Die Verschollenen
geirrt.«
Gina grinste.
»Was?«, fragte Brett irritiert.
»Das einzige Schwein hier im Umkreis bist du - glotzt mir jedes Mal auf den Hintern, wenn ich mich umdrehe. Ich schwöre bei Gott, Brett, du bist noch schlimmer als Mr. Thompson.«
Seine Ohren begannen zu glühen, doch dann erkannte er, dass sie ihn nur ärgern wollte.
»Was soll ich sagen? Es ist eben ein wesentlich schönerer Anblick als alles andere auf diesem Seelenverkäufer.«
Sie zwinkerte ihm zu. »Da hast du allerdings Recht. Und ich werde dir jetzt dasselbe sagen, was ich Roland gesagt habe, als er das letzte Mal zugreifen wollte: Anschauen erlaubt, anfassen nicht.«
»Wo ist Mr. Thompson überhaupt? Ich habe ihn die ganze Nacht nicht gesehen.«
»Er hat es sich in seiner Kabine gemütlich gemacht, mit einem der neuen Praktikanten.«
»Das passt. Was denn diesmal, Mädchen oder Junge?«
»Keine Ahnung, ist mir auch egal. Solange er seine widerlichen Pfoten von mir lässt, kann er schlafen, mit wem auch immer er will. Es ist ja nicht so, als würde es ihm an Nachschub mangeln. Die vom
Sender versorgen ihn ja regelmäßig mit neuen Eroberungen.«
»Hast du schon mal daran gedacht, einem von den Klatschblättern oder den Promiwebseiten einen Tipp zu geben? Ich wette, die würden gutes Geld bezahlen, wenn man ihnen Bilder von seinen Spielgefährten liefert.«
»Keine Chance«, meinte Gina, »ich brauche diesen Job.«
»Ja, ich auch.«
»Tja, sind wir nicht ein hübsches Paar?« Plötzlich machte das Schiff einen Ruck nach Steuerbord, und Bretts Kaffee fiel auf den Boden. Gina konnte ihren gerade noch festhalten, bevor er ebenfalls umfiel, aber die heiße Flüssigkeit spritzte hoch und verbrühte ihr Daumen und Zeigefinger.
»Aua!«
»Verdammte Scheiße.« Brett hob den eingedellten Plastikbecher auf und warf ihn in den überquellenden Mülleimer. Dann holte er eine Rolle Küchenpapier aus dem Vorratsschrank und wischte die Sauerei auf.
Gina lutschte an ihren Fingern. »Willst du den Rest von meinem haben?«
»Nein, ist schon okay. Ich hole einfach einen neuen. Aber wir brauchen hier drin echt eine Kaffeemaschine. Wenn man sich überlegt, was die Werbepartner für einen Dreißigsekundenspot hinblättern, sollte man doch wohl meinen, dass der Sender eine
springen lässt.« Wieder wurde das Schiff von einer mächtigen Welle angehoben. Brett und Gina hörten, wie auf dem Gang etwas krachte und durch den Flur rollte.
»Was auch immer das war«, meinte Gina, »es hätte besser gesichert werden sollen. Lesen die Leute denn ihre Memos nicht?«
»Ich dachte, der schlimmste Teil des Sturms wäre schon vorbei? Das fühlt sich aber ganz und gar nicht so an.«
»Ist er aber«, erwiderte Gina. »Das sind nur noch die letzten Ausläufer. Ich bin auf dem Weg hierher bei den Meteorologen vorbeigegangen. Ivan sollte innerhalb der nächsten Stunde komplett abgezogen sein. Wir haben nicht mal das Schlimmste abgekriegt. Das Zentrum lag ungefähr hundertfünfzig Kilometer nördlich von unserer Position.«
»Weißt du von irgendwelchen Schäden?«
»Die Globe Corporation hat ungefähr dreihundert Kilometer nordwestlich von hier eine Ölplattform verloren. Und ich habe gehört, wie sich die anderen über einen Notruf von einem indonesischen Fischerboot unterhalten haben. Aber ansonsten habe ich nichts mitgekriegt.«
»Tja, ich hoffe nur, dass die Leutchen auf der Insel in Ordnung sind.«
»Ja.« Gina nickte ernst. »Das hoffe ich auch. Stell dir das nur mal vor - riskieren da ihr Leben, nur um ins Fernsehen zu kommen.«
»Na ja, fairerweise muss man sagen, dass sie nicht wissen konnten, dass ein Wirbelsturm kommen würde.«
»Mag sein. Aber sie haben trotzdem unterschrieben, oder nicht? Diese Show läuft jetzt schon lange genug, da sollten sie wissen, dass sie mit allem rechnen müssen. Sie haben alles zurückgelassen - ihre Familien, ihr Zuhause, ihre Jobs -, alles auf Pause geschaltet, nur für die Chance, eine Million Dollar zu gewinnen. Aber es geht dabei gar nicht ums Geld, oder? Es geht darum, berühmt zu werden. Ins Fernsehen zu kommen. Um die Hoffnung, daheim auf der Straße erkannt zu werden oder das Angebot für einen Hustensaftwerbespot zu bekommen. Also, wenn du mich fragst, ist das eine ganz schön oberflächliche Lebenseinstellung.«
»Wow.« Brett war verblüfft. »So habe ich dich ja noch nie reden gehört. Ich hatte keine Ahnung, dass dich das so beschäftigt.«
Gina zuckte mit den Schultern. »Ich sage nur, dass sie sich
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