Die Verschwörer von Kalare
weiteren hatte er in das Becken unten gestoßen. Auf der anderen Seite des Stegs duckte er sich, hielt die Schwerter kampfbereit und suchte seine Umgebung ab.
»F-faede?«, knurrte Bernard.
»Bring Isana«, rief der Sklave ihnen zu. »Gräfin, du gehst voran.« Er ließ das krumme Schwert fallen und eilte zu Bernard zurück, legte sich seinen Arm über die Schulter und half dem benommenen Grafen auf die Beine.
»Faede?«, wiederholte Bernard verwirrt und mit schwacher Stimme. »Du hast ein Schwert?«
Der Mann gab keine Antwort. »Wir müssen fort von hier«, sagte er zu Amara. »Los jetzt, und immer dicht zusammenbleiben.«
Amara nickte, taumelte hinter dem Schwertkämpfer her und führte die Wehrhöferin.
»Was machst du hier?«, fragte Bernard. »Ich dachte, du wärest in der Hauptstadt, Faede.«
»Still, Graf«, sagte Faede. »Du verlierst Blut. Spar deine Kräfte.«
Bernard schüttelte den Kopf, zuckte plötzlich heftig zusammen und erstarrte. »Isana!«
»Ich habe sie«, brummte Giraldi.
Bernard blinzelte, nickte und senkte den Kopf. Mit Faedes Hilfe humpelte er weiter.
Überall im Gasthaus lagen Leichen, überall war Blut vergossen worden. Die Meuchelmörder mit den Halsringen hatten niemanden verschont. Alte Männer und Frauen, sogar Kinder lagen, wo sie zu Boden gegangen waren, verwundet, tot oder im Sterben. Faede führte die vier hinaus auf die Straße, wo sich der Albtraum fortsetzte. Vielen war die Flucht nach draußen gelungen, obwohl sie tödlich verletzt waren. Wunden, die vielleicht unbedeutend aussahen, konnten dennoch binnen weniger Augenblicke eine tödliche Wirkung haben, und etliche, die dem Gemetzel entkommen zu sein glaubten, hatten nur lange genug überlebt, um hier auf der Straße zu sterben.
Menschen liefen schreiend hin und her. Die Signalhörner und die Trommeln der Civis-Legion kamen aus allen Richtungen näher. Andere Menschen lagen auf der Erde, hatten sich eng zusammengerollt und schluchzten hysterisch, so wie auch Isana. Amara begriff, dass diesen Leuten genau das Gleiche passiert sein musste, was auch die Wehrhöferin handlungsunfähig gemacht hatte.
Sie waren Wasserwirker, die Einzigen, die vielen Verwundeten möglicherweise noch das Leben retten konnten, und es hatte sie umgehauen. Viele andere bemühten sich, Wunden zu schließen und Blutungen zu stoppen, doch ihnen standen nur Stoff und Wasser zur Verfügung.
Das Blut hatte eine rote Lache gebildet, die einen Zoll tief war und sich über dreißig, vierzig Fuß ausbreitete.
Und dann begannen die großen Glocken in der Zitadelle von
Ceres zu läuten, mit tiefen, panischen Tönen, und versetzten die Legionen in der Stadt in Alarm. Weitere Hörner ertönten, um die Legion zu den Waffen zu rufen.
Die Stadt wurde angegriffen.
»Verfluchte Krähen«, flüsterte Amara benommen.
»Weiter, weiter«, drängte Faede. »Wir können sie nicht …«
Dann schaute der Sklave plötzlich auf. Er ließ Bernard los und stürzte mit ausgestreckter Hand auf Giraldi und Isana zu.
Ein Pfeil, ein schwarzer Schaft mit grün-grauer Befiederung, sauste durch die Luft und durchschlug mit Wucht Faedes linke Hand. Eine breite Spitze mit Widerhaken drang auf der anderen Seite wieder heraus.
Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, zeigte er mit dem Schwert auf ein Dach in der Nähe, wo eine schemenhafte Gestalt gerade außer Sicht verschwand. »Gräfin! Halt ihn auf!«
Amara nahm Faede die Waffe aus der Hand, rief Cirrus zu Hilfe und warf sich in die Luft. Sie flog hinauf zum Dach und entdeckte die dunkle Figur, die den Bogen noch in der Hand hielt und gerade an der Fassade hinunterklettern wollte.
Vor lauter Wut und Angst konnte Amara keinen klaren Gedanken fassen. Es war ein reiner Reflex, aus dem heraus sie Cirrus losschickte. Die plötzliche Windböe des Elementars erfasste die verhüllte Gestalt und warf sie zwanzig Fuß in die Tiefe. Der Bogenschütze landete mit einem Krachen, das nichts Gutes verhieß, und stieß einen schrillen Schrei aus.
Amara sauste hinunter in die Gasse und wäre fast auf der gefallenen Gestalt, einer Frau, gelandet und schlug zu, als diese erneut den Bogen hob. Das Schwert zerschmetterte das Holz, die Frau fiel zurück und schrie abermals.
Die Kursorin packte ihre Waffe fester, setzte sie der Bogenschützin an die Kehle und drückte so stark zu, dass ein Blutstropfen hervortrat. Im Licht einer Elementarlaterne riss sie der Frau die Kapuze vom Kopf.
Es war Gaelle - oder besser gesagt: Rook, die Spionin
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