Die Verschwörer von Kalare
ein weiteres Bild - Max, der ebenfalls eine Weitsichtlinse erzeugte, die aus mehreren Scheiben bestand, welche wiederum das Licht beugen und auf den Hang der Brücke lenken konnte.
Und es zu einer Waffe formen. So wie Tavi seine gekrümmte romanische Glasscherbe benutzt hatte, um Feuer zu entzünden, nur … in viel größerem Maßstab.
Der Brennpunkt des Sonnenlichts blitzte über die Brücke, und wo er auftraf, schrien Plünderer und Ritualisten, da ihre Haut und ihre Kleidung und ihr Fell augenblicklich verbrannt wurden. Tavi sah über die Schulter nach hinten, wo Max mit erhobenen Armen und angestrengter Miene auf dem Wehrgang stand.
Er brüllte, mit wütendem Gesicht, und das entsetzliche Licht schwenkte wieder über die Canim und mähte sie nieder wie eine Sense, die durch Weizen geht. Ein widerwärtiger Gestank erfüllte die Luft, und von überall her ertönten schreckliche Schreie.
Das Licht wanderte vorwärts und rückwärts, tödlich und zielgenau, und die Canim konnten sich nirgendwo davor verstecken. Dutzendweise starben sie, während Tavi nur einmal keuchend Luft holte, und plötzlich veränderte sich die Richtung, in welche die Woge der Schlacht schwappte. Der Spalt in den Wolken wurde größer, der Lichteinfall stärker, und Tavi glaubte weit oben im Himmel den Schemen einer einzigen Person ausmachen zu können, mitten in dem wolkenfreien Bereich.
Und während der Angriff der Canim ins Stocken geriet, entdeckte Tavi keine zwanzig Fuß entfernt erneut Sarl. Der Ritualist starrte nach oben, wandte sich um und sah, wie seine Armee vor seinen Augen im Feuerstrahl starb. Er fuhr herum, und die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben, denn sein letzter großer Angriff verwandelte sich in eine wilde Flucht. Die Plünderer gerieten in Panik und rannten um ihr Leben, sie sprangen sogar von der Brücke, nur um der entsetzlichen, unerwarteten aleranischen Zauberei zu entgehen. Jene, die der Mauer am nächsten waren, stürzten gerade noch rechtzeitig durch die Öffnung in Sicherheit.
Der Rest starb. Die Canim starben durch das gebündelte Licht, durch die Hände ihrer Kameraden oder durch die Zähne der hungrigen Bestien im Fluss unten. Sie starben zu Hunderten und zu Tausenden.
Sekunden später lebten nur noch diejenigen Canim, die der aleranischen Schildmauer am nächsten waren und deshalb von dem Lichtstrahl nicht anvisiert werden konnten. Wer zu fliehen versuchte, wurde von Antillar Maximus’ tödlichem Licht vernichtet. Die anderen, fast ausschließlich Ritualisten, flüchteten sich in noch größere Raserei, die aus Verzweiflung und dem Wissen um den bevorstehenden Tod genährt wurde.
Tavi duckte sich grimmig unter dem Hieb eines gezahnten
Stabes hinweg, und als er wieder zu Sarl blickte, starrte der Cane ihn an und dann hoch zum Himmel.
In Sarls Augen funkelte ein berechnender Zug, dann loderte Zorn und Wahnsinn in ihnen auf. Er heulte auf und wölbte den Körper nach hinten, ganz so wie am Tag zuvor.
Er wusste, sein Leben war verwirkt, und Tavi wusste, dass dem Ritualisten genug Zeit blieb, um noch einmal einen Blitz zu beschwören. Tavi stand inmitten anderer Aleraner. Auch wenn der Blitz für ihn bestimmt wäre, würden die Männer in seiner unmittelbaren Umgebung ebenfalls sterben, genauso wie es bei Sarls Blitz auf das Zelt von Hauptmann Cyril geschehen war.
Den Blutstein von Fürstin Antillus hatte er Crassus gegeben, und deshalb traf Tavi die einzige Wahl, die in Frage kam.
Er rannte vorwärts, ließ die Schildmauer hinter sich und griff Sarl an.
Wieder knisterte Energie in der Luft. Wieder flackerten Lichter über den Körper des Ritualisten. Wieder erstarkte der scharlachrote Blitz in den Wolken um die Lücke freien Himmels herum, die Crassus geschaffen hatte.
Wieder schoss das blendend grelle, weiße Licht mit tosendem Donner auf Tavi herab.
Und wieder passierte Tavi nichts.
Heiße Steinsplitter von der Brücke flogen umher. Ein Ritualist, der versehentlich zu nahe gestanden hatte, wurde verbrannt. Doch Tavi wurde keinen Schritt langsamer. Er brachte das letzte Stück mit einem einzigen Sprung hinter sich und hob das Schwert.
Sarl blieb noch ein letzter Moment, in dem er Tavi mit aufgerissenen Augen anstarrte. Er versuchte, seinen gezahnten Stab zur Verteidigung hochzureißen.
Aber ehe ihm das gelang, rammte Tavi ihm das Schwert in die Kehle. Kurz blickte er dem entsetzten Cane in die Augen, dann drehte er die Klinge um, riss sie aus dem Fleisch und schlitzte dabei die Wunde
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