Die Verschwörer von Kalare
betrat, berührte die Fürstin sie am Arm, verwandelte ihr Gesicht wieder in ihr eigenes. Ihre Miene zeigte Missfallen. »Was machst du da?«
Amara blieb abrupt stehen, empfand plötzlich erstaunliche Zuversicht und Entschlossenheit und starrte die Hohe Fürstin an.
Die zog erschrocken die Augenbrauen hoch. »Was hast du vor, Mädchen?«
»Ich beweise dir den Unterschied, Hoheit«, sagte sie. »Zwischen dem Reich, in dem ich lebe, und dem deinen.«
Dann ging sie zu Rook und entfernte ihr die Handschellen. Bernard fing die Spionin auf, bevor sie auf den Boden fallen konnte. Amara drehte sich um und rief den Legionare herbei, der eine Heilerwanne holen und sie mit Wasser füllen sollte.
Rook lehnte sich schwach bei Bernard an, denn sie konnte sich allein nicht auf den Beinen halten. Die Spionin starrte Amara verwundert an. »Ich verstehe nicht«, sagte sie. »Warum?«
»Weil du uns begleiten wirst«, erklärte sie ruhig. Ihre Stimme klang in ihren Ohren wie die einer Fremden, so selbstsicher und machtvoll. »Wir reisen nach Kalare. Dort werden wir sie finden. Wir finden die Fürstin Placidus und die Tochter von Atticus und auch deine Mascha. Und wir werden sie aus der Gewalt dieser mörderischen Schleiche befreien.«
Bernard warf ihr einen Blick zu. Seine braunen Augen glänzten
plötzlich hell und irgendwie wölfisch und strahlten stillen Stolz aus.
Rook starrte sie nur an, als wäre sie vom Wahnsinn befallen. »N … nein … Warum solltest du … Ist das eine List?«
Amara ergriff Rooks Hand und sah ihr in die Augen. »Ich schwöre dir, Rook, bei meiner Ehre, dass ich, wenn du uns hilfst, alles in meiner Macht Stehende tun werde, um deine Tochter vor ihm zu retten. Ich schwöre dir, dass ich mein Leben einsetzen würde, um ihres zu schützen.«
Rook sah sie erschrocken an.
Ohne den Blick von den Augen der Gefangenen abzuwenden, drückte Amara der Spionin ihren Dolch in die Hand und hob diese, bis die Klinge an der Kehle der Kursorin lag. Anschließend ließ sie los.
Bernard stockte der Atem, und sie spürte, wie er sich anspannte. Doch er beruhigte sich im nächsten Moment wieder. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie er nickte. Er vertraute ihr.
»Ich habe dir mein Wort gegeben«, sagte sie zu Rook. »Wenn du mir nicht glaubst, kannst du mir jetzt das Leben nehmen. Wenn du deinem Herrn weiterhin dienen willst, kannst du mich töten. Oder begleite mich und rette deine Tochter aus seiner Gewalt.«
»Warum?«, wollte Rook wissen. »Warum tust du das?«
»Weil es das Richtige ist.«
Das darauf folgende Schweigen schien sich ewig auszudehnen. Amara sah Rook ruhig und unentwegt an. Schließlich landete Amaras Dolch klirrend auf dem Stein. Rook schluchzte laut und sank gegen Amara, die sie auffing und stützte.
»Ja«, flüsterte Rook. »Ich werde dir alles verraten. Aber du musst es tun. Du musst sie retten.«
Amara nickte und hob den Blick zu Bernard. Er legte ihr kurz die Hand auf den Kopf, und seine Finger fühlten sich auf ihrem Haar warm und sanft an. Er lächelte, und sie spürte, wie sich ihr Gesicht ebenfalls zu einem Lächeln verzog.
»Hoheit«, sagte Amara kurz darauf und sah die Fürstin an. »Wir müssen sofort aufbrechen. Die Wache sollte bald die Heilwanne bringen. Könntest du dich bitte um Rooks Wunden kümmern?«
Die Fürstin von Aquitania starrte die drei an, ihr Kopf neigte sich von einer Seite zur anderen, und sie runzelte die Stirn, als schaue sie einem Theaterstück zu, das von Wahnsinnigen aufgeführt wurde. »Aber natürlich, Gräfin«, sagte sie schließlich wie aus weiter Ferne. »Mit Freuden will ich meinen Dienst am Reich verrichten.«
17
Tavi teilte sich das Zelt mit mehreren anderen jungen Offizieren. Mitten in der Nacht störten ungewohnte Geräusche seinen Schlaf, und kurz darauf rüttelte Max ihn grob wach. »Komm«, befahl Max leise knurrend, »beweg dich.«
Tavi erhob sich, zog die Tunika über, schnappte sich seine Stiefel und folgte Max hinaus in die Nacht. »Wohin gehen wir?«, flüsterte er.
»Zum Zelt des Hauptmanns. Magnus hat mich losgeschickt, um dich zu holen«, erklärte Max. »Irgendetwas ist im Gange.« Er deutete mit dem Kopf auf eine andere Reihe von Zelten, an denen sie vorbeikamen, und Tavi bemerkte Gestalten, die sich leise durch die Nacht bewegten. Schemenhaft erkannte er das Profil eines Tribuns Tactica, und einige Augenblicke später gesellte sich Valiar Marcus, der Erste Speer mit dem hässlichen Gesicht, aus der Nacht zu ihnen.
»Marcus«,
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