Die Verschwörer von Kalare
offensichtlich ganz einfach, denn sie hockte zitternd im Regen vor ihnen und umklammerte ihre Jungen so verzweifelt und voller Angst, wie es auch jede aleranische Mutter an ihrer Stelle getan hätte.
Tavi trat auf die weibliche Cane zu. Er senkte das Kinn auf die Brust und fletschte die Zähne.
In den Augen der Cane-Frau funkelte verzweifelte Wut, die mit noch verzweifelterer Angst rang, und dann legte sie die Ohren an und neigte den Kopf weit zur Seite. Sie unterwarf sich und bot die Kehle dar.
Tavi entspannte sich und nickte der Cane zu. Daraufhin legte er den Kopf leicht zur Seite und machte eine scheuchende Handbewegung.
Die Cane hob den Kopf, starrte ihn an und zuckte mit den Ohren.
»Geh«, sagte Tavi. Er suchte nach dem richtigen Wort auf Canisch und verwendete dann eines, das Varg gelegentlich benutzt hatte, wenn er glaubte, Tavi brauche zu lange für einen Zug auf dem Ludus -Brett. » Marrg. «
Die Cane starrte ihn weiter an. Dann bot sie ihm erneut die Kehle dar, erhob sich, blickte ihm in die Augen und verschwand rückwärts in der Dunkelheit.
Tavi schaute ihr hinterher und dachte nach.
Die Canim waren nach Alera gekommen - und hatten ihre
Frauen und ihren Nachwuchs mitgebracht, ihre Familien . Das hatten sie bisher noch nie getan.
Und es bedeutete …
»Bei den großen Elementaren«, entfuhr es Tavi. »Jetzt habe ich keine Angst mehr vor Nasaug.«
Kitai schaute der Cane nach und nickte grimmig.
»Jetzt habe ich vor dem Angst, was ihn von seinem Zuhause vertrieben hat.«
Epilog
Isana erwachte zum Klang ferner Trompeten, und vom Gang vor ihrem Zimmer hörte sie Lärm. Verwirrt setzte sie sich auf. Sie war in ihrem Bett. Jemand hatte sie gebadet, und sie trug ein weiches, weißes Nachthemd, das nicht ihr selbst gehörte. Auf dem Tisch neben dem Bett standen drei Schalen und ein einfacher Becher. Zwei der Schalen waren leer. Die dritte war halb mit Brühe gefüllt.
Sie schob sich noch weiter hoch, was ihr erschreckend schwerfiel, und strich sich das Haar aus dem Gesicht.
Dann fiel ihr alles wieder ein. Die Heilwanne.
Faede.
Die Wanne war verschwunden und mit ihr der Sklave. Wenn sie nicht so müde gewesen wäre, ihr Herz hätte vermutlich aus Angst um den Mann zu rasen begonnen. Doch so wurde sie von diesen Sorgen einfach nur schlagartig wach. Sie stand auf, wozu sie ihren ganzen Willen einsetzen musste, weil sie sich so schwach fühlte. Eines ihrer einfachen grauen Kleider hing über einer Stuhllehne, und sie zog es sich über das Nachthemd und ging vorsichtig zur Tür.
Aus dem Gang draußen hörte sie Rufe und schnelle Schritte.
Sie öffnete die Tür und entdeckte Giraldi im Gang, der die halb geöffnete Tür gegenüber beobachtete.
»Das mag ja sein«, brummte der alte Soldat, »aber du hast hier nicht die Entscheidung darüber, ob es dir wieder gut geht oder nicht.« Er verstummte kurz, als drei Jungen, vermutlich Pagen, vorbeiliefen. »Fürstin Veradis sagt, du kannst dich glücklich schätzen, dass du überhaupt noch am Leben bist. Du bleibst im Bett, bis sie dich aufstehen lässt.«
»Ich kann Fürstin Veradis nirgendwo sehen«, erwiderte ein Mann in Legionstunika und Stiefeln und sah sich um. Er sah gut aus, trotz des wettergegerbten Gesichts. Sein braunes Haar zeigte graue Flecken und war wie in der Legion üblich kurzgeschoren. Er war dünn und sehnig und bewegte sich mit entspanntem Selbstbewusstsein. Seine Hand ruhte in unbewusster Gewohnheit auf dem Griff seines Gladius an der Hüfte, und er sprach mit tiefer, sanfter Stimme. »Offensichtlich kann sie also auch nichts dagegen einwenden. Warum gehen wir nicht zu ihr und fragen sie?«
Der Mann wandte sich wieder Giraldi zu, und Isana sah die andere Seite des Gesichts, die entsetzlich von einem Brandzeichen entstellt war, vom Legionsmal für Feiglinge.
Isana fiel die Kinnlade herunter.
»Araris«, sagte sie leise.
Giraldi sog überrascht die Luft ein und drehte sich zu ihr um. »Wehrhöferin. Ich wusste nicht, dass du wach bist …«
Isana blickte Araris in die Augen. Sie wollte etwas sagen, doch das Einzige, was sie hervorbrachte, war »Araris«.
Er lächelte und verneigte sich höflich. »Ich muss mich bei dir für mein Leben bedanken.«
Und sie fühlte es. Sie fühlte es jetzt in ihm, fühlte es, als sie ihm in die Augen sah. In der Vergangenheit hatte sie es nie gespürt, nie in all den Jahren, in denen er ihrem Bruder und später ihr gedient hatte. Es waren seine Augen, dachte sie. In all den Jahren, als er das Haar
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