Die Verschwörer von Kalare
auf sie zu. Aus Hunderten von Kehlen stieg ein knurriger Gesang auf wie ein düsterer Wind des Schreckens.
»Was passiert, wenn du dich irrst?«
»Dann stirbt Crassus höchstwahrscheinlich. Die Pioniere und
unsere Ritter Terra reißen die Brücke ein, während wir versuchen, die Canim aufzuhalten.«
Ehren nickte und biss sich auf die Unterlippe. »Hm. Ich sag das ja nicht gern, aber wenn Crassus den Stein hat, was hält Sarl dann davon ab, dich mit seinem Blitz zu verbrennen, sobald er dich entdeckt?«
Tavi drehte sich um, als Schultus ihm einen Schild reichte. Er schnallte ihn sich fest an den linken Arm. »Ahnungslosigkeit. Sarl weiß ja nicht, dass ich ihn nicht habe.«
Ehren blinzelte. »Das klingt irgendwie schon wieder nach einer bloßen Vermutung.«
Tavi grinste und schaute hinüber zum heranmarschierenden Feind. »Die Antwort bekommst du in einer Minute.«
Und dann warf Sarl den Kopf in den Nacken und stieß ein unheimliches Heulen aus, worauf das Heer mit einem ohrenbetäubenden Schlachtgesang antwortete. Tavi taten die erst jüngst geheilten Ohren weh, und sogar die Brücke begann zu beben.
»Bereit!«, schrie Tavi, obwohl seine Stimme in dem Tumult nicht zu vernehmen war. Er zog sein Schwert, hob es über den Kopf, und um ihn herum folgten die Schlachtkrähen seinem Beispiel. Gleichzeitig begannen auf dieses Zeichen hin die Ritter Flora auf der Mauer, einen Hagel von Pfeilen auf die Canim abzuschießen. Sie versuchten vor allem, möglichst viele der Angreifer zu verwunden, weil das ihren Vormarsch am stärksten behindern würde.
Sarl erlaubte allerdings keinerlei Verzögerungen, und die Canim zogen an den Verwundeten vorbei und ließen sie blutend auf dem Boden liegen.
Tavi murmelte einen Fluch. Den Versuch war es immerhin wert gewesen.
»Schildmauer!«, brüllte Tavi, und die Schlachtkrähen formierten sich neu, drängten sich enger aneinander und ließen ihre Schilde überlappen. Kitai und Ehren konnten sich ohne Schilde daran nicht beteiligen, deshalb zogen sie sich um einige Reihen
nach hinten zurück. Tavi spürte, wie sein Schild klappernd an den seiner Nachbarn stieß, und er biss die Zähne zusammen und unterdrückte mit großer Willensanstrengung das Zittern, das die Angst hervorrief.
Dann heulte Sarl erneut, hob seinen bezahnten Stab, und die Canim stürmten unter Führung der Ritualisten mit ihren wahnsinnigen Blicken auf die Schlachtkrähen zu.
In seiner Angst nahm Tavi die Welt wahr wie durch einen Tunnel. Er schrie zusammen mit den anderen Männern der Kohorte und drängte sich noch enger an die Legionares neben sich, und auch die Reihen hinter ihnen schlossen sich so dicht wie nur möglich, stemmten sich gegen die Männer vor ihnen und liehen ihnen ihr Gewicht und ihre Kraft, um den Schildwall aufrechtzuerhalten.
Das Heer der Canim brach in die aleranische Schildmauer ein wie ein Rammbock mit Eigenleben. Schwerter blitzten auf. Blut floss.
Es war schon schwierig zu sehen, was um Tavi herum geschah, und der Lärm und die Schreie und die Verwirrung des Nahkampfs blendeten alles aus, was über den Augenblick hinausging. Er duckte sich hinter seinen Schild, riss den Kopf gerade noch rechtzeitig zur Seite, als ein Sichelschwert auf ihn niederging und die Spitze der gekrümmten Waffe über seinen Schild hinwegging und sich ihm in den Helm zu bohren drohte. Er stieß blindlings mit dem Schwert zu, so wie Max und Magnus es ihm beigebracht hatten, damals vor seiner Legionszeit, was eine Ewigkeit zurückzuliegen schien.
Er konnte nicht sagen, ob er traf oder nicht, ob er den Gegner verwundete oder nicht, sondern er stemmte einfach nur die Füße in den Boden und hielt seinen Platz, gestützt von den Reihen hinter ihm.
Andere waren nicht so glücklich. Der gezahnte Stab eines Ritualisten riss einem Legionare wie eine heimtückische Säge den Hals auf. Ein anderer Mann duckte sich hinter seinem Schild,
doch die Spitze eines Sichelschwertes bohrte sich durch den Helm in seinen Kopf. Ein dritter Legionare wurde einfach am Schild gepackt und aus der Mauer gezerrt, um von drei brüllenden Ritualisten in Kutten aus Menschenhaut in Fetzen gerissen zu werden.
Die Schlachtkrähen hielten stand, trotz der Verluste, und der Angriff der Canim gelangte vor ihnen zum Halt wie die Woge eines Blutmeeres, die erfolglos gegen eine Klippe brandet.
Wenn einer der Männer fiel, trat einer der Waffenbrüder an seine Stelle und drängte sich mit aller Kraft nach vorn.
Trotzdem war es hoffnungslos. Tavi
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