Die Verschwörer von Kalare
ausgerenkt wurden. Einen Tag noch in dieser Haltung, und sie würde zusammenbrechen.
Rooks Kinn lag auf der Brust, das Haar hing ihr ins Gesicht. Sie atmete hastig und ruckartig und gab dabei leise, schmerzerfüllte Laute von sich.
Diese Frau stellte für niemanden mehr eine Bedrohung dar. Sie war zum Tode verurteilt, und sie wusste es. Ihr Elend erregte Amaras Mitleid, doch schob sie dieses Gefühl beiseite. Rook hatte nicht nur gemordet, sondern Schlimmeres angerichtet. Sie war eine Hochverräterin, an deren Händen viel Blut klebte.
Und wenn schon. Beim Anblick der Frau wurde Amara übel.
Sie trat über den Ring der schwimmenden Kerzen und ging zu der Gefangenen. »Rook, sieh mich an.«
Rooks Kopf zuckte. Amara sah, wie sich der trübe Kerzenschein in dem einen Auge spiegelte.
»Ich möchte dir diese Lage nicht noch unangenehmer machen, als sie schon ist«, sagte Amara leise. »Ich muss alles erfahren, was du weißt. Wenn du es mir erzählst, werden wir uns um dein Bein kümmern. Und du bekommst ein Bett.«
Rook starrte sie an und sagte nichts.
»Es wird nichts an dem ändern, was dann kommt. Aber du hast keinen Grund, es dir bis zu deiner Gerichtsverhandlung schwerer zu machen als notwendig. Du brauchst ja nicht unbedingt mit Fieber und Schmerzen zu sterben, während du auf das Urteil wartest.«
Die Gefangene schauderte und krächzte: »Töte mich. Oder lass mich in Ruhe.«
Amara verschränkte die Arme. »Dank deines Herrn mussten bereits mehrere tausend Legionares ihr Leben lassen. Und in den bevorstehenden Schlachten werden weitere Tausende fallen. Frauen, Kinder, Alte und Gebrechliche werden ebenfalls leiden und sterben. Wie das eben so ist im Krieg.«
Rook erwiderte nichts.
»Du hast versucht, Isana von Calderon zu ermorden. Eine Frau, die ebenso mutig wie gütig ist, die Unbestechlichkeit in Person. Eine Frau, die ich als meine Freundin betrachte. Graf
Calderon ist ihr Bruder. Und du bist mit ihrem Neffen bekannt, glaube ich. Du weißt doch, was sie für das Reich geopfert hat.«
Rook atmete keuchend und in kurzen Zügen, sagte jedoch nichts.
»Für deine Taten wirst du mit dem Tod bestraft«, sagte Amara. »Ich habe eigentlich nie an Gespenster geglaubt, die ihrer Verbrechen wegen nach ihrem Tod spuken müssen. Aber solche Untaten wie deine möchte ich nicht auf dem Gewissen haben.«
Keine Reaktion. Amara runzelte die Stirn. »Rook, wenn du uns hilfst, können wir diesen Krieg vielleicht beenden, ehe er uns alle vernichtet. Es würde Tausenden von Menschen das Leben retten. Das müsste dir doch auch klar sein.«
Da die Spionin nichts erwiderte, beugte sich Amara vor und suchte Augenkontakt. »Wenn du mit uns zusammenarbeitest, könnte der Erste Fürst dein Todesurteil vielleicht aufheben. Du würdest sicherlich kein schönes Leben führen, aber du würdest wenigstens nicht sterben müssen.«
Rook holte rasselnd Atem und hob den Kopf gerade hoch genug, um Amara anzustarren. Tränen traten ihr in die Augen und rannen über die Wangen. »Ich kann dir nicht helfen, Gräfin.«
»Du kannst«, entgegnete Amara. »Und du musst.«
Rook knirschte vor Schmerzen mit den Zähnen. »Verstehst du nicht? Ich kann nicht .«
»Du wirst«, sagte Amara.
Die Gefangene schüttelte den Kopf, eine Geste erschöpfter Verzweiflung, und schloss die Augen.
»Bislang habe ich noch nie jemanden gefoltert«, sagte Amara leise. »Ich weiß allerdings, wie man es macht. Und viel lieber würde ich diese Angelegenheit friedlich klären. Das jedoch hängt von dir ab. Ich kann jetzt gehen und einen Heiler rufen. Oder ich hole ein Messer.«
Rook schwieg. Schließlich holte sie tief Luft, leckte sich über die Lippen und sagte: »Wenn du das Messer heiß machst, kannst du tödliche Fehler vermeiden, weil durch die Hitze die Wunde
sofort verschlossen wird. Auf die Weise kannst du viel mehr Schmerzen verursachen, ohne tatsächlichen Schaden anzurichten. Vorausgesetzt, ich verliere nicht das Bewusstsein.«
Amara starrte Rook schweigend an.
»Hol dein Messer, Gräfin«, zischte Rook. »Je eher wir beginnen, desto schneller ist es vorüber.«
Amara biss sich auf die Unterlippe und sah Bernard an. Der blickte Rook besorgt an und schüttelte den Kopf.
»Gräfin«, sagte die Fürstin Aquitania, die in der Tür stand und nur als Silhouette zu erkennen war. »Kann ich dich kurz sprechen?«
Rook schaute beim Klang ihrer Stimme auf und spannte sich an.
Amara runzelte die Stirn, nickte der Fürstin jedoch zu und ging zu
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