
    Matthew antwortete nicht. Er starrte Stuart an, ohne zu blinzeln. Stuart musste an eine Eidechse denken.
    »Weißt du, wer das getan hat?« Stuart zeigte auf Robertas Leiche. »Falls ja, musst du es mir sagen.«
    »Monster.«
    »Was?«
    »Monster«, wiederholte Matthew und deutete mit der Speerspitze auf Roberta. »Sie hat mich ein Monster genannt. Aber sie hatte Unrecht. Ich bin kein Monster. Du schon. Du und alle Leute, die so sind wie du.«
    Stuart trat einen Schritt zurück und bereitete sich
darauf vor, loszurennen. Das klang gar nicht gut. Ihm fiel auf, wie hektisch Matthew atmete.
    »Hey«, meinte er, »rede doch keinen Stuss, Mann. Wir finden schon eine Lösung. Beruhige dich einfach. Niemand auf dieser Insel ist ein Monster.«
    »Da liegst du falsch.«
    Matthew spannte sich an, und Stuart ahnte, was als Nächstes kommen würde. Für einen Moment erwog er, sich auf das Taschenmesser zu stürzen, das in Robertas Brust steckte, aber dann fiel ihm ein, dass es ihm nicht gelungen war, es herauszuziehen. Wenn er es jetzt versuchte, würde Matthew ihn aufspießen. Er holte tief Luft, ballte wieder die Fäuste und bereitete sich auf den Angriff vor. Aber der erfolgte um sie herum, nicht durch Matthew.
    Plötzlich raschelten die Pflanzen, und mindestens ein Dutzend - vielleicht sogar mehr - verschwommene, gekrümmte Gestalten sprangen auf den Pfad und umzingelten sie. Völlig unbewusst drängten sich Stuart und Matthew aneinander, Rücken an Rücken. Ohne einen Blitz, der die Szene beleuchtet hätte, konnten sie keine Details erkennen, außer, dass die Angreifer klein und bullig waren und schrecklich stanken - wie ein feuchter Keller voller toter Mäuse und schimmeliger Zeitungen. Die Neuankömmlinge schlossen die Reihen und kamen näher. Sie bewegten sich völlig lautlos.
    »Wer ist da?«, rief Stuart herausfordernd. »Mark, bist du das, Mann?«

    Matthew blieb stocksteif stehen und drängte sich an ihn. Pfeifend stieß er den Atem durch die Nase aus.
    »Jesus«, flüsterte Stuart dann. »Die riechen wie der Mageninhalt eines Gorillas.«
    »Nein«, murmelte Matthew, »die riechen nach Tod.«
    »Halt die Klappe.«
    Einer der Angreifer zischte, und Stuart sah weißgelbe Zähne in der Dunkelheit aufblitzen.
    »Wer seid ihr?«, fragte er wieder. »Was wollt ihr? Seid ihr verletzt?«
    Die Antwort war kehlig und völlig unmenschlich - aber es war trotzdem eindeutig eine Sprache. Stuart erinnerte es an einen Affen, der versuchte, sich zu artikulieren.
    »Jesus Christus! Was ist das? Was sind die?«
    »Monster«, erwiderte Matthew. »Roberta hatte also doch Recht. Aber ich auch. Ich bin nicht das Monster. Die sind die Monster.«
    Ohne auf ihn zu achten, wanderte

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