Die Verschwörer von Kalare
Ziele ausgesucht wurden. Weitere Cives, darunter auch die Fürstin Placidus, werden
vermisst.« Sie griff in den Beutel an ihrer Seite und zog einen mit Scharnier versehenen Züchtigungsring aus Metall hervor, mit dem Sklavenhalter Kontrolle über widerspenstige Sklaven ausüben konnten. »Wir wissen bislang, dass jeder der Attentäter einen Züchtigungsring wie diesen trug. Auf allen diesen Stücken steht das Wort Immortalis eingraviert. Alle Männer, die an dem Überfall beteiligt waren, scheinen kaum älter als zwanzig oder sogar jünger gewesen zu sein. Alle zeigten eine übermenschliche Fähigkeit, Schmerz zu ertragen, und sie haben offensichtlich ohne eine Spur von Angst und ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben gehandelt.
Wir sind ziemlich sicher, dass es sich bei diesen Unsterblichen, wie wir sie in Ermangelung eines besseren Namens nennen, um Sklaven handelt, die von Kindheit an zu Soldaten ausgebildet, ja, mit Hilfe des Ringes gewissermaßen abgerichtet wurden. Einfach ausgedrückt: Sie sind äußerst erfahrene Wahnsinnige, die kein Gewissen besitzen, die niemals an ihren Befehlen zweifeln, die Schmerz erdulden und über den Willen verfügen, ihr Leben zu opfern, um ihren Auftrag auszuführen. Nur jeweils eine von vier angegriffenen Personen konnte ihre Attacken überleben.«
Überall im Garten waren leise Bemerkungen zu hören. Ein großer, stämmiger Mann mit dunklem Haar und eisengrauem Bart, der die Rüstung eines Legionare trug, murmelte: »Wir wissen inzwischen recht gut, wozu sie fähig sind. Aber weißt du, wer sie geschickt hat?«
Amara holte tief Luft. »Bis sich unsere Vermutungen zu Tatsachen erhärtet haben, werden wohl noch einige Tage vergehen, doch angesichts des Ablaufs der Geschehnisse bin ich mir jetzt schon sicher, was am Ende herauskommen wird. Denn gestern Nacht hat Fürst Kalarus zeitgleich mit den Attentaten in Ceres seine Legionen in Marsch gesetzt.«
Mehreren Anwesenden stockte hörbar der Atem. Erneut wurde gemurmelt, nervöser noch als zuvor.
»Eine der Legionen von Kalarus hat die Ausläufer des Gebirges
von Parcia angegriffen und den Gallus in der Flutebene blockiert. Die Dritte Parcianische Legion war gezwungen, ihre Festung in Weißegge aufzugeben. Kalarus’ Legionen haben somit die Pässe in der Hand, die aus den Schwarzbergen herunterführen.
Zur gleichen Zeit«, fuhr Amara fort, »haben zwei weitere Legionen das Lager der Zweiten Ceres angegriffen und sie vollkommen überrascht. Die Angreifer kannten keine Gnade, so dass es kaum hundert Überlebende gibt.«
Fürst Cereus wurde noch blasser und senkte den Kopf.
»Diese beiden Legionen«, erklärte Amara, »befinden sich bereits auf dem Vormarsch zur Stadt. Ihre Ritter Aeris und weitere Truppen der Vorhut sind schon hier in der Gegend, und die Hauptstreitmacht erwarten wir innerhalb eines halben Tages.«
»Pah«, schnaubte jemand hinten im Garten. »Das ist lächerlich.«
Amara wandte sich dem Sprecher zu, Senator Arnos, der die Robe der Gelehrten von der Collegia Tactica am Leibe und eine hochnäsige Miene im Gesicht trug. »Mein Herr?«, hakte sie höflich nach.
»Kalarus ist ehrgeizig, aber kein Narr. Sollen wir tatsächlich glauben, dass er offen gegen das ganze Reich in den Krieg zieht und seine eigene Stadt ungeschützt zurücklässt?«
»Ungeschützt, Herr?«, fragte Amara milde.
»Drei Legionen«, erklärte Fürst Arnos. »Jeder Hohe Fürst verfügt über drei Legionen. So verlangt es das Gesetz.«
Amara musterte Arnos ausgiebig und erwiderte dann: »Gesetzestreue Hohe Fürsten führen keinen Krieg gegen das restliche Reich und schicken keine fanatischen Meuchelmörder aus, um andere Cives abschlachten zu lassen. So ganz im Allgemeinen.« Sie wandte sich wieder den anderen Anwesenden zu. »Zusätzlich zu den bereits erwähnten Streitmächten haben zwei weitere Legionen aus Kalare die Brücken über den Gallus bei Hektor und Vondus in ihre Gewalt gebracht. Berichten zufolge wird sich eine weitere Legion zu ihnen gesellen, so dass dort wenigstens
eine Legion in Reserve steht.« Sie sah den Senator wieder an. »Wenn dich das beruhigt, Senator: Kalarus hat auch eine Legion bei Kalare stehen, um seine Stadt zu sichern.«
»Sieben«, murmelte der graubärtige Soldat. »Sieben verfluchte Legionen. Bei allen verlassenen Krähen, wo hat er vier ganze Legionen versteckt gehalten, Gräfin?«
»Im Augenblick ist das für uns nicht von vorrangiger Bedeutung«, sagte Amara. »Viel wichtiger ist: Er hat diese
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