Die Verschollenen
Stuarts Blick zu dem Satellitentelefon, das noch immer auf dem Boden lag. Das Display leuchtete, und er fragte sich, ob nach wie vor jemand in der Leitung war und die Situation belauschte. Falls ja, würde er dann verstehen, was hier vorging? Zumindest genug, um Hilfe zu schicken?
Die verschwommenen Gestalten kamen näher und blieben nur stehen, um Robertas reglose Gestalt
zu untersuchen. Eine hockte sich hin und schnüffelte. Der Wind drehte, und Stuart zuckte zusammen. Schnell wandte er das Gesicht ab, um dem fauligen Gestank zu entgehen.
»Jesus«, murmelte er wieder. »Was ist das?«
»Das ist das Ende«, sagte Matthew.
Der Gestank wurde schlimmer.
»Was sind die?«, fragte Stuart noch einmal.
Als ein Blitz über den Himmel zuckte und den Pfad vorübergehend in helles Licht tauchte, bekam Stuart seine Antwort. Er sah es nur zu genau, und was er sah, ließ ihn aufschreien.
Matthew begann zu lachen.
Mit einem einstimmigen Heulen griffen die Kreaturen an.
Matthews Lachen verwandelte sich in Geschrei. Stuarts Schreie wurden zu einem Flehen.
Dann wurden beide zum Schweigen gebracht.
Auf dem Boden drang weiter eine leise Stimme aus dem Satellitentelefon: »Hallo? Stuart? Ist da jemand? Falls ihr mich hören könnt: Der Meteorologe sagt, der schlimmste Teil des Sturms sei vorbei. Innerhalb der nächsten Stunde sollte alles gelaufen sein. Dann solltet ihr es überstanden haben. Könnt ihr mich hören? Hallo? Verdammt noch mal, warum antwortet keiner?«
FÜNFZEHN
S eufzend stellte Brett Heffron seinen Plastikbecher mit Kaffee auf die Konsole, rückte sein Headset zurecht und versuchte es noch einmal.
»Hallo? Stuart, wenn du mich hören kannst, drück eine Taste am Telefon. Dann höre ich das Piepen, selbst wenn ich dich nicht hören kann.«
Er wartete, hörte aber nur statisches Rauschen. So ging das jetzt schon seit fünf Minuten, seit er den Anruf von der Insel reinbekommen hatte. Am Anfang hatte er kurz gemeint, Stuarts Stimme zu hören, aber dann hatte es nur noch gerauscht. Laut Anzeige war die Verbindung stabil, aber irgendetwas - wahrscheinlich der Sturm - störte den Ton. Er drehte die Lautstärke auf, passte den Klang an und versuchte die Hintergrundgeräusche rauszufiltern, aber nichts davon verbesserte die Tonqualität. Er hörte nur vereinzelte Geräuschfetzen - eine Silbe, ein halbes Donnern, den zischenden Regen.
Und dann war da für einen Moment etwas, das klang wie ein wildes Tier, was natürlich unmöglich war, da auf der Insel keine Säugetiere beheimatet waren.
Es quiekte und brüllte. Dann kehrte das Rauschen zurück.
»Das war ja mal eine abgefahrene Rückkopplung«, murmelte er.
Das Schiff rollte, und sein Magen hob sich. Brett litt eigentlich nicht unter Seekrankheit, aber die Wellen, die der Sturm erzeugte, waren größer als alles, was ihm bisher begegnet war.
»Hallo? Stuart, bist du dran? Ich sage es noch mal: drück irgendwelche Tasten, wenn du mich hören kannst.«
Wieder ein Quieken, dann Rauschen.
Brett trug ein Headset mit Mikrofon, und seine Ohren schwitzten langsam unter den mit Schaum gepolsterten Kopfhörern. Obwohl die anderen Techniker immer darauf bestanden, das Equipment kühl zu halten, hatte Brett die Heizung aufgedreht, als der Sturm losgebrochen war. Jetzt war es in der Funkerkabine drückend heiß. Er machte sich eine gedankliche Notiz, die Heizung runterzudrehen, wenn er das nächste Mal aufstand.
Er versuchte noch einmal, die Regler anzupassen, dann sagte er: »Stuart oder wer auch immer da ist, ich weiß nicht, ob ihr mich hören könnt, aber ich höre euch nicht. Versucht es doch mal von einem anderen Standort. Ich wiederhole: Die Meteorologen sagen, dass der Sturm fast vorbei ist. Ivan befindet sich auf dem Rückzug. Haltet noch ein bisschen durch. Schiff Ende.«
Er legte einen Schalter um, beendete die Verbindung und nahm das Headset ab. Er warf es auf die Konsole und schob sich dann die kleinen Finger in die Ohren, um Schweiß und Ohrenschmalz zu entfernen. Der Computermonitor vor ihm schaltete von der angefangenen Partie Solitär auf den Bildschirmschoner um. Er klickte mit der Maus, um das Spiel wieder zu aktivieren, dann nahm er noch einen Schluck Kaffee.
»Urgh … scheiße.«
Er zog eine Grimasse. Der Kaffee war sowieso lediglich lauwarm gewesen, aber jetzt eiskalt geworden, und der Kaffeeweißer hatte sich in einen schleimigen Klumpen verwandelt.
Er versuchte, seine E-Mails zu checken, um zu sehen, ob irgendwelche Nachrichten von seinen
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