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Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole

Titel: Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Townsend
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gequält von vergangenen Demütigungen: dem Elternabend der Neil-Armstrong-Gesamtschule, zu dem meine Mutter in einer gelben Strumpfhose erschien; dem Tag, als mein Vater und ich zusammen im Bus saßen und er plötzlich anfing, »If I Ruled The World« zu singen; meiner Hochzeitsnacht, in der ich die Kordel meiner Pyjamahose nicht aufbekam und meine Braut Jo-Jo sie mit der Schere an ihrem Schweizer Armeemesser aufschneiden musste; meine Schreie damals riefen den Nachtportier auf den Plan, der von einem leicht reizbaren Manager im Nachbarzimmer alarmiert worden war.
    Um 4:10 Uhr gab ich es auf und ging nach unten. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch in der Wohnzimmernische und schrieb unwillkürlich den Anfangssatz eines neuen Romans nieder. Einen Titel habe ich noch nicht, aber mit der ersten Seite bin ich recht zufrieden.
    KAPITEL 1
    Larry Topper blinzelte durch seine eulenartige Brille, als die Privatschule The Academy in Sicht kam. Er wandte sich zu seinem Vormund Onkel Edward um (seine Eltern waren beide während einer Urlaubsreise im Irak bei einem Bombenanschlag
ums Leben gekommen). »Denk dir nur, Onkel Ted«, piepste Larry, »ich glaube, ich werde hier sehr vergnügt und fidel sein.« Larry betrachtete die Formschnitte der Bäume und Sträucher, die den weitläufigen, leuchtend grünen, ordentlich gemähten, unter den Füßen weichen Rasen übersäten. Onkel Teds gütige Augen blitzten wie eine Lichterkette, kurz bevor die Sicherung durchbrennt.
    »Das will ich doch hoffen, junger Mann«, brummte Ted mit seiner Stimme, die klang wie das ferne Grollen eines startenden Jagdbombers.
    Onkel Edward knirschte mit seinem Oldtimer über die Kiesauffahrt, bis er vor dem Haupteingang zum Stehen kam, wo ein gelangweilt wirkender Junge stand und eine St.-Moritz-Menthol-Zigarette rauchte. Das war Brett Longshank, Schulsprecher und Aristokrat, Star des Rugbyfelds und ein Genie in der Schule.
    Larry bestaunte ehrfürchtig Bretts vornehme Nonchalance. »Denk dir nur, Onkel«, sagte er, »was für ein famoses Vorbild dieser Bursche abgibt.«
    Onkel Ted legte die Stirn in Falten, so dass sie aussah wie ein Acker, nachdem mehrere Pferde einen Pflug darüber gezogen haben.
    »Das ist Lady Nancy Longshanks Sohn«, sagte er missbilligend. »Und ich weiß zufällig, dass er cracksüchtig ist. Halt dich von ihm fern, Larry, hörst du mich? Halt dich bloß von ihm fern.«

Montag, 19. Februar
    Vielleicht verleihe ich Larry Zauberkräfte. Ich könnte hier auf einem total originellen Bestseller sitzen!

Dienstag, 20. Februar
    Pamela Pigg verfolgt mich mit romantischen, ja sogar sexuell expliziten SMS. Ich schrieb zurück und bat sie, damit aufzuhören, aber ihre Inbrunst schien dadurch noch angefacht zu werden. Ihre letzte Nachricht kam um 2:15 Uhr. Sie lautete: »Du g-hörst mir, i. weiß, du liebst mich auch.«
     
    Ich habe mir überlegt, meinen neuen Roman Larry Topper, der Zauberlehrling zu nennen, und habe meinem Agenten Brick Eagleburger die erste Seite gemailt.

Mittwoch, 21. Februar
    Habe geträumt, dass Gordon Brown Premierminister ist. Erhielt eine SMS von Brick: »JK Rowling sind Sie nicht, aber dafür dämlich.«

Sonntag, 11. März
    Arthur Askey Way
     
    Mein Nachbar Vince Ludlow hat einen neuen Job. Er nennt sich jetzt Tiereinäscherungsangestellter. Für diese Arbeit ist er außergewöhnlich gut qualifiziert, da er bereits mehrere Haftstrafen im Jugendarrest wegen Brandstiftung verbüßt und außerdem eine erklärte Abneigung gegen Tiere hat. Seiner Meinung nach »verschandeln Tiere die Landschaft«. Er ist der einzige Mensch, den ich kenne, der sich eine Verschlimmerung der Maul- und Klauenseuche wünscht und ungeduldig darauf wartet, dass der Notstand ausgerufen
wird. Von den Überstunden, die er macht, hat er vor, dem Wohnungsamt das Haus abzukaufen, in dem er wohnt.
    Zu meinem Schrecken erfuhr ich, dass er Samstagabend auf dem Parkplatz des Lamb’s Head billiges Rindfleisch aus seinem Lieferwagen heraus verkauft hat.

Montag, 12. März
    Peter Mandelson klingt immer mehr wie die heilige Johanna von Orleans. Man kann quasi die lodernden Reisigbündel unter seinen Füßen sehen. Vor ein paar Tagen wurde in den Nachrichten gezeigt, wie er Äpfel an Schulkinder in Hartlepool austeilte. Er machte einen leicht unheimlichen Eindruck: Ich wurde unwillkürlich an Schneewittchen erinnert, dessen schlichtes, gutgläubiges Wesen sich die alte Hexe zunutze machte, als sie ihm am Fenster einen Cox Orange anbot.
     
    Pamela

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