Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole
ist geradezu unheimlich. Sie könnten gegenseitig als Doppelgänger durchgehen. Steckt Mr Hague in Strampler, Babyschühchen und Wollmütze, und er ist die leibhaftige Verkörperung des kleinsten Blair. Haben Cherie und Hague wasserdichte Alibis für den Tag, an dem Leo gezeugt wurde? Es würde mich nicht überraschen, wenn Mr Blair in ebendiesem Augenblick eine tränenüberströmte Mrs Blair auf ihrem Landsitz Chequers zur Rede stellt. Und Ffion muss inzwischen ein Foto von Leo gesehen und die eheliche Treue ihres Gatten infrage gestellt haben.
Meine Mutter teilt meinen Verdacht – in unserer Familie gibt es diverse Kinder, bei denen die Vaterschaft nach
wie vor im Dunkeln liegt. Ich an Mr Blairs Stelle würde auf der Stelle einen DNA-Test verlangen. Wie kann er sich auf die Staatsgeschäfte konzentrieren oder seinem konservativen Kontrahenten im Unterhaus über das Rednerpult hinweg in die Augen sehen, solange er die Wahrheit nicht kennt?
Übrigens – falls meine schon länger vertretene Theorie (nämlich dass William Hague das uneheliche Kind von Margaret Thatcher ist) stimmt, dann würde das bedeuten, dass der kleine Leo Blair Thatcher-Blut in sich trägt. Normalerweise halte ich ja nichts von Verschwörungstheorien, aber in diesem Fall fühle ich mich veranlasst, jemanden zu warnen – bloß wen?
Dienstag, 30. Mai
Pandora ist morgen in ihrem Wahlkreis. Sie ist Ehrengast bei der Schließung der Bücherei St. Barnabas. Das Grillfest auf dem Parkplatz der Bücherei beginnt um 18:30. Ich werde meine Söhne mitnehmen. Außerdem werde ich Pandora gegenüber meinen Befürchtungen hinsichtlich der Blutsbande zwischen Blair, Hague und Thatcher Ausdruck verleihen.
Mittwoch, 31. Mai
Es war schmerzvoll, mit anzusehen, wie gebundene Bücher zur Zubereitung von Megaburgern und Extra-Riesen-Hotdogs verheizt wurden. Die frisch verrentete Bibliothekarin, Mrs Froggatt, warf ein paar Barbara Cartlands auf den Grill,
als die Glut zu verlöschen drohte. Sie flackerten mit einem unheimlichen pinkfarbenen Leuchten auf. Es gelang mir gerade noch, ein paar Bände P. G. Wodehouse und William Brown zu retten, aber für die anderen konnte ich nichts tun. Glenn konnte gar nicht hinsehen. »Das ist nicht okay, Dad«, sagte er. Unter seinem rauen Äußeren verbirgt sich ein ziemlich sensibler Bursche.
Gegen 19:00 Uhr erschien Pandora und hielt eine Rede, in der sie erklärte, dass Büchereien durch den Siegeszug des Internets überflüssig geworden seien. Ein alter Mann schrie aus der Menge: »Von 75 Pence pro Woche Rentenerhöhung kann ich mir kein Internet leisten!«
Ich versuchte, mit Pandora über meinen Verdacht Leo Blair betreffend zu sprechen, aber sie hatte es plötzlich ziemlich eilig. Offensichtlich war ihr bewusst geworden, dass es eine potenzielle PR-Katastrophe wäre, vor brennenden Büchern fotografiert zu werden.
Donnerstag, 1. Juni
Mrs Wormington hat sich so weit erholt, dass sie das Krankenhaus verlassen kann. Als ich gerade mit Glenn und William bei ihr zu Besuch war, tauchte ihr Sohn Ted plötzlich auf und versuchte, sie dazu zu überreden, in ein Altenheim zu ziehen. Sie hatte Ted seit 21 Jahren nicht mehr gesehen, seit einem Streit über eine Standuhr. Doch Mrs Wormington blieb hartnäckig, sie wolle in ihr eigenes Haus zurückkehren. Ted sagte: »Du spinnst doch, Mama. Du kannst mit 97 nicht ganz allein leben. Wenn du nicht in ein Altenheim gehst, musst du zu mir und Eunice ziehen.« Ein Ausdruck des Entsetzens huschte über ihr verrunzeltes
Gesicht. Während Ted kurz weg war, um Eunice anzurufen, umklammerte Mrs Wormington meinen Ärmel. »Du darfst nicht zulassen, dass er mich zu sich und Eunice holt. Sonst bin ich in einer Woche tot. Diese Eunice ist eine schlecht gelaunte alte Ziege – die hat noch nie in ihrem Leben gelacht.« Als Ted zurückkehrte, berichtete er, dass Eunice immer noch verstimmt wegen der Standuhr sei. Glenn verkündete: »Kein Problem, sie kommt mit zu uns.« Ich hätte ihn umbringen können.
Freitag, 2. Juni
Mrs Wormington hat über die Königinmutter gelästert. »Die hat doch noch nie im Leben einen Finger krumm gemacht«, schimpfte sie. »Kein Wunder, dass sie ständig lächelt.« Morgen zieht sie bei uns ein. Der Windelservice für Erwachsene ist schon bestellt.
Samstag, 3. Juni
Arthur Askey Way
Wegen Mrs Wormingtons fortgeschrittenem Alter ist es, als läge ein lebendiges Geschichtsbuch aufgeschlagen auf dem Küchentisch. Die Erwähnung von Dunkirk rief eine Anekdote
Weitere Kostenlose Bücher