Die Verschwörer von Kalare
hing. Sie verzog das Gesicht und bat ihren Windelementar, Cirrus, vor ihr einen Schild zu bilden, der sie vor dem schlimmsten Sturm und Regen schützte.
Einen Augenblick stand sie oben auf der Treppe und spähte hinunter in die Festung. Elementarlampen leuchteten, doch in Wind und Regen erhellte ihr Schein die Umgebung kaum eine Armlänge weit. Amara sah schemenhaft Gestalten, die durch die stürmische Düsternis eilten oder auf der Mauer von Kaserna in Rüstung und durchnässten Umhängen Wache standen. Aus den Unterkünften der Ritter, die Bernards eigenen Soldaten angeschlossen waren, kamen Männer und rannten zur Mauer.
Amara runzelte die Stirn und rief Cirrus erneut. Der Elementar hob sie auf einem weichen Bett aus Luft von den Stufen und trug sie auf das schwere Steindach des Gebäudes, von wo aus sie über die Mauer hinweg auf die Ebene schauen konnte.
Der Elementarsturm kroch wie ein riesiges Tier über die weite, wogende Ebene, der Beginn des Marat-Gebiets. Dort draußen braute sich ein heftiges Unwetter mit Blitzen und düsteren Wolken zusammen. Diese Wetterfeuer erleuchteten das Land heller als ein voller Mond. Bleiche, leuchtende Gestalten flogen zwischen Blitzen und Nebel umher - Windmähnen, die wilden, todbringenden Elementare, die mit den großen Stürmen kamen.
Die Blitze flackerten so unvermittelt und so grell auf, dass es Amara in den Augen schmerzte, und sie sah, wie das Feuer einer massiven Wand gleich zum Boden reichte und Erde und Steine mit Wucht in Staubwolken verwandelte, die man noch aus Meilen Entfernung sehen konnte. Während sie zuschaute, senkten sich hellere Wolken aus dem Sturm herab, wallten heulend zu Boden und stiegen in einem halben Dutzend düsterer Staubschlote wieder auf.
Nie zuvor hatte sie solche Urgewalten erlebt, und eine lähmende Angst befiel sie - und diese Angst wuchs noch, als sie die Wirbelwinde sah, die außer Rand und Band über die von Blitzen gebeutelte Ebene auf die Mauer von Kaserna zutosten. Wieder erhob sich das dissonante Geheul der Windmähnen aus den Wolken über ihnen, als diese Vorreiter der tödlichen Böen nahten.
Die eisernen Glocken schlugen Alarm. Die Tore der Festung
wurden geöffnet, und vielleicht zwei Dutzend aleranische Händler und halb so viele Marat rannten herein auf der Suche nach Schutz vor dem Orkan. Hinter sich hörte sie weitere Glocken läuten, da man auch den Bewohnern der Hüttenstadt Einlass in die Sicherheit der Festung gewährte.
Cirrus flüsterte ihr eine Warnung ins Ohr, und Amara drehte sich um. Die erste Windmähne stürzte aus der Luft auf die Männer über dem Tor hinunter. Ein Blitz zeigte ihr Bernard, der den großen Bogen in der Hand hielt und durchgezogen hatte, um den Angriff des Elementars abzuwehren. Die Spitze glitzerte im Licht, dann sirrte der schwere Bogen, und der Pfeil verschwand.
Amara schlug das Herz bis zum Hals - Stahl war nutzlos gegen Windmähnen, und kein Pfeil im ganzen Reich konnte eines dieser Wesen töten. Aber die Windmähne kreischte auf vor Schmerz und jagte davon. In ihrem durchscheinenden Leib klaffte ein Loch.
Die nächsten Windmähnen stießen herab, aber Bernard blieb auf der Mauer stehen und verschoss diese Pfeile mit Glitzerspitze auf sie, während die Ritter unter seinem Kommando ihre Aufmerksamkeit auf den heranbrausenden Sturm richteten.
Unter den Ritter Aeris von Kaserna befanden sich Windwirker, die über mindestens ebenso starke Kräfte verfügten wie Amara. Auch ihre Eskorte war zur Verstärkung auf die Mauer geeilt. Man versuchte, sich durch laute Rufe im Heulen des Sturmes zu verständigen. Jeder von ihnen wandte sich dem ihm nächsten der Wirbelwinde zu, dann stießen sie gleichzeitig einen Schrei aus. Amara spürte eine Veränderung im Luftdruck, als die Elementare der Ritter auf Befehl vorsprangen. Der erste Wirbelwind begann zu taumeln und sank in einer düsteren Wolke zusammen, die langsamer und langsamer wurde und sich schließlich auflöste.
Weitere Windmähnen kreischten voller Zorn und stürzten sich auf die Ritter Aeris, doch Bernard schützte die Windwirker vor ihnen und schoss unbeirrt seine Pfeile auf sie ab. Gemeinsam
nahmen sich die Ritter den nächsten Wirbelwind vor und daraufhin den folgenden. So ging es weiter und weiter, bis schon bald der letzte Wirbelwind auf die Mauer zuhielt, den sie jedoch ebenfalls zum Zusammenbruch brachten.
Der Sturm zog brausend über sie hinweg, die Blitze zuckten von Wolke zu Wolke, und doch wirkte der Orkan nun deutlich
Weitere Kostenlose Bücher