Die Verschwörer von Kalare
hervor und warf das Ledersäckchen Demos zu.
Der Kapitän öffnete das Säckchen und ließ einen Teil des Inhalts in seine Hand fallen. Es handelte sich um Münzen aller Art, überwiegend Kupferböcke und Silberbullen, unter denen sich gelegentlich auch eine Goldkrone fand. Demos nickte und machte sich wieder zum Schiff auf. Ehren folgte ihm und ging links neben ihm, im Abstand von einem Schritt, damit er genug Zeit und Raum hatte zu reagieren, falls der Pirat das Schwert zöge.
Demos schien das zu belustigen. »Wenn ich dich loswerden wollte, Schreiberling, bräuchte ich dich nicht zu töten. Ich könnte dich einfach hierlassen.«
»Nennen wir es berufliche Ehrerbietung«, meinte Ehren. »Du bist weder Schmuggler noch Pirat.«
»Heute schon«, erwiderte Demos.
Bewaffnete Männer der Schiffsbesatzung rannten an ihnen vorbei. Hinter ihnen hörte Ehren die Schreie der Frauen und Kinder, die sie einfingen und anketteten.
»Und ein Sklavenjäger«, sagte Ehren und bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Warum?«
»Weil dieses letzte Unternehmen leider ein wenig zufriedenstellendes Ende genommen hat. Ich verkaufe sie, wenn wir das Festland erreichen, und bestreite so einen Teil meiner Kosten«, erklärte Demos. Er blickte nach Westen hinaus, während sie zum Kai eilten, und ließ den schwarzen Sturm dort nicht aus den Augen.
Nun schwieg Demos, bis sie an Bord der Schleiche gegangen waren. Dort erteilte er unverzüglich Befehle, und Ehren suchte sich einen Platz, an dem er nicht im Weg stand. Die Sklavenjäger brachten vielleicht zwanzig gefesselte Gefangene zum Schiff, während andere Seeleute sich ein kurzes, hässliches Gefecht mit
den Einwohnern von West-Mistos lieferten, die damit nicht einverstanden waren. Ein Pirat kam dabei ums Leben, und die Dörfler, die zurückgedrängt wurden, hatten ein halbes Dutzend Tote zu beklagen. Die Frauen und Kinder gingen nur einen Schritt vor Ehrens Nase vorbei, als die Sklavenjäger sie in den Frachtraum trieben, und ihm wurde übel, als er ihre Angst sah, ihr Schluchzen und ihren Protest hörte.
Vielleicht fand er eine Möglichkeit, ihnen zu helfen, sobald sie Alera erreichten. Er verschränkte die Arme, schloss die Augen und versuchte nicht mehr daran zu denken, während Demos und seine Mannschaft die Segel setzten und gegen den starken Wind aus dem Hafen kreuzten, unterstützt von Ruderern, die die Geschwindigkeit des Schiffes zusätzlich erhöhten. Unterdessen zog die Dunkelheit des Sturmes näher heran, bis die Wolken einem Gebirge gleich am Horizont aufragten. Es war wirklich unheimlich, denn jeder Seemann an Bord arbeitete aus Leibeskräften, damit sich das Schiff genau auf diese bedrohliche Düsternis zubewegte, bis sie die Hafenausfahrt hinter sich gelassen hatten und die Insel umrunden konnten.
Gerade hatten sie das offene Meer erreicht, als Ehren das erblickte, vor dem ihn sein Instinkt gewarnt hatte.
Schiffe.
Hunderte von Schiffen.
Hunderte von riesigen Schiffen, breit und niedrig, die in Formation dahinsegelten und deren riesige schwarze Segel sich in den Winden blähten, die ihnen in den Rücken wehten. Diese schwarzen Segel reichten von einem Ende des Horizonts bis zum anderen.
»Die Canim«, flüsterte Ehren.
Die Canim waren auf dem Weg nach Alera, und zwar in größerer Zahl als je zuvor in der Geschichte.
Ehren bekam weiche Knie, und er stützte sich an der Reling ab und betrachtete die Armada, die auf sie zuhielt. Aus der Ferne hörte er die Sturmglocke, die in West-Mistos voller Panik geläutet
wurde. Er drehte sich um und sah, wie die betrunkene und verwirrte Mannschaft des anderen Schiffes in den Hafen rannte. Doch bei der Geschwindigkeit, mit der sich die Canim bewegten, hatten sie keine Chance, dem Hafen zu entfliehen, ehe die schwarzen Segel sie erreicht hatten.
Die Schleiche umrundete die Nordspitze der Insel West-Mistos, und ihre Mannschaft setzte die Segel jetzt so, dass das Schiff vor dem Wind fahren konnte. Kurz darauf knatterten die grauen Segel des aleranischen Schiffes und blähten sich in den Vorboten des düsteren Sturms. Die Schleiche schoss hinaus auf den offenen Ozean.
Ehren ging langsam nach achtern und starrte vom Heck aus übers Meer. Einige Schiffe lösten sich von der Canim-Flotte und nahmen Kurs auf West-Mistos, wie Wölfe, die über einen Schafspferch herfallen.
Er sah auf. Demos stand neben ihm.
»Die Frauen und Kinder«, sagte Ehren leise.
»So viele wir mitnehmen konnten«, erwiderte Demos.
Rauch stieg von West-Mistos
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