Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole
bedient wurde!
Daraufhin startete ich selbst einen weiteren Versuch, mir etwas Benzin anzueignen, indem ich ihn an unser Krippenspiel Allmächtiger Jesus! in der Schule erinnerte. Ich hatte damals Regie geführt und Mohammed die Hauptrolle verschafft. »Ja, und deshalb hab ich heute, fünfzehn Jahre später, immer noch Ärger mit ein paar von den Gemeindeältesten«, sagte er. »Ich hab ja gleich gesagt, dass es nicht gut ankommen wird, wenn ich Jesus als Heroinsüchtigen spiele.«
»Das war deine freie Entscheidung, Mohammed«, wandte ich ein.
»Nein, war es nicht. Dir ging’s damals dreckig, weil deine Eltern sich getrennt haben, und ich hab das nur gemacht, um dir zu helfen.«
Während ich mein Auto zurück nach Hause schob, zerbrach ich mir den Kopf, wie jemand nur so nachtragend sein konnte. So nachtragend, dass davon sein Urteilsvermögen im Hinblick auf die Benzinzuteilung beeinträchtigt werden konnte.
Samstag, 16. September
Pandora überlegt, ein Haus auf dem Land in Suffolk zu kaufen, um ihren Wählern zu entfliehen. Das Anwesen nennt sich Oakley Park, im Dorf Hoxne. Ich habe es mir im Internet angesehen und zu meiner Besorgnis entdeckt, dass es der Schauplatz eines makabren Doppelmordes im Jahre 1777 war, als Sir Frederick Brownlow seine Frau Felicity mit dem jungen Stallburschen Fergus Bellington im Bett erwischte.
Wenn ich »Bett« schreibe, meine ich das nicht ganz wörtlich – tatsächlich vollzogen die Liebenden den Geschlechtsakt hinter der Standuhr jenseits des Torbogens in der Eingangshalle. Schlag Mitternacht zerhackte Sir Frederick – von Eifersucht germartert – die beiden mit seinem Schwert in mundgerechte Stücke. (»Es wurde mannigfach geschärft, da so stumpf gemacht von ihren Knochen.«) Die Happen wurden hinterher an die Schweine verfüttert. Ich warnte Pandora, dass ein Fluch auf dem Haus liege und dass jeder mit den Initialen F. B. ein schlimmes Ende nähme, wenn er auch nur einen Fuß in den Innenhof setzt.
»Du meine Güte«, sagte sie, »was faselst du denn da? Meine Initialen sind P. L. E. B.« Dann hielt sie einen endlosen Vortrag über Idioten, die das Internet mit uninteressanter und unnötiger Information verstopfen.
Sonntag, 17. September
Tag der Luftschlacht um England: Das Vormittagsprogramm auf Radio 4 wurde heute von einem eintönigen Gottesdienst zum Gedenken an dieses bedeutende historische Ereignis beherrscht. Warum lässt die anglikanische
Kirche zu, dass in ihrem Namen solch grauenhafte Musik gespielt wird? Und warum sprechen die Kirchenoberen mit so unnatürlichen Stimmen, dass sie wie Außerirdische klingen?
Radio 4 hätte lieber den Soundtrack dieser Douglas-Bader-Biografie spielen sollen. Das hätte vielen Zuhörern Freude bereitet.
Montag, 18. September
Arthur Askey Way
Das Leben ist öde nach den Aufregungen der Ölkrise. Ich habe einen kleinen Panik-Hamsterkauf von Wasserflaschen, Zucker, Brotbackmischung und Ölsardinen getätigt, aber nichts reicht an den wilden Rauschzustand heran, als ich – für kurze Augenblicke – wahrhaftig glaubte, die Zivilisation sei am Ende und wir wieder bei der Pferdekutsche gelandet.
Ich wurde für Freitag ins Arbeitsamt geladen, um zu erklären, warum ich kürzlich in ein Formular eintrug, dass ich für eine Stelle nicht zur Verfügung stünde und gern weiterhin Sozialleistungen bezöge. Ich habe den gesamten heutigen Tag damit verbracht, mich vorzubereiten. Außerdem habe ich ein Manifest verfasst. Das Hauptargument ist, dass die Gesellschaft sich um ihre Künstler kümmern sollte, und der Schlussabsatz lautet: »Wie tragisch wäre der Verlust für die Nation, wenn ein großes Werk aus meiner Feder ungeschrieben bliebe wegen der banalen Notwendigkeit, beispielsweise als Hilfslagerarbeiter pünktlich einzustempeln.«
Dienstag, 19. September
Um 13:00 Uhr wurde ich von meiner Mutter per Handy kontaktiert, die schrie: »Lass alles stehen und liegen und stell dich für Benzin an!«
Während ich hastig in mein Auto kletterte, rief ich den Nachbarn auf der Straße die Neuigkeiten zu. Rasch bildete sich ein Konvoi von 30 Wagen hinter mir. Als wir Mohammeds Tankstelle erreichten, waren wir bereits 100 und hatten eine Polizeieskorte. Mohammeds Unterkiefer klappte herunter, als er mich an der Spitze des Konvois in die Tankstelle biegen sah. Er wollte gerade mit seiner Frau zum Hamsterkauf in den Supermarkt fahren – sie hatte gehört, dass die Pampers knapp würden. Im Nachhinein bin ich leicht beschämt,
Weitere Kostenlose Bücher