Die Verschwörer von Kalare
ihr.
»Danke«, sagte die Fürstin leise. »Gräfin, du bist eine Kursorin der Krone. Das ist dein Beruf, und du bist mit vielen Dingen vertraut, die auch unsere Gefangene kennt. Allerdings kennst du sicherlich Kalarus Brencis nicht sehr gut und wirst kaum wissen, wie er seine Ländereien führt und seine Vasallen und Lehnsleute ausbeutet.«
»Falls es etwas gibt, das ich deiner Meinung nach wissen sollte, wäre es hilfreich für uns alle, wenn du es mir sagst.«
Der Fürstin gelang es, gleichzeitig kalt und beherrscht auszusehen. »Sie hat dich gebeten, sie zu töten, als sie dich gesehen hat?«
Amara runzelte die Stirn. »Ja. Woher wusstest du das?«
»Habe ich nicht«, meinte die Fürstin. »Aber das erscheint mir sehr wahrscheinlich angesichts der Tatsachen, die ich kenne.«
Die Gräfin sah sie unbewegt an. »Ich höre.«
»Erstens«, sagte die Fürstin von Aquitania, »müssen wir davon ausgehen, dass Kalarus ihr nur so weit vertraut, wie er sie kontrollieren kann.«
»Das musste er wohl.«
»Warum?«
»Weil sie die meiste Zeit unabhängig von ihm tätig war«, sagte Amara. »Aufgrund der Rolle, die sie in der Hauptstadt gespielt hat, war sie monatelang von Kalarus getrennt. Sie hätte ihn verraten können, und er hätte es erst sehr viel später erfahren.«
»Genau«, sagte die Fürstin. »Und was würde ihn unter solchen Umständen ihrer Treue versichern, trotz aller Gelegenheiten, die sich ihr boten, hm?«
»Ich …, setzte Amara an.
»Was bringt sie dazu, eine mögliche Begnadigung auszuschlagen? Dich zu bewegen, sie einfach sofort zu töten, gleich zu Anfang?«
Amara schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Aber du wohl schon, oder?«
Die Fürstin von Aquitania lächelte Amara kühl an. »Einen Hinweis gebe ich dir noch. Nehmen wir einmal an, sie glaubt, dass sie beobachtet wird, auf die eine oder die andere Weise. Dass Kalarus also erfahren wird, wenn sie sich gegen ihn wendet, und dass er sich unabhängig davon, wie weit sie entfernt ist, an ihr rächen kann.«
Amara wurde flau im Magen, als sie begriff, was die Fürstin meinte. »Er hat eine Geisel. Jemanden, der ihr nahesteht. Falls sie ihn verrät, wird er die Geisel töten.«
Die Fürstin neigte den Kopf. »Sieh dir unsere Attentäterin einmal an. Eine junge Frau. Nicht verheiratet, da bin ich sicher, und sie hat auch keine Familie, die sie unterstützt oder beschützt. Die Geisel muss jemand sein, für den sie bereit ist, ihr eigenes Leben zu geben - und für den sie sogar Folter und Schmerzen auf sich nimmt. Meine Vermutung wäre …«
»Er hat ihr Kind in der Hand«, sagte Amara trocken und kalt.
»Du wirkst so empört«, meinte die Fürstin und zog eine Augenbraue hoch.
»Sollte ich vielleicht nicht empört sein?«, fragte Amara zurück.
»Dein eigener Herr verhält sich doch nur wenig anders,
Amara«, meinte die Fürstin. »Frag den Hohen Fürsten Atticus. Frag Isana nach seiner Entscheidung, ihren Neffen an die Akademie zu holen. Und glaubst du, ihm ist deine Beziehung zum Grafen Bernard noch nicht aufgefallen? Solltest du dich gegen ihn wenden, Amara, würde er das nicht gegen dich einsetzen? Er stellt es einfach nur ein wenig geschmackvoller und eleganter an und reibt es dir nicht andauernd unter die Nase.«
Amara blickte die Fürstin an. Dann sagte sie leise: »Da irrst du dich gewaltig.«
Die Hohe Fürstin verzog den Mund zu einem kühlen Lächeln. »Du bist noch sehr jung. Es ist beinahe so, als lebten wir in zwei verschiedenen Reichen.«
»Ich bin dankbar für deine Einsichten in Kalarus’ Charakter - oder eher seinen mangelnden Charakter. Aber welchen Vorteil bringt uns das?«
»Der Hebel, den Kalarus ansetzt, wird auch uns helfen«, meinte die Fürstin.
Vor Abscheu wurde Amara übel. »Auf keinen Fall«, entgegnete sie.
Die Fürstin schob sich näher an Amara heran. »Gräfin, deine Empfindlichkeiten nützen dem Reich herzlich wenig. Wenn diese Frau uns nichts verrät, wird dein Fürst nicht die Unterstützung bekommen, die er braucht, um seine Hauptstadt zu verteidigen, und ob er es nun überlebt oder nicht, seine Regierungszeit ist dann jedenfalls vorüber. Tausende werden auf dem Schlachtfeld sterben. Die Lebensmittellieferungen werden sich verspäten oder ganz vernichtet werden. Hungersnöte und Krankheiten werden die Folge sein. Zehntausende Opfer werden folgen, ohne dass eine Waffe angerührt wurde.«
»Ich weiß«, fauchte Amara.
»Wenn du das tatsächlich verhindern und dieses Reich davor
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