Die Verschwörer von Kalare
Legionen, und er setzt sie ein.« Sie blickte sich im Garten um. »Falls Kalarus’ Truppen Ceres einnehmen, steht nichts mehr zwischen ihm und der Hauptstadt.«
Diesmal erfolgte kein Gemurmel - es herrschte völlige Stille.
Der Erste Fürst sagte in seinem angenehm sanften Ton: »Danke, Gräfin. Fürst Cereus, in welchem Zustand befinden sich deine Verteidigungsanlagen?«
Cereus verzog das Gesicht. »Auf ein solches Ereignis sind wir nicht vorbereitet, Herr«, antwortete er offen. »Da die Zweite Legion vernichtet ist, bleibt mir nur die Erste Legion und die Civis-Legion, um die Mauern zu bemannen - und das wird knapp. Gegen drei vollzählige Legionen mitsamt Rittern werden wir uns nicht lange halten können. Falls Kalarus persönlich mit ihnen kämpft …«
»Ich erinnere mich an einen jungen Soldaten«, unterbrach Gaius ihn, »der mir einst sagte, je verzweifelter und hoffnungsloser eine Schlacht aussehe, desto mehr dränge es ihn in den Kampf. Dass er für solche Herausforderungen lebe.«
»Der junge Soldat ist erwachsen geworden, Gaius«, erwiderte Cereus müde, ohne aufzusehen. »Er hat geheiratet. Kinder bekommen und Enkel. Er ist ein alter Mann geworden.«
Gaius sah Cereus eine Zeitlang an und nickte schließlich. »Die Erste Imperiale muss den nördlichen Pass durch die Schwarzberge halten. Die Zweite Imperiale sichert die Hauptstadt. Ich schicke dir die Dritte Imperiale zu Hilfe, aber sie kann dich nicht vor Kalare erreichen. Die Kronlegion steht gegenwärtig südlich
der Hauptstadt, und ich habe schon eine Stunde nach dem ersten Angriff den Befehl erteilt, dass sie zu deiner Unterstützung kommt. Sie ist die ganze Nacht durchmarschiert, und Ritter Miles sollte in den nächsten Stunden mit seinen Männern bei dir eintreffen.«
Cereus atmete auf, offensichtlich erleichtert. »Gut, gut. Ich danke dir, alter Freund.«
Gaius nickte, und seine ernste Miene wurde für einen Augenblick milder. Dann sagte er: »Allerdings ist Kalare dir weiterhin überlegen, doch letztlich brauchst du nur die Stellung zu halten. Ich habe bereits bei den Hohen Fürsten Placidus und Atticus angefragt, ob sie Entsatz schicken können, der sich mit der Dritten Imperialen vereinen sollte. Aquitania, Rhodos und Parcia werden sich zusammenschließen, um die Brücken über den Gallus zurückzuerobern.«
»Sobald das geschehen ist, können sich Kalarus’ Legionen nicht mehr zurückziehen und auch keine Verstärkung mehr bekommen«, meinte Cereus nachdenklich.
Das Bildnis von Gaius nickte. »Du brauchst nur durchzuhalten, Macius. Riskiere nicht das Leben deines Volkes durch irgendwelche Heldentaten.«
»HERVORRAGENDER RAT«, brüllte eine Stimme, die aus dem Wasser des Teiches zu kommen schien. Sie hallte unangenehm scharf von den Mauern des kleinen Gartens wider.
Erneut rührte es sich im Wasser, und auf der anderen Seite stieg eine weitere Gestalt auf - und wurde zu Kalarus Brencis, dem Hohen Fürsten von Kalare. Er war kein sonderlich imposanter Mann - groß, aber dürr, und seine Augen lagen tief in den Höhlen, was seinem Gesicht etwas Ausgezehrtes verlieh. Das Haar war glatt, schlaff und dünn. Die Gestalt bildete sich aus dem Wasser des Brunnens, war jedoch um die Hälfte größer als die anderen, und sie zeigte eindeutig mehr Muskeln, als Kalarus in Wirklichkeit besaß. »Meine Herren. Meine Damen. Ich denke doch, inzwischen dürfte allen klar geworden sein, wie die
Lage aussieht … nun ja, nicht allen. Sagen wir lieber: Allen, die überlebt haben.« Er grinste wie ein Fuchs und zeigte die Zähne. »Bislang überlebt haben!«
Amara warf einen Blick auf das Bildnis von Gaius. Der Erste Fürst sah von ihr zu Cereus. Der alte Hohe Fürst saß schweigend da und regte sich nicht.
»Brencis«, sagte der Erste Fürst ruhig, »darf ich das so verstehen, dass du hier vor allen Anwesenden gestehst, für diese Morde verantwortlich zu sein? Und dass du deine Legion wider das Gesetz gegen andere Hohe Fürsten eingesetzt hast?«
Das Bildnis von Kalarus wandte sich zum Ersten Fürsten um. »Darauf habe ich mich gefreut, seit ich ein kleiner Junge war, Gaius.« Er schloss die Augen und seufzte vergnügt. »Halt den krähenverfluchten Mund, alter Mann.«
Kalarus ballte die Hand zur Faust, und das Wasserbild von Gaius explodierte und zerfiel in Tröpfchen, die auf den Teich klatschten.
Allen im Garten stockte der Atem angesichts dieser Machtdarbietung, auch Amara. Er hatte die Verbindung des Ersten Fürsten einfach unterbrochen,
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